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Er stand auf.

„Ich arbeite nach einem Zeitplan, Doggy. Weißt du, Zaubersprüche wirken am besten in der Neumondnacht.“ Sein Gesichtsausdruck besagte, dass er sich eine Wirkung von dieser Äußerung erhoffte.

„Abgefahren, Mann“, antwortete Moondoggy nickend. Er hatte dem Mondzyklus nie viel Beachtung geschenkt, also hatte er keine Ahnung, wann vielleicht Neumond war. Er grub mit der Hand in der Hosentasche und zog den Papierfetzen heraus, den der alte Mann ihm gegeben hatte. „Hier, Mann. Hast du auch meine Kohle?“

Albert nahm das zerknitterte Papier aus Moondoggys Hand und betrachtete es aufmerksam.

„Alles zu seiner Zeit, ’Doggy. Ich muss sichergehen, dass das hier die richtige Ware ist.“

Moondoggy nickte.

„Das verstehe ich, Mann.“ Er hatte schon oft Gras gekauft, ohne zu prüfen, ob es gut war, und meistens zu seinem Bedauern. Ist immer gut, zuerst die Ware zu inspizieren.

Albert zog einen viel glatteren Papierstreifen aus seiner Nehrujacke. Er entfaltete ihn und hielt ihn neben das Papier, das Moondoggy ihm gegeben hatte.

Dann fing er an, breit zu grinsen.

Da stimmte etwas mit dem Grinsen nicht.

„Ausgezeichnet.“

„Kann ich jetzt meine Kohle kriegen?“, fragte Moondoggy. Er wollte es endlich hinter sich haben.

Aber Albert hatte scheinbar vollkommen vergessen, dass er da war. Jetzt schien er etwas zu singen, und obwohl Moondoggy die Worte nicht verstand, hatte er das Gefühl, dass es sich um die unheimlichen Worte handelte, die er auf dem Papierstück gesehen hatte.

Obwohl er sich für gewöhnlich damit brüstete, wie locker er drauf war, wurde er jetzt langsam sauer. Er wurde nicht gern ignoriert und hatte zudem wichtige Sachen zu tun.

„Hey Mann, du kannst diesen Zauberspruch doch später bei dir aufsagen. Ich muss mir hier noch Gras besorgen, bevor ich mich mit meiner alten Lady treffe und …“

Dann ging der Couchtisch in Flammen auf.

„Oh, Mann!“, schrie Moondoggy. Freddy würde den Becher vielleicht nicht vermissen und Katzen rannten immerzu weg, darüber würde er sich nicht aufregen, aber der Couchtisch? Das würde er bemerken! Er griff sich eine Decke und versuchte, die Flammen zu ersticken.

Dann erstarrte er.

Der Couchtisch war bereits zu einem Häufchen Asche verbrannt, aber jetzt konnte Moondoggy eine Gestalt im Feuer erkennen. Das Flackern der Flammen warf merkwürdige Schatten.

Albert hatte ein breites Grinsen auf dem Gesicht.

„Ja! Es hat geklappt! Endlich! Es ist sogar besser, als ich dachte!“ Dann sah er Moondoggy bedauernd an. „Ich muss mich entschuldigen, ’Doggy. Weißt du, ich habe dich in die Irre geführt, als ich dir versprochen habe, ich würde dir eine gute Summe zahlen, wenn du den Rest des Zauberspruchs beschaffst.“

Moondoggy konnte seine Augen nicht von der Gestalt im Feuer abwenden. Der Mann sandte Wellen von Bösartigkeit aus und er hielt etwas, das er nicht genau erkennen konnte. Die Flammen züngelten höher bis zur Decke.

Als er Alberts Worte verdaut hatte, wandte sich Moondoggy schaudernd zu seinem Besucher um.

„Was meinst du, Mann?“, sagte er anklagend. „Du willst mich nicht fertigmachen, oder?“

„Ich meine“, sagte Albert langsam, „dass ich, wenn ich genug Geld hätte, um dich zu bezahlen, nicht den Zauberspruch benötigen würde, der das Herz des Drachen bindet.“

„Das was von wem?“ Moondoggy war immer noch gefangen von dem Feuer, das brannte, sich aber nicht bewegte und im Apartment ausbreitete. Und von dem Mann darin. Das war das Heftigste, was er je erlebt hatte.

Dann erhob der Mann die Arme und Moondoggy erkannte ein gebogenes, brennendes Schwert. Der Mann schwenkte das Schwert mehrmals hin und her und ließ es drohend durch die Luft fahren, während das Feuer funkelte und tanzte.

Albert sprach wieder.

„Und es tut mir leid, dass es keine Zeugen für das geben darf, was ich gerade getan habe.“

Vier

Samuel Campbell hasste Weihnachten.

Er hatte nichts gegen den Feiertag an sich. Das wagte er gar nicht, ehrlich. Jedes Mal, wenn er es erwähnte, schenkte ihm Deanna einen ihrer Blicke und hielt ihm anschließend einen Vortrag über die Wintersonnenwende. Viele Kulturen feiern den Tod und die Wiedergeburt der Sonne, weil sie Leben spendet, und so weiter und so weiter.

Samuel verstand das, wirklich. Er verstand, warum die Christen die Geburt von Jesus Christus zu dieser Zeit im Jahr feierten. Das frühe Christentum war gut darin gewesen, heidnische und jüdische Rituale zu verknüpfen, einzig um den Übertritt schmackhaft zu machen. Er hatte es immer schon als Ironie empfunden, dass die frühe Kirche das sehr viel besser konnte als die moderne.

Es störte Samuel auch nicht, wie kommerziell der Feiertag geworden war, mit Bildern vom Weihnachtsmann auf Cola-Dosen und den Kaufhäusern, die ihr Bestes taten, um den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Er war auch nicht sonderlich verärgert darüber, dass der Feiertagsauftrieb jedes Jahr früher und früher zu beginnen schien. Der Kalender wechselte gerade auf Dezember und schon kündigten Fernsehwerbungen Feiertagsrabatte an.

Sogar das ganze „Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“-Zeugs war von den Hippies vereinnahmt worden, was für Samuel einen bitteren Beigeschmack hatte. Immerhin, der Gedanke war gut, wenn vielleicht auch naiv.

Nein, was er an Weihnachten hasste, war das Timing. Die Monster liebten Sonnenwenden geradezu, besonders die im Winter. Sie liebten nichts mehr, als bei Nacht herauszukommen, und jetzt näherte sich schnell die längste Nacht des Jahres.

Keiner liebte die Nacht mehr als Vampire. Im Moment kauerte Samuel sich unter die Büsche in einem Vorgarten am Ende einer Sackgasse in Big Springs, in der Nähe einer Autobahnausfahrt. Hier war es kälter als am Hintern eines Yetis, aber die Informationen von Vater Callapso besagten, dass der Vampir hier lebte.

Er hatte diesen speziellen Blutsauger jetzt schon seit ein paar Tagen verfolgt. Die meisten seiner Opfer waren Mädchen, hauptsächlich Teenager, die zu dumm waren, um Nein zu sagen, wenn ein Mann sie nach Hause bringen wollte. Samuels Erfahrung nach waren die meisten Teenager-Mädchen tatsächlich so dumm. Er dankte Gott, dass seine fünfzehnjährige Tochter Mary wohl nicht in dieses Schema passte.

Eigensinnig, nervtötend, respektlos, ja – Mary verkörperte all diese Dinge. Samuel hatte auf ein gehorsames kleines Mädchen gehofft, aber sie hatte schon früh gesehen, wie schlecht die Welt war. Er hatte sein Kind quasi von Geburt an dazu erzogen, wie es sich verteidigen, eine Waffe abfeuern, ein Messer benutzen konnte. Mary wusste, dass nicht nur das Monster in ihrem Schrank real war, sondern dass man es erschießen konnte und sollte. Auf Gehorsam zu hoffen, war reine Zeitverschwendung.

Das Röhren eines Motors ertönte in der Entfernung und kam schnell näher. Samuel entdeckte das Fahrzeug, von dem das Geräusch ausging, schnelclass="underline" Es war ein aufgemotztes Angeberauto mit Heckflossen von der Sorte, mit dem Jungen Mädchen beeindrucken wollten. Er wusste nicht viel über Autos, nur dass sie losfuhren, wenn er aufs Gaspedal trat und anhielten, wenn er bremste.

Wahrscheinlich wusste Mary alles bis auf den letzten Buchstaben auswendig, weil sie jede freie Minute in einer Autowerkstatt verbrachte. So ein Junge, der dort nach der Schule arbeitete, bemühte sich um sie, und Samuel hatte sich vorgenommen, ihn unter die Lupe zu nehmen. Er hatte nur noch nicht die Zeit gefunden.

Sein einziger Trost war, dass Marys außerschulische Aktivitäten sie wahrscheinlich davon abhalten würden, etwas anderes zu tun, als nur zu reden. Das Leben eines Jägers war nicht gerade auf große Romanzen ausgelegt.

Er hatte einmal versucht, es ihr zu erklären.