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Entrüstet hob Bischof Ordgar zur Erwiderung an, besann sich aber eines Besseren. Er atmete hörbar aus, und seine Gesichtszüge glätteten sich.

»Also stell deine Fragen, Eadulf von Seaxmund’s Ham«, forderte er ihn auf.

Eadulf schaute zu Fidelma, die aber nickte ihm aufmunternd zu. Sie hatte erkannt, dass der Bischof bereitwilliger auf Eadulf eingehen würde und sie sich besser zurückhielt.

»Beschreib, was in der Nacht geschah, da man Abt Dabhoc in deinem Zimmer fand.«

»Da man mich in eine Ohnmacht versetzt hatte, kann ich nichts dazu sagen«, erklärte er schroff.

»Dann erzähl uns, woran du dich aus jener Nacht noch erinnerst. Du entsinnst dich doch bestimmt, dass du in dein Zimmer gegangen bist, oder?« Der Sarkasmus in Ea-dulfs Stimme war nicht zu überhören.

»Selbstverständlich. Nach dem Abendgebet in der Kapelle begab ich mich zu Bischof Leodegar, um mich über Cad-fans Verhalten zu beschweren, der sich mir gegenüber ungebührlich gebärdet hatte. Dann ging ich in mein Zimmer und legte mich zur Ruhe, nachdem ich wie immer meinen Wein getrunken hatte. Als ich wach wurde, war mir übel, ich hatte grässliche Kopfschmerzen und nahm meine Umgebung nur verschwommen wahr. Jemand rüttelte mich, und ich erinnere mich an erregte Stimmen ringsumher.

Dann wurde mir wieder schwarz vor Augen, und als ich das zweite Mal aufwachte, war ich in dem Zimmer hier, und der Arzt versorgte mich. Der Kopfschmerz und das Übelsein hielten eine Weile an. Erst später, als ich gänzlich bei mir war, erzählte man mir, dass man Abt Dabhoc tot in meinem Zimmer aufgefunden hätte, und neben ihm auf dem Fußboden hätte Abt Cadfan gelegen. Angeblich sei ich auf dem Bett kurz zu mir gekommen, aber das weiß ich nicht so genau. Das ist alles.«

»Aus dem, was du gesagt hast, ergeben sich etliche Fragen«, stellte Eadulf fest.

Bischof Ordgars Augen verengten sich zu Schlitzen. Er lehnte sich zurück. »Dann stelle sie.«

»Da wäre zuerst der Wein. Du glaubst, man hätte ihm ein Betäubungsmittel zugesetzt?«

»Ich glaube das nicht nur, ich sage, dass es so war«, wurde Eadulf berichtigt. »Nur mit einem Betäubungsmittel gepantschter Wein kann mich in den Zustand versetzt haben.«

»Woher kam der Wein?«

»Die Frage verstehe ich nicht. Meinst du, von welchem Weingut er stammte?«

»Wer hat dir den Wein gebracht?«

Bruder Benevolentia hüstelte und trat einen Schritt vor. »Ich war es. Ich habe den Wein neben das Bett des Bischofs gestellt. Das mache ich jeden Abend, denn es ist seine Gewohnheit, sich vorm Schlafengehen einen guten Trunk zu gönnen. Es hilft ihm beim Einschlafen und ... und .«

Verärgerung machte sich auf dem Gesicht des Bischofs breit - der Kämmerer plauderte seine menschlichen Schwächen aus, die keinen etwas angingen!

»Und wo wurde der Wein erstanden?«

»Ich habe eine kleine Amphore auf dem hiesigen Markt gekauft.«

»Wo wurde sie aufbewahrt?«

»Im Gemach des Bischofs. Es war eine kleine Amphore mit Rotwein, die musste man nicht erst in den kühleren Keller bringen.«

»Der Bischof hatte also schon vorher daraus getrunken? Es war kein frisch gekaufter Wein?«

»Bereits an den vorangegangenen drei oder vier Tagen hatte ich ihm daraus eingeschenkt.«

»Und an dem besagten Abend hattest du den Becher mit eigener Hand gefüllt?«

»Ja.«

»Wo ist die Amphore jetzt?«

»Man hat sie weggeworfen, sie wurde just an dem Abend leer.«

»Dann hat man den Becher wohl auch weggeworfen?« Es war mehr eine ironische Feststellung als eine Frage.

»Er wurde am nächsten Tag ausgespült und abgewaschen«, erwiderte Bruder Benevolentia selbstgefällig. »Also bleibt uns nur Ordgars Aussage, dass man dem Wein etwas beigemischt hatte.«

»Seit wann darf man meine Worte anzweifeln?«, fragte Ordgar in drohendem Ton.

Eadulf ließ sich nicht einschüchtern. »Es geht nicht um deine Glaubwürdigkeit, sondern um die Bestätigung einer Aussage. Wenn Weintrinken zu deinen Gewohnheiten gehört, kannst du sicher sagen, wie der Wein neulich Abend geschmeckt hat.«

»Wie er geschmeckt hat?« Ordgar runzelte die Stirn. »Wie meinst du das?«

»Ob er eine dir ungewohnte Geschmacksnote hatte.« »Hatte er nicht.« Er machte eine Pause. »Vielleicht .« »Ja?«, versuchte ihn Eadulf zum Weitersprechen zu bewegen.

»Vielleicht war er eine Spur süßer als sonst, aber nicht unangenehm.«

»Aha. Eine Frage an dich, Bruder Benevolentia. Wann am Abend hast du den Wein in den Becher gegossen?«

»Nach Beendigung der Gebete läutete die Glocke. Ich ging davon aus, dass der Bischof unmittelbar danach in sein Gemach zurückkehren würde, eilte voraus und schenkte den Wein ein.«

»Nur dass ich mich eben nicht geradewegs in mein Zimmer begab«, unterstrich Ordgar. »Ich suchte zuvor Bischof Leodegar auf, um mich über das Benehmen dieses Menschen aus Britannien auf dem Konzil zu beschweren.«

»Hast du in Bischof Ordgars Zimmer gewartet, bis er zurückkam?«, fragte Eadulf Bruder Benevolentia.

Der junge Mann schüttelte den Kopf. »Ich habe den Wein wie sonst immer neben das Bett gestellt und bin in meine Kammer gegangen, wo ich sofort einschlief.«

»Und wo liegt deine Kammer?«

»Neben dem Zimmer vom Bischof. So kann er mich jederzeit rufen, wenn er meiner Hilfe bedarf.«

»War das Zimmer des Bischofs abgeschlossen?« »Abgeschlossen? In der Abtei werden die Türen nie abgeschlossen.«

»Wer immer wollte, hätte also jederzeit Zugang zum Zimmer und damit zum Wein gehabt?«

»Ja. Die leere Amphore hatte ich in den Schrank getan, die konnte niemand sehen, aber den Becher mit dem Wein, den hatte ich ja dem Bischof ans Bett gestellt.« »Und du bist, wie du sagst, ziemlich rasch eingeschlafen und hast nicht gehört, wie der Bischof in sein Zimmer zurückkehrte?«

»So war es, ich habe nichts gehört.«

»Hast du mitbekommen, dass in der Nacht Abt Dabhoc oder Abt Cadfan nach nebenan kamen?«

»Nein. Ich schlafe tief und fest.«

»Wann wurdest du wach?«

»Erst als Bruder Gebicca, der Arzt der Abtei, an meine Tür klopfte und mir sagte, dem Bischof ginge es nicht gut. Er wollte ihn in ein anderes Zimmer schaffen, wo er ihn behandeln konnte, und brauchte meine Hilfe. Als ich dann das Zimmer betrat, sah ich die Leiche des Hiberniers und das Blut und auch den bewusstlosen Britannier.«

»Und wer hat am nächsten Morgen den restlichen Wein weggekippt und den Becher ausgewaschen? Du?«

Bruder Benevolentia schüttelte den Kopf. »Ich glaube, Bruder Gebicca hat alles zusammengeräumt, nachdem man die Leiche fortgebracht hatte.«

»Seit wann stehst du bei Bischof Ordgar als Kämmerer in Diensten?«, fragte Eadulf unvermittelt.

Statt seiner erwiderte der Bischof selbst.

»Mein vorheriger Kammerherr starb an Fieber auf der Überfahrt von Hibernia. Auf meinem Weg hierher stattete ich der Abtei von Divio einen Besuch ab. Dort begegnete ich Bruder Benevolentia und bot ihm den Posten an.«

»Divio?«

»Eine Stadt der Burgunden, sie liegt nördlich von hier«, erläuterte Bruder Benevolentia. »Ich habe dort in der Abtei als Schreiber gearbeitet, bei Bischof Ordgar stehe ich erst seit drei Wochen im Dienst.«

Fidelma hatte sich die ganze Zeit zurückgehalten und zufrieden Eadulfs Vorgehensweise verfolgt. Jetzt fühlte sie sich bemüßigt, dem Bischof selbst eine Frage zu stellen.

»Wie gut hast du Abt Dabhoc gekannt?«

»Überhaupt nicht. Wir sind uns in aller Form vor der Eröffnung des Konzils begegnet, haben aber nicht mehr als ein paar Worte gewechselt.«

»Und es ist bei dem Disput zu keinen Meinungsverschiedenheiten gekommen?«

»Es hat gar keinen Disput gegeben.«

»Man hat mir gesagt, es wäre bei der Eröffnungssitzung zu einem erbitterten Wortgefecht gekommen.«