Выбрать главу

»Cavin ist in Sicherheit«, behauptete Faroan gegen seine Überzeugung. »Gwenderon ist der beste Mann, den es für diese Aufgabe gibt.« Er stand auf. »Trotzdem werde ich sehen, was ich tun kann.«

»Nur sehen?«, fragte Oro leise.

Faroan atmete scharf ein. »Das Herz des Schwarzeichenwaldes ist ein Ort großer Magie, mein König«, sagte er steif. »Mein Zauber wirkt dort nicht; so wenig wie der Lassars oder irgendeines anderen Magiers.«

Er deutete auf die geschliffene Kristallkugel, die auf einem kleinen Podest neben der Tür stand. »Vielleicht gelingt es mir, einen Blick auf ihn und seine Begleiter zu erhaschen. Doch ich brauche Ruhe, um den Zauber vorzubereiten.«

Oro verstand den Wink und erhob sich. »Tu das, mein Freund«, sagte er. »Ich … werde später noch einmal kommen.«

»Du solltest ein wenig schlafen«, sagte Faroan. In seiner Stimme schwang Sorge. »Die letzten Tage waren anstrengend und du …«

»Bist ein alter Mann, der Ruhe braucht?«, unterbrach ihn Oro mit einem sonderbaren, fast wehmütigen Lächeln. »War es das, was du sagen wolltest, mein Freund?« Er ging zur Tür und schob den Riegel zur Seite, blieb aber noch einmal stehen und sah zu Faroan zurück.

»Ich habe das Gefühl, bald sehr lange schlafen zu können, Freund«, sagte er mit großem Ernst. »Sieh nach meinem Sohn, Faroan, das ist alles, worum ich dich bitte.«

Faroan antwortete nicht darauf, sondern blieb reglos stehen, bis der König seine Kammer verlassen und die Tür hinter sich zugezogen hatte.

10

Der Angriff erfolgte so warnungslos, dass selbst Gwenderons schon beinahe übermenschlich schnelle Reaktion um ein Haar zu spät gekommen wäre. Sie waren zehn Minuten geritten, als der Mann an der Spitze der kleinen Kolonne aufschrie und wie vom Blitz getroffen von seinem Pferd stürzte. Gwenderon beckmerkte eine Bewegung schräg über sich, schrie dem Prinzen eine Warnung zu und riss instinktiv seinen Schild in die Höhe.

Ein harter Schlag traf seinen Arm; ein faustgroßer, pelziger Ball prallte gegen den Schild, versuchte sich mit unzähligen dürren Beinen festzuklammern und glitt haltlos ab. Cavins Pferd kreischte, zuerst vor Schrecken, dann vor Schmerz, als sich eine zweite Spinne an seinem Hals festklammerte und rasend vor Wut zubiss. Das Tier bäumte sich auf, warf seinen Reiter ab und trat in blinder Panik um sich.

Die geordnete Formation, in der sie bisher geritten waren, löckste sich von einer Sekunde auf die andere in ein heilloses Durcheinander auf. Männer und Tiere schrien vor Schmerz und Furcht, als die Tauspinnen wie schwarzer, klumpiger Hagel auf sie herabregneten.

Es waren hunderte, wenn nicht gar tausende der faustgroßen Tiere, die blindwütig alles angriffen, was sich bewegte. Gwenderon sah, wie einer der Edelmänner aus Cavins Begleitung gleich von fünf oder sechs der ekelhaften Tiere angegriffen und gebissen wurde. Der Mann schrie, fiel vom Pferd und schlug wie rasend um sich; seine Fäuste zermalmten zwei, drei Spinnen, aber die anderen griffen nur umso verbissener an.

Gwenderon bäumte sich auf, als er den schmerzhaften Biss nadelspitzer Fänge spürte, die sich tief in seine Haut bohrten. Er schleuderte die Spinne davon, versuchte einen Moment lang sein tobendes Pferd zu beruhigen, dann gab er den Kampf auf, sprang aus dem Sattel und eilte mit zwei, drei hastigen Schritten dorthin zurück, wo der Prinz gestürzt war. Cavin bewegte sich nicht.

Rings um sie herum tobte das Chaos. Der schmale Waldweg war eine Hölle aus Schreien, durchgehenden Pferden, Männern, die halb wahnsinnig vor Schmerz um sich schlugen, kleicknen, huschenden Schatten. Einer der Krieger zog sein Schwert und schlug wie wild auf die kribbelnde schwarze Masse ein, die seinen Brustpanzer bedeckte und in sein Helmvisier zu kriechen versuchte. Es kam Gwenderon fast wie ein Wunder vor, dass Cavin bisher noch nicht von einem durchgehenden Pferd zu Tode getrampelt worden war.

Hastig kniete er neben dem Prinzen nieder, wischte angeekelt eines der schwarzen Spinnentiere fort, das seine Schulter hinckaufkriechen wollte, und erschlug gleich darauf drei andere mit seinem Schild. Cavin stöhnte. Der Sturz hatte ihm das Beckwusstsein geraubt, aber er kam bereits wieder zu sich. Seine Augenlider flatterten und seine Hände fuhren mit kleinen, unsicheren Bewegungen über den Boden, als er sich hochzuckstemmen versuchte.

»Bleibt liegen, Herr«, sagte Gwenderon. »Keine Bewegung mehr!«

Cavin war benommen, aber er gehorchte instinktiv, und auch Gwenderon zwang sich, reglos sitzen zu bleiben, obgleich das Gefühl des Ekels in ihm immer unerträglicher wurde; sogar stärker als seine Angst. Aber er wusste, dass dies ihre einzige Chance war. Tauspinnen orientierten sich fast ausschließlich an Geräuschen und Gerüchen – und Bewegung. Für ihr primitives Begriffsvermögen war alles, was sich nicht bewegte, tot und uninteressant. Dabei waren sie normalerweise harmlos und gingen allen Lebewesen aus dem Weg, die größer als sie selbst waren. Aber sie konnten, allein durch die große Zahl, in der sie vorzukommen pflegten, zu mörderischen Gegnern werden. Gwenderon verstand nicht, warum die Tiere sie angriffen. Er hatte nie gehört, dass sie einen Gegner grundlos überfallen hätten – geschweige denn eine ganze Gruppe von Reitern …

Ein leises Stöhnen riss ihn aus seinen Überlegungen. Eine Spinne war auf Cavins Brust gekrochen und tastete mit ihren dünnen, zitternden Vorderbeinen nach seinem Kinn. Auf ihren nadelspitzen Fängen glitzerten wenige Tröpfchen einer farblocksen Flüssigkeit, und ihre vielfach gebrochenen Facettenaugen schienen im Halbdunkel des Waldes wie winzige glühende Kohlen zu leuchten. Die feinen Härchen auf ihrem kugelförmigen Leib zitterten.

»Bewegt Euch nicht, Herr!«, flüsterte Gwenderon. Langsam, unendlich langsam, streckte er die Hand aus, verharrte, als sich die Spinne ein winziges Stüchen drehte und nun ihn ansah, und schlug zu.

Die Spinne flog meterweit davon und verschwand im Unterckholz. Cavin atmete hörbar auf und Gwenderon bedeutete ihm mit einem beschwörenden Blick, still liegen zu bleiben.

Der ungleiche Kampf war vorüber, ehe er richtig begonnen hatte. Drei, vier Männer waren gleich Gwenderon und dem Prinzen aus ihren Sätteln gestürzt und lagen reglos auf dem Weg. Ein Stück hinter ihnen lag ein Pferd mit zuckenden Flanken und schaumigem Maul da und starb. Aber der größte Teil der Gruppe war in Sicherheit und sammelte sich fünfzig Schritt abwärts des Weges; hinter der unsichtbaren Grenze, an der die Tiere angriffen.

Sie hatten in doppelter Beziehung Pech gehabt, dachte Gwenderon düster. Die Reviere, die die Tauspinnen beanspruchten, waren niemals sehr groß. Ein Kreis von hundert, hundertfünfzig Schritten Durchmesser zumeist. Cavin und er mussten sich ziemlich genau im Herzen dieses Gebietes befunden haben, als die Spinnen angriffen. Wenn sie aufstanden und versuchten zu den anderen zu gelangen, würden die Spinnen abermals über sie herfallen. Ihr Gift war normalerweise nicht sehr gefährlich. Aber hundert Nadelstiche töteten ebenso sicher wie ein Schwerthieb.

»Was … tun wir jetzt, Gwenderon?«, fragte Cavin. Er sprach leise und gab sich Mühe, die Lippen so wenig wie möglich zu bewegen. Auf seiner Stirn glitzerte Schweiß. Aber er hielt sich erstaunlich gut; besser, als Gwenderon zu hoffen gewagt hatte.

Der grauhaarige Waffenmeister antwortete nicht gleich. Sein Blick glitt über die reglos daliegenden Gestalten auf dem Weg. Einer von ihnen trug das matte Silber seiner Garde; es war der Mann, der an der Spitze geritten und zuerst angegriffen worden war. Gwenderon würde keine Gelegenheit mehr haben, ihn für seinen Fehler zur Verantwortung zu ziehen. So, wie sein Kopf lag, musste er sich das Genick gebrochen haben, als er vom Pferd stürzte.

Bei den drei anderen handelte es sich um Edelleute aus Cavins Geleit. Zwei von ihnen waren tot, während der Dritte mit weit aufgerissenen Augen dahockte, vornübergebeugt und erstarrt, entweder vor Schreck oder weil er um die Eigenart der Spinnen wusste, nur Feinde anzugreifen, die sich bewegten.

»Verdammt, Gwenderon, was tun wir?«, keuchte Cavin. In seiner Stimme schwang jetzt deutlich Panik mit.