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»Mir hat er gar nichts gesagt.«

»Ralph will, dass ich morgen nach Pasadena fahre.«

»Pasadena? Was sollst du denn in Pasadena?«

»Da ist die Moist-Your-Eyes-Präsentation.«

»Und erfährt bestimmt auch, unser Mister Unwiderstehlich, oder?«

»Was hast du nur gegen Ralph? Immer reagierst du so eifersüchtig, wenn es um Ralph geht.«

»Ich mag eben nicht, wie der Kerl dich ansieht. Und sag mir jetzt nicht, dass dir das noch nicht aufgefallen ist. Der zieht dich doch mit den Augen aus.«

Mit mehligen Fingern ging Bonnie zur Wohnzimmertür. »Duke, ein für alle Maclass="underline" Ralph Kosherick ist mir egal. Ralph Kosherick war mir schon immer egal und Ralph Kosherick wird mir immer egal sein.«

»Du benutzt seinen Namen dreimal in einem Satz und sagst mir, er ist dir egal?«

Bonnie schaute auf ihre Uhr. »Warum Ray wohl noch nicht da ist? Ich wünschte, er würde anrufen.«

»Ich kann es in seinen Augen sehen. Er macht dir praktisch den BH auf und zieht deinen Slip mit den Zähnen runter.«

»Halt die Klappe, Duke. Ich bin nicht in der Stimmung für solche Sprüche.«

Ray war nicht zur Essenszeit zu Hause, also saßen Bonnie und Duke zum Essen auf dem Sofa vor dem Fernseher. So wie damals, als sie frisch verheiratet gewesen waren.

»Schmeckt gut«, sagte Duke ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen. Soße klebte ihm am Kinn.

Nachdem sie fertig gegessen hatten, brachte Bonnie die leeren Teller in die Küche und nahm einen Schokoladenkuchen aus dem Kühlschrank. Für Duke schnitt sie ein großes und für sich selbst ein etwas kleineres Stück ab, das sie sich gleich in den Mund stopfte. Sie kaute noch, während sie die Essensreste in den Abfalleimer kratzte. Als sie mit Dukes Stück ins Wohnzimmer zurückkehrte, hatte sie geschluckt und sich schon den Mund abgewischt.

»Nimmst du nichts?«, fragte er.

»Du spinnst wohl. Das sind schon dreihundert Kalorien, wenn man nur dran denkt.«

Duke zuckte nur mit den Achseln und biss in seinen Kuchen. Dann deutete er auf den Bildschirm. »Der Typ da. Der hat einen ganzen VW gegessen.«

»Warum das denn?«

»Was weiß denn ich, warum? Warum essen Leute Schokoladenkuchen?«

Bonnie sagte nichts. Sie wusste, warum sie Schokoladenkuchen aß.

Die Türglocke schreckte sie aus dem Tiefschlaf. Sie saß aufrecht im Bett und war sich für einige Augenblicke nicht sicher, ob sie wirklich etwas gehört oder nur geträumt hatte. Aber dann klingelte es erneut. Sie stieß Duke mit dem Ellenbogen an. »Duke. Wach auf«, flüsterte sie. Da ist jemand an der Tür.«

Duke grunzte wie ein Schwein und rappelte sich schließlich hoch. »Was? Wie viel Uhr ist es?«

»Fünf vor halb vier.«

»Was soll die Scheiße?«

Bonnie stieg aus dem Bett, nahm ihren Morgenmantel vom Haken an der Tür und ging aus dem Schlafzimmer. Vom Gang aus erkannte sie die roten und blauen Blinklichter auf der Straße vor ihrem Haus und wusste sofort, dass etwas nicht stimmte.

»Duke!«, rief sie. »Duke! Das ist die Polizei.« Schnell lief sie zur Haustür.

Zwei Polizisten in Uniform warteten draußen. Einer war ein Puertorikaner mit dünnem Schnurrbart, der andere war schwarz.

»Mrs Winter?«, fragte der Schwarze und blendete sie mit seiner Taschenlampe.

»Was ist passiert? Es geht um Ray, oder? Sagen Sie mir, was passiert ist.«

»Machen Sie sich keine Sorgen, Mrs Winter. Ihr Sohn wurde verletzt, aber es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Er ist im Augenblick im Krankenhaus. Wir bringen Sie gern hin, wenn Sie wollen.«

»Verletzt? Was meinen Sie mit verletzt?«

Inzwischen hatte Duke in schwarzen Kniestrümpfen und kurzem rosa Bademantel den Weg zur Tür gefunden. »Was ist denn hier los?«, wollte er wissen.

»Mr Winter? Ihr Sohn Ray wurde verletzt. Er ist gerade drüben im Krankenhaus zur Behandlung.«

»Verletzt? Wie? War es ein Autounfall? Mein Sohn fährt noch gar nicht.«

»Nein, Sir. Wie es scheint, wurde Ihr Sohn in eine ethnische Auseinandersetzung verwickelt.«

Duke massierte sich verständnislos mit verkniffenen Augen die Nasenwurzel. »Ethnische Auseinandersetzung? Was heißt das in unserer Sprache? Meinen Sie einen Rassenkrawall?«

»Nicht direkt einen Krawall, Mr Winter. Aber es geht um einen rassistisch motivierten Angriff, ja.«

»Wie viele waren es?«

»Wie bitte?«

»Sie haben mir gerade gesagt, dass mein Sohn das Opfer eines rassistisch motivierten Angriffs war, und ich möchte wissen, wie viele es waren?«

»Ungefähr siebzehn, soweit wir wissen, aber Ihr Sohn war nicht…«

»Siebzehn? Siebzehn Schwarze gegen einen weißen? Heilige Scheiße!«

»Mr Winter. Ihr Sohn wurde nicht von siebzehn Afroamerikanern angegriffen. Ihr Sohn gehörte zu den siebzehn, die in den Kampf verwickelt waren. Elf Weiße und sechs Mexikaner. Keine Afroamerikaner. Alle Beteiligten trugen Verletzungen davon, meist Stichwunden und Quetschungen. Einer wird wohl ein Auge verlieren. Vierzehn sind nicht mehr in Behandlung. Drei, darunter Ihr Sohn, sind noch im Krankenhaus.«

»Ray hat Mexikaner angegriffen? Haben wir das richtig verstanden?«, fragte Bonnie.

Der schwarze Polizist nahm sein Notizbuch und schlug es auf. »Elf weiße Jugendliche betraten die X-Cat-Ik-Pool-Bar Downtown, kurz darauf begann die Schlägerei. Wir haben drei Messer, eine Machete und einen Baseballschläger sichergestellt. Unglücklicherweise behaupten alle Gäste der Bar, nichts gesehen zu haben, obwohl kein Zweifel daran bestehen kann, dass der eigentliche Angriff rassistisch motiviert war.«

»Nein, das muss ein Irrtum sein. Mein Ray hat mit solchen Sachen nichts zu tun«, sagte Bonnie.

»Das sind die Fakten, Mrs Winter.«

Duke war rot angelaufen, Bonnie legte ihm einen Hand auf den Arm. »Sagen Sie uns einfach, wo er liegt, dann finden wir ihn schon selbst.«

Der junge Held

Ray lag in einem blassgrün gestrichenen Raum am Ende eines langen, widerhallenden Flurs. Eine Neonröhre in seinem Zimmer flackerte und machte ein penetrant summendes Geräusch wie eine gefangene Schmeißfliege.

Sein Kopf war bis unter das Kinn in einen weißen Verband eingewickelt. Von einem Arm sah man nur dunkelrot verfärbte Fingerspitzen, der Rest war bis zur Achsel in Gips.

Seine Augen waren gelb und rot und dick wie Pflaumen, seine Lippen in etwa wie mit rotem Gummi nachgeformt.

Als Bonny und Duke eintraten, war eine asiatische Schwester mit nikotingelben Fingern gerade damit beschäftigt, bei Ray den Blutdruck zu messen. »Sind Sie beide die Eltern?«

Bonnie nickte und ging um das Bett herum zu Ray. »Liebling, was ist denn bloß passiert?«

»Gebrochenes Handgelenk, Prellungen, Schürfwunden, drei angebrochene Rippen, ein verstauchter Knöchel, drei gebrochene Zehen und eine leichte Gehirnerschütterung«, sagte die Schwester. »Hätte aber noch schlimmer kommen können.«

»Es hätte schlimmer kommen können?«, sagte Duke.

»Selbstverständlich. Immerhin wurde er mehrfach in den Unterleib getreten. Das hätte durchaus einen Riss des Zwerchfells zu Folge haben können. Ein weiterer Tritt traf ihn am Kopf hinter dem rechten Ohr. Für die nächsten Tage wird er da eine ziemlich große Beule haben.«

Bonnie setzte sich aufs Bett und nahm Rays Hand. »Ray, was machst du denn für Sachen? Du bist doch nicht etwa in einer Gang, oder? Wir dachten, du würdest zum Essen kommen.«

Duke stand nur stumm mit fest verschränkten Armen am Bett und machte dieses Ich-kau-nur-ganz-ruhig-meinen-Kaugummi-Gesicht, das er immer machte, wenn er dachte, dass es besser war, den Mund zu halten.

»Es tut mir so Leid, Mum«, sagte Ray. »Ich hätte echt nicht gedacht, dass es so weit geht.«

»Was hast du dir denn überhaupt dabei gedacht, zu dieser Bar zu gehen?«