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Das stimmt, sagte Avery. So funktioniert es. Die sind die Batterie.

Nicky spürte, dass sein Kopf klar und völlig schmerzfrei war. Als er einen Blick in die Runde warf, sah er, dass es den anderen ebenso ging. Ob die Kopfschmerzen wiederkehren würden – und falls ja, wann–, war unmöglich vorherzusagen. Vorläufig war er einfach nur dankbar.

Die Wunderkerze war jetzt nicht mehr nötig; darüber waren die Kids hinweg. Sie waren ganz im Einklang mit dem Summen.

Nicky beugte sich über die Pfleger, die sich mit ihren Tasern gegenseitig schachmatt gesetzt hatten, und durchsuchte ihre Taschen. Als er gefunden hatte, was er suchte, gab er es Kalisha, die es an Avery weiterreichte. »Mach du es«, sagte sie.

Avery Dixon – der zu dieser Zeit eigentlich mit seinen Eltern beim Abendessen hätte sitzen sollen, nachdem er einen weiteren harten Tag als kleinster Junge in der fünften Klasse verbracht hatte – nahm die orangefarbene Schlüsselkarte entgegen und hielt sie an den Sensor. Mit einem Klicken ging die Tür auf. Dahinter standen die Insassen des Rübenackers wie Schafe, die sich bei einem Unwetter zusammendrängten. Sie waren schmutzig, hauptsächlich unbekleidet und wie in Trance. Mehrere von ihnen sabberten. Petey Littlejohn rief: »Ja-ja-ja-ja-ja-ja!«, während er sich auf den Kopf klopfte.

Die erholen sich nicht wieder, dachte Avery. Ihr Kopf ist zu stark ausgehöhlt. Bei Iris ist das vielleicht auch so.

George: Aber wir anderen haben vielleicht eine Chance.

Ja.

Kalisha, die wusste, wie kalt das klang, aber auch, wie nötig es war: In der Zwischenzeit können wir sie benutzen.

»Was jetzt?«, fragte Katie. »Was jetzt, was jetzt?«

Zunächst gab niemand eine Antwort, weil niemand eine wusste. Dann meldete sich Avery.

Auf in den Vorderbau. Da holen wir die restlichen Kids, und dann nichts wie raus hier!

Helen: Und wo sollen wir dann hin?

Ein Alarm ging los und heulte an- und abschwellend vor sich hin. Niemand achtete darauf.

»Darüber machen wir uns später Gedanken«, sagte Nicky. Er ergriff wieder die Hände von Kalisha und George. »Zuerst zahlen wir es denen heim. Machen ordentlich Zoff! Hat jemand was dagegen?«

Das hatte niemand. Die elf, von denen die Revolte ausgegangen war, fassten sich an den Händen und gingen den Flur zurück zum Aufenthaltsraum, hinter dem sich der Aufzug befand. Schlurfend wie Zombies folgten ihnen die Insassen von Station A, angezogen von der magnetischen Ausstrahlung von Kindern, die noch denken konnten. Das Summen war leiser geworden, aber noch vorhanden.

Avery Dixon streckte die Fühler aus und suchte nach Luke. Obwohl der so weit weg war, dass er ihnen nicht helfen konnte, hoffte er, ihn zu finden. Das würde bedeuten, dass wenigstens eines der vom Institut versklavten Kinder frei war. Es war nicht unwahrscheinlich, dass die anderen sterben würden. Das Personal in diesem Höllenloch würde alles tun, sie an der Flucht zu hindern.

Alles.

27

In seinem Büro, das sich im selben Flur wie das von Mrs. Sigsby befand, schritt Trevor Stackhouse auf und ab, weil er zu nervös war, sich hinzusetzen. Daran würde sich nichts ändern, bis er etwas von Julia hörte. Was die dann berichtete, konnte gut oder schlecht sein, aber alles war besser als diese Warterei.

Ein Telefon läutete, aber es war weder das traditionelle Klingeln des Festnetzgeräts noch das Brrt-brrt seines kastenförmigen Spezialhandys, sondern das gebieterische doppelte Tröten des roten Notfalltelefons. Das letzte Mal hatte es sich gemeldet, als in der Cafeteria diese beschissene Show mit den Zwillingen und Harry Cross abgelaufen war. Stackhouse hob ab, doch bevor er ein Wort sagen konnte, plapperte Dr. Hallas ihm ins Ohr.

»Die sind ausgebrochen, jedenfalls die, denen wir Filme zeigen, und ich glaube, die Rüben auch; sie haben mindestens drei von den Pflegern ausgeschaltet, nein, vier, Corinne meint, dass Phil Chaffitz tot ist, durch einen Elektro…«

»KLAPPE!«, brüllte Stackhouse ins Telefon. Und als er sich sicher war, dass Heckle ihm zuhörte (nein, sicher war er sich nicht, er hoffte es bloß), sagte er: »Nehmen Sie sich erst mal zusammen, und berichten Sie dann der Reihe nach, was passiert ist.«

Durch das Gebrüll so erschreckt, dass er annähernd seine frühere Vernunft wiedererlangte, erzählte Hallas, was er gesehen hatte. Während er sich dem Ende seiner Geschichte näherte, ging der allgemeine Alarm des Instituts los.

»Menschenskind, haben Sie den etwa ausgelöst, Everett?«

»Nein, nein, ich doch nicht, das muss Joanne gewesen sein. Dr. James. Die war im Krematorium. Da geht sie zum Meditieren hin.«

Stackhouse kam ein bizarres Bild in den Sinn: Jeckle, die mit gekreuzten Beinen vor der Ofentür saß und um Gelassenheit betete. Beinahe hätte ihn das abgelenkt, doch dann zwang er sich, sich auf die Situation zu konzentrieren. Offenbar hatten die Kinder im Hinterbau irgendeine dilettantische Revolte vom Zaun gebrochen. Wie hatte das geschehen können? Bisher war so etwas nie vorgekommen. Und wieso gerade jetzt?

Heckle redete immer noch, aber Stackhouse hatte genug gehört. »Jetzt hören Sie mal zu, Everett. Suchen Sie alle orangen Karten, die Sie finden können, und verbrennen Sie die, okay? Verbrennen Sie die.«

»Wie… wie soll ich sie denn…«

»Auf Ebene E habt ihr doch einen verdammten Verbrennungsofen!«, donnerte Stackhouse. »Verwenden Sie das Ding einfach mal für was anderes als für Kinder!«

Er legte auf und griff zum Festnetztelefon, um Fellowes im Überwachungsraum anzurufen. Andy wollte wissen, was der Alarm zu bedeuten habe. Er hörte sich verängstigt an.

»Wir haben im Hinterbau ein Problem, aber damit werde ich schon fertig«, sagte Stackhouse. »Speisen Sie die Kameras von dort in meinen Computer ein. Stellen Sie keine Fragen, tun Sie’s einfach.«

Er schaltete seinen Desktop ein – war das altersschwache Ding jemals so langsam hochgefahren? – und klickte auf ÜBERWACHUNGSKAMERAS. Worauf er den weitgehend leeren Aufenthaltsraum im Vorderbau sah… einige Kinder auf dem Spielplatz…

»Andy!«, brüllte er. »Nicht den Vorderbau, den Hinterbau! Hören Sie auf, Scheiß zu…«

Das Bild schaltete um, und jetzt sah er durch den Staubfilm auf dem Objektiv hindurch Heckle, der in seinem Büro kauerte. Gerade kam Jeckle herein, vermutlich von ihrer unterbrochenen Meditationssitzung. Sie warf einen Blick über die Schulter.

»Okay, das ist besser. Ab jetzt übernehme ich selbst.«

Er schaltete um und sah den Personalraum, in den sich mehrere Pfleger zurückgezogen hatten. Die Tür zum Flur war geschlossen und wahrscheinlich verriegelt. Von diesen Typen war keine Unterstützung zu erwarten.

Klick, da war der mit blauem Teppichboden belegte Hauptflur, in dem mindestens drei Pfleger lagen. Nein, es waren vier. Jake Howland saß vor dem Vorführraum auf dem Boden und presste sich die Hand an seinen blutgetränkten Kasack.

Klick, da war die Cafeteria, leer.

Klick, und da war der Aufenthaltsraum. Corinne Rawson kniete neben Phil Chaffitz und plapperte etwas in ihr Funkgerät. Phil sah tatsächlich tot aus.

Klick, da war die Nische mit dem Aufzug, dessen Tür sich gerade zu schließen begann. Die Kabine war so groß wie diejenige, die man in Krankenhäusern zum Patiententransport verwendete, und sie war vollgepackt mit Kindern. Hauptsächlich unbekleidet. Das mussten die Rüben aus Station A sein. Wenn er sie da drin einsperren konnte… sodass sie in der Falle saßen…