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Sie schwieg eine Weile, ehe sie weitersprach.

»Gwnda war an jenem Vormittag auch im Wald. Es mag purer Zufall gewesen sein, daß er Buddog begegne-te, kurz nachdem sie Mair erwürgt hatte. Man bedenke, Buddog ist Gwnda nicht gleichgültig. Das hat er uns soeben bestätigt. In wenigen Sekunden entschied er sich, ihr Verbrechen zu vertuschen. Er trug Buddog auf, nach Llanwnda zurückzugehen. Um den Rest würde er sich kümmern. Nachdem sie fort war, war ihm das Schicksal günstig. Idwal kehrte unvermutet zurück, er wollte sich bei Mair entschuldigen. Gwnda versteckte sich .«

Gwnda stöhnte auf und nickte. »Zuerst hatte ich keinen genauen Plan«, sagte er. Seine sonstige Strenge, seine ganze Autorität schienen in sich zusammengefallen. Er war nur noch ein alter Mann, gekrümmt und zerbrechlich. »Ich verbarg mich in der Hoffnung, nicht entdeckt zu werden. Idwal trat zur Leiche und beugte sich hinunter. Er konnte offenbar nicht glauben, daß sie tot war, und versuchte, sie wiederzubeleben. Dann hörte ich das Geschrei der Leute. In dem Moment wußte ich, was ich zu tun hatte.«

»Da bist über Idwal hergefallen und hast Iorwerth und Iestyn gegenüber behauptet, du hättest ihn auf frischer Tat ertappt. Du tatest so, als seist du der gewissenhafte und ehrbare Fürst, und hast deine Leute angewiesen, Idwal gefangenzunehmen. Und dann hast du jemanden zur Abtei Dewi Sant geschickt, um einen barnwr zu holen. Du mußtest dafür sorgen, daß man dir in dieser Angelegenheit nichts vorwerfen konnte.«

Es herrschte Stille. Elen äußerte Bedenken: »Eine Sache stimmt nicht, Schwester. Es gab doch Hinweise darauf, daß Mair vergewaltigt wurde. Man sagte, daß da viel Blut war .«

Fidelma hielt eine Hand hoch. »Gwnda war eingefallen, daß viele glaubten, Mair sei noch Jungfrau. Das war das Schändlichste an Gwndas Versuch, das Verbrechen zu vertuschen. Er nahm sein Messer und schnitt damit ein paarmal in die Innenseite ihrer Oberschenkel, bis Blut floß. Mit ziemlichem Eifer bemühte er sich anschließend, Elisse zu überzeugen, daß das Mädchen noch Jungfrau gewesen war und es sich um eine Vergewaltigung handelte. Dabei vergaß er in seiner Eile, eine neue Spur zu legen, für den Fall, daß die Frau von Elisse, die die Leiche für das Begräbnis vorbereitete, die Wunden entdeckte.«

Nun erhob sich Elisse und trat in den Zeugenstand. »Ich kann nur bestätigen, Prinz Cathen, daß das Blut aus diesen Wunden stammte. Als Gwnda mir weiszumachen versuchte, daß es von dem Jungfernhäutchen herrührte, sagte ich ihm, daß er sich irrte. Wie meine Frau auch aussagen kann, war Mair keine Jungfrau mehr, hatte sie sie doch einmal um Rat gefragt, wie man eine Schwangerschaft verhüten konnte.«

»Es muß Gwnda wie ein Zeichen des Schicksals vorgekommen sein, daß Idwal zurückkehrte, um sich bei Mair zu entschuldigen, und sie tot auffand.« Fidelmaseufzte. »Doch Gwnda war sehr schlau. Als er merkte, daß der Apotheker die Vergewaltigungstheorie nicht stützen würde, und ihm klar wurde, daß der barnwr, den er gerufen hatte, ihm auf die Spur kommen könnte, schlug er einen anderen Kurs ein. Wenn Idwal tot wäre, wozu wäre dann noch eine Verhandlung nötig?«

Gwnda richtete sich auf; ihm war bewußt, daß er sich verteidigen mußte. »Ich war in meinem eigenen Haus eingesperrt, als der Mob den Jungen in die Finger bekam. Das weißt du. Ich habe damit nichts zu tun.«

»Ich weiß, daß du vollbewaffnet von zwei jungen Männern ohne Waffen, die ich hier heute auch sehe, festgehalten wurdest.«

Ganz hinten in der Halle bewegten sich zwei Männer auf ihren Plätzen unruhig hin und her.

»Leugnest du diese Posse? Ich glaube, selbst wenn du Iorwerth nicht überredet haben solltest, die Wut der Menge zu schüren, damit sie Idwal schließlich lynchte, hast du sicher Vorteile aus der Situation gezogen und keinen Versuch unternommen, die Leute von ihrem Wahn abzubringen. Doch du wolltest dem barnwr vorgaukeln, du hättest keinen Anteil an dem Mord gehabt. Du wolltest dein Ansehen nicht beschädigen und jedes Mißtrauen zerstreuen. Du hast zugelassen, daß man Idwal wegholte, und du bist davon ausgegangen, daß der Mob ihn hängen würde. Wäre er erst einmal tot, hätte die Sache ein Ende, und Buddog könnte nicht mehr beschuldigt werden - oder du, dafür, daß du ihr Verbrechen vertuscht hast.«

Buddog hatte die ganze Zeit reglos dagesessen. Fidelma betrachtete Gwnda ohne Bedauern. »Wie du uns erklärt hast, Gwnda, empfindest du immer noch viel für Buddog, trotz deiner Affäre mit Mair. Das ist das Eigenartige. Dein Beschützerinstinkt war so groß, daß du dem armen Bruder Meurig, als er der Wahrheit ganz nah war, zur Hütte im Wald gefolgt bist und ihn dort umgebracht hast.«

Gwnda fing lauthals an, seine Unschuld zu beteuern. Fidelma schnitt ihm das Wort ab. »Als wir dir mitteilten, daß Bruder Meurig überfallen worden sei, da hast du deine Überraschung nur gespielt und warst auf einmal verschwunden. Von uns hattest du nicht erfahren, wo Bruder Meurig ermordet wurde. Doch du sagtest, du wolltest ihn mit ein paar Männern aus der Hütte im Wald holen. Ist es nicht merkwürdig, daß du wußtest, wo genau die Leiche Bruder Meurigs war?«

Gwnda stöhnte vor Verzweiflung. Er legte seinen Kopf in die Hände und wiegte sich auf seinem Stuhl vor und zurück. Erst nach einer Weile brachte er ein paar verständliche Worte hervor.

»Er wollte nicht auf mich hören und vernünftig sein«, murmelte er. »Ich versuchte Bruder Meurig von der Schuld des Jungen zu überzeugen, doch er begann einen Streit. Schließlich kam es zu einem Handgemenge. Er rief dem Jungen zu, er solle fortrennen, dich suchen und dir alles berichten. Ich machte mich los . Ich schwöre, ich habe das nicht gewollt . Ich habe mich nur verteidigt. Die Axt ... Ich habe sie einfach durch die Luft geschwungen .«

Fidelma blickte ihn ohne Mitgefühl an. »Als Bruder Meurig tot war, bist du nach Llanwnda zurückgekehrt. Warum bist du Idwal nicht hinterhergelaufen?«

Gwnda wiegte sich noch immer vor und zurück und stöhnte dabei leise. Ein befremdliches, beinah furchterregendes Verhalten für einen Mann seines Alters und seiner Position.

»Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Du und Bruder Eadulf, ihr wart zurückgekommen. Ich mußte herausfinden, ob Idwal mit euch gesprochen hatte. Erst als ich mitbekam, daß ihr keinen Verdacht hegtet, benachrichtigte ich Iorwerth. Mit ein paar anderen Männern nahm er die Verfolgung auf. Man fand den Jungen und . Du kennst den Rest. Du hattest recht, ich habe sie zu der Tat überredet und gesagt, daß sie keine Strafe zu erwarten hätten.« Gwnda hob einen Arm und ließ ihn wieder fallen, als sei er besiegt worden.

»Warst du dabei? Hast du zugesehen, wie ein unschuldiger Junge gehängt wurde, den du hättest retten können?« fragte Cathen voller Abscheu.

Gwnda schien sich ganz in sich zurückgezogen zu haben. Er antwortete nicht.

Fidelma wandte sich nun an Cathen. »Mein Verdacht in bezug auf Gwnda und sein Verhalten wurde bestätigt, als er merkte, wie unerschütterlich ich auf meinem Standpunkt beharrte, daß Idwal unschuldig sei. An dieser Stelle spielte ihm der Zufall in die Hände. Eine Kette von Zufällen bestimmt diese Geschichte, wie wir sehen. Elen hatte rein zufällig ein Gespräch zwischen dem Geächteten Clydog und ein paar anderen Männern mit angehört. Sie versteckte sich, wurde entdeckt, konnte aber fliehen. Trotzdem fürchtete sie ständig, erkannt zu werden. Dann wurde Mair umgebracht. Da sich Mair und Elen von weitem sehr ähnlich sahen, kam Elen auf die Idee, daß Mair irrtümlich das Opfer von Clydogs Leuten geworden war - und sie eigentlich gemeint war. Und wieder wollte es der Zufall, daß eines Tages einer der Männer, die sie im Wald belauscht hatte, hier im Ort auftauchte. Elen glaubte, er habe sie wiedererkannt und fürchtete um ihr Leben. Sie vertraute sich ihrem Vater an. Der wiederum witterte eine neue Möglichkeit, uns von unserer Fährte abzubringen, und stimmte zu, daß sie uns die Geschichte erzählte.

Da er vorher jedoch vorgegeben hatte, fest von Id-wals Schuld überzeugt zu sein, und mir sogar untersagt hatte, weitere Ermittlungen anzustellen, machte mich dieser plötzliche Sinneswandel sehr mißtrauisch. Gwndas Problem war es, daß er alles, was er tat, immer ein wenig zu eifrig tat, daß er fadenscheinige Tatbestände aufbauschte und überbewertete - so etwa das Blut an Mairs Kleidern, daß er sich mal weigerte, die Ermittlungen zu unterstützen, und sich dann wieder sehr darum bemühte.«