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»Ich bin mir sicher, daß wir den Namen Morgan erst vor kurzem irgendwo gehört haben, und ich versuche mich zu erinnern, wo es war.«

»Du hast recht, Eadulf. Corryn hat den Namen letzte Nacht erwähnt. Doch handelt es sich um den gleichen Morgan?«

»Gute Frage. Es hängt von uns ab, eine gute Antwort darauf zu finden.«

»So ist es«, sagte Fidelma munter.

Sie standen gerade unweit von Iorwerths verlassener Schmiede. Da sie nun schwiegen, konnten sie Pferdegetrappel hören. Mindestens drei oder vier Pferde schienen sich ihnen zu nähern.

Instinktiv winkte Fidelma Eadulf zu, ihr rasch zu folgen und mit seinem Pferd ebenfalls hinter einem benachbarten Gebäude Schutz zu suchen.

»Was ist das?« fragte Eadulf.

Fidelma legte einen Finger an die Lippen.

Das Pferdegetrappel war verstummt. Fidelma spähte um die Ecke. Eadulf war überrascht, daß sie sich sofort wieder zurückzog.

»Clydog!« flüsterte sie erschrocken.

Eadulf sah sich nach einem besseren Versteck oder einer Fluchtmöglichkeit um.

»Warte!« flüsterte Fidelma und schaute wieder vorsichtig um die Ecke. »Er sitzt noch auf dem Pferd. Bei ihm sind noch zwei Leute.«

Zu ihrer Überraschung hörten sie, wie die Tür von Iorwerths Schmiede aufging und eine wohlbekannte Stimme Clydog begrüßte. Es war Iestyn.

»Du bist ein Narr, dich an diesem Ort mit mir zu treffen!« fuhr der Bauer Clydog an.

Clydogs boshaftes Lachen war zu hören. »Begrüßt ein Gastgeber so einen Reisenden, Freund Iestyn?«

»Gwnda und die anderen könnten jeden Moment zurückkehren. Und diese lästige Gwyddel und ihr Kumpan, der Angelsachse, vielleicht auch.«

»Ah, die würde ich gern wiedersehen. Sie schulden mir noch die Genugtuung, mich an ihnen zu rächen«, sagte Clydog nun.

»Sie sind dir schon einmal entwischt, nicht wahr?« spottete Iestyn. »Unser gemeinsamer Freund Corryn hat mir haarklein davon erzählt. Unterdessen haben deine groben Fehler fast alles ruiniert. Die beiden stellen zu viele Fragen und kommen der Wahrheit näher und näher.«

»Was bist du da beunruhigt? Artglys von Ceredigion wird dir allzeit Schutz gewähren.«

»Jede Minute, die sich die Gwyddel und der Angelsachse in Llanwnda aufhalten, gefährdet unser Vorhaben. Deshalb solltest du dich um sie kümmern.«

»Keine Sorge. Das werde ich tun. Doch zuvor sind wichtigere Dinge zu erledigen. Wir haben reichlich Zeit.«

»Wann gibt man uns das Zeichen?« fragte Iestyn.

»Sobald wir hören, daß Gwlyddien nach Osten marschiert.«

»Ich kann nicht länger bleiben. Es war dumm von dir, hierherzukommen. Warum hast du mich herbestellt?«

»Um dir zu sagen, daß Morgan seinen Auftrag erfüllt hat. Nun mußt du deinen erfüllen«, sagte Cly-dog.

»Keine Sorge. Ich werde das Meinige tun, daß Gwlyddien von den letzten Ausschreitungen der Angelsachsen erfährt. Ist sonst alles nach Plan gelaufen?«

»Bisher ja.«

»Ich bleibe dabei, diese Gwyddel und ihr Gefährte könnten unsere Pläne durchkreuzen.«

»Keine Angst, Iestyn. Bald geht es los. Das Volk von Dyfed traut den Angelsachsen doch alles zu. Ich habe einen meiner Männer mit der Nachricht von den sächsischen Überfällen zur Abtei Dewi Sant geschickt. Wenn das keine Wirkung tut bei dem alten Narren Gwlyddien und er nicht in den Krieg zieht, dann werden seine Leute die Dinge selbst in die Hand nehmen. Ganz gleich, wie, wir werden die Sieger sein. Sorge du nur dafür, daß ein paar Leute von hier die Leichen und das sächsische Schiff bald in Augenschein nehmen.«

»Was ist, wenn es nicht klappt?«

»Es wird klappen. Sobald Gwlyddien gezwungen ist, gegen die Sachsen anzutreten, wird Artglys von Ceredigion von Süden in das Königreich einfallen und innerhalb von ein, zwei Tagen werden wir zu dem neuen König aufschauen.«

»Vergiß nicht das alte Sprichwort, Clydog: Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben«, erwiderte Ie-styn pessimistisch.

»Sorge du nur dafür, daß genug Leute das Schiff und die Leichen sehen«, fuhr ihn Clydog barsch an, gab seinem Pferd die Sporen und ritt seinen Männern voran über die Brücke in die Wälder zurück.

Fidelma und Eadulf warteten, bis Iestyn die Schmiede verlassen hatte und in Richtung seines Bauernhofes verschwunden war. Eadulf stieß einen Pfiff aus.

»Nun kapiere ich gar nichts mehr«, gestand er und trat aus ihrem Versteck hervor.

Fidelma schüttelte den Kopf. »Ganz im Gegenteil, jetzt treten die Dinge klar zutage.«

»Klar?«

»Jetzt ist klar, daß Prinz Cathens Vermutung in bezug auf Dyfeds Nachbar, König Artglys von Ceredigion, Hand und Fuß hat. Ceredigion versucht, eine Lage zu schaffen, die Gwlyddien und seine Truppen dazu bringen soll, die Hwicce anzugreifen. Sind die Krieger erst einmal fort, will Artglys in Dyfed einmarschieren und eine Marionette als Herrscher einsetzen, der ihm hörig ist.«

»Meinst du damit Clydog?«

»Das ist schon möglich.«

»Du gehst also davon aus, daß die Vorgänge in Llanpadern inszeniert wurden, um Gwlyddien herauszufordern? Daß Morgan in Llanpadern eingerückt ist, weil Gwlyddiens Sohn Rhun Mönch dieses Klosters ist?«

»So ist es.«

»Ganz begreife ich das immer noch nicht ... Warum hat man alle Mönche des Klosters verschleppt und dann ein, zwei Tage gewartet, ehe man ein paar von ihnen umbrachte? Und all das mit viel Aufwand, um es so aussehen zu lassen, als handele es sich um einen Überfall der Hwicce?«

Fidelma nickte nachdenklich.

»Ich glaube, das läßt sich erklären. Man hatte nicht damit gerechnet, daß Bruder Cyngar und Idwal an jenem Morgen in Llanpadern vorbeischauen würden. Wer immer für den Überfall verantwortlich ist, er hat nicht einmal gewußt, daß Bruder Cyngar und Idwal in Llanpadern waren und entdeckten, daß das Kloster verwaist lag. Warum zögerten diejenigen, die das Kloster überfielen, es hinaus, ihre Gefangenen umzubringen? Weil man erst auf das sächsische Schiff warten mußte, ehe man den ersten >Angriff< inszenieren konnte. Cyngar und Idwal haben den Plan ganz unerwartet durchkreuzt, da sie zu früh auf der Bildfläche erschienen sind.«

»Was hat das aber mit der Ermordung von Mair zu tun?«

»Das müssen wir in unser Mosaik noch einpassen.« Fidelma wollte jetzt weg von hier. »Es gibt zwei Leute, die wir noch befragen müssen, dann sehen wir vielleicht klarer. Komm.«

Sie liefen weiter, die Pferde ließen sie zurück. Ein paar Bewohner waren schon in ihre Häuser zurückgekehrt; man hatte ihnen versichert, daß das sächsische Schiff weitergesegelt war.

»Sollten wir Iestyn davon abhalten, mit Leuten aus dem Ort ans Meer zu gehen, um das Auslaufen des Schiffes der Hwicce zu beobachten?« fragte Eadulf.

»Bist du sicher, daß ihr die Leichen der Mönche gut verborgen habt?« Eadulf nickte. »Dann überlassen wir die Sache eine Weile sich selbst und verfolgen lieber unsere Absichten.«

Sie waren an ein kleines Haus gelangt, vor dem sich eine Steinskulptur befand, die eine Frau mit einem Korb voll Früchten auf einem Pferd darstellte. Das war die alte heidnische Pferdegöttin Epona, die früher als Symbol der Fruchtbarkeit und Gesundheit galt. Das Haus gehörte dem Apotheker von Llanwnda. Hinter den dicken undurchsichtigen Fensterscheiben brannte Licht, und es war offenbar jemand zu Hause.

Fidelma trat ein. Eadulf folgte ihr leicht irritiert. Ein älterer Mann saß auf einer Bank und tat getrocknete Kräuter in einen Mörser mit einem hölzernen Stößel. Er schaute auf.

»Ah, du bist die dalaigh aus Cashel, nicht wahr?

Aufregende Zeiten, wie? Zum erstenmal mußten wir alles stehen- und liegenlassen und in die Wälder fliehen. Ich habe schon öfter erlebt, daß die Ceredigion in die Bucht eingefahren sind, ganz zu schweigen von den Sachsen.« Der Alte war zweifellos eine redselige Natur.