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Der Mönch nickte und zog sich in seine Zelle zurück. Fidelma begab sich zu der Zelle, die ihnen eben bezeichnet wurde, und öffnete die Tür. Der Raum war sehr ordentlich verlassen worden, die Decke lag säuberlich gefaltet auf dem Bett. Genau, wie Bruder Chilperic es beschrieben hatte - die Zelle war leer, nichts deutete auf einen überstürzten Aufbruch hin. Hier fanden sich ebenso wenig Anhaltspunkte wie in der Kammer des Abts. »Wortklauberei wie die von dem kann ich nicht leiden!«, brummelte Eadulf hinter ihr.

»Meinst du . Benevolentia? Er hat ja recht. Man sollte seine Worte sorgfältiger wählen, besonders bei Rechtsfragen.« Sie machte eine Handbewegung und stellte fest: »Leider gibt das hier auch nichts her.« Sie gingen hinaus und schlossen die Tür hinter sich.

»Wenigstens wissen wir jetzt, wie diese Kammern räumlich zueinander liegen«, bemerkte sie beim Hinuntergehen zur Vorhalle der Abtei.

»Ist das wichtig?«

»Es ist immer gut, die Räumlichkeiten genau zu kennen, in denen ein Mord geschehen ist, auch die nähere Umgebung. Ist dir aufgefallen, Abt Cadfans Kammer ist am weitesten von Ordgars Gemach entfernt und liegt sogar an einem anderen Gang. Alle anderen wohnten am selben Gang oder jedenfalls nahebei wie Gillucan.«

Eadulf hatte das zwar ebenfalls wahrgenommen, doch wieso das von Bedeutung sein sollte, wollte ihm nicht in den Kopf.

»Es ist einfach gut zu wissen, wo sich etwas abspielt«, wiederholte sie.

Sie überquerten den Vorplatz der Abtei. Zuvor hatten sie sich vergewissert, dass man ins domus feminarum nur gelangen konnte, wenn man den inneren Klosterbezirk durch das Hauptportal verließ und weiter an der Nordseite des Vorplatzes entlangging bis zur Zufahrt zum Wirtschaftshof. Die Pforte zur Gemeinschaft der Frauen befand sich am anderen Ende des Hofs.

Plötzlich rief jemand Fidelma beim Namen, und ein Mann kam ihnen rasch in der mit Marmorplatten ausgelegten Zufahrt entgegen. Er war groß, dunkelhaarig, und die Haut zeigte ein helles Braun. Er trug die römische Tonsur, und sein Gewand war durchaus nicht das eines armen Geistlichen, sondern verriet seinen höheren Rang. »Schwester Fidelma! Habe ich doch richtig gesehen. Ich freue mich, dir wiederzubegegnen.« Er streckte ihr zur Begrüßung die Hand hin.

Fidelma erwiderte den Händedruck, runzelte jedoch die Stirn und suchte sich zu erinnern, woher sie ihn kannte.

»Du erkennst mich wohl nicht? Kein Wunder, ist schon ein paar Jahre her, seit du in Rom warst.«

Mit einem Mal fiel es ihr ein. »Du warst Schreiber im Lateran-Palast.«

»Ich war Schreiber beim Ehrwürdigen Gelasius, dem no-menclator Seiner Heiligkeit. In seinen Amtsräumen habe ich dich mehrfach gesehen, während du die Vorgänge beim Tod von Erzbischof Wighard untersuchtest. Der Ehrwürdige Gelasius hat sich immer wieder gefragt, wie es dir wohl inzwischen ergangen sein mag. Das eine oder andere haben wir über dich und Bruder Eadulf erfahren.« Dabei wandte er sich Eadulf zu, lächelte und reichte ihm auch die Hand. »Und du bist Bruder Eadulf, nehme ich an. Ich kann mich zwar nicht erinnern, dass wir uns begegnet sind, doch ich weiß, in Rom warst du Schwester Fidelmas Begleiter und Helfer.«

Eadulf begrüßte ihn zurückhaltend, denn er wusste überhaupt nicht, wo er den Mann hintun sollte.

»Du bist Bruder Peregrinus«, rief Fidelma unvermittelt. Der Würdenträger lachte verhalten. »Ich fühle mich geschmeichelt, dass du dich meiner entsinnst. Jetzt bin ich Nuntius Peregrinus.«

»Dann bist du der Abgesandte aus Rom?«

»So ist es. Ich bin der zu diesem Konzil entsandte Bevollmächtigte des Heiligen Stuhls. Bischof Leodegar habe ich die Weisungen Seiner Heiligkeit Vitalianus übermittelt, in seinem Namen werde ich dem Konzil den Segen erteilen und den Beschlüssen Autorität verleihen. Ich werde das Ergebnis der Beratungen entgegennehmen und die auf dem Konzil gefassten Beschlüsse nach Rom bringen. Sicherlich wird der Ehrwürdige Gelasius hoch erfreut sein, von dir zu hören. Erst gestern habe ich vom Bischof erfahren, dass du hier bist, denn ich war unterwegs, einige der Kirchen in der Nähe dieser Stadt zu besuchen. Ich bin froh, dass die Klärung der Dinge nun in zuverlässigen Händen liegt. Was sich hier zugetragen hat, ist äußerst bedauerlich. Bischof Leodegar hat klug gehandelt, sich deiner Gaben zu bedienen, dieses Knäuel von Widersprüchen zu entwirren.«

Fidelma suchte das Lob herunterzuspielen. »Wir können nur das tun, wozu wir in der Lage sind, Nuntius. Ich hoffe, der Ehrwürdige Gelasius erfreut sich guter Gesundheit. Seine Stellung in Rom füllt er wohl noch immer aus?«

»Ja, es geht ihm gut, und er denkt an dich voller Wohlwollen. Du hast Rom einen großen Dienst erwiesen, und das wird er nie vergessen.«

»Er preist mich über Gebühr.«

»Keineswegs. Seit Vitalianus auf den Thron des heiligen Petrus gewählt wurde, ist die Kirche in beträchtlichem Maße vorangekommen. Die Spaltungen, die die Christenheit entzweit haben, werden dank Seiner Heiligkeit allmählich überwunden. Er ist bestrebt, die Beziehungen zwischen Konstantinopel und Rom zu verbessern, und unternimmt Annäherungsversuche, indem er Emissäre mit Geschenken zum Patriarchen Petrus von Konstantinopel entsendet. Damit hat er Erfolg gehabt, denn nun wird sein Name als Bischof von Rom erstmals seit vielen Generationen in den Diptycha der Ostkirchen verzeichnet.« »Diptycha?« Eadulf krauste die Stirn.

»Verzeichnisse derjenigen, die sich in Übereinstimmung mit den Lehren des Glaubens befinden und würdig sind, höchste Kirchenämter zu bekleiden«, erläuterte Fidelma nebenher.

»So ist es«, bestätigte Nuntius Peregrinus. »Vitalianus ist gleichfalls bemüht, die Spannungen zwischen den Angelsachsen und den Britanniern zu mildern. Er hat Theodor entsandt, um unter ihnen als Erzbischof von Canterbury zu wirken. Auch wendet er sich gegen die Ketzerei des Monotheletismus und ist bestrebt, alle Kirchen in einen Gleichklang mit Rom zu bringen. Deshalb ist dieses Konzil von so großer Bedeutung.«

»Offenbar dient sein Ehrgeiz der Stärkung Roms«, bemerkte Fidelma vorsichtig.

»Ein Ehrgeiz, der nur der Stärkung des Glaubens dient.« »Wir werden unser Bestes tun, um die Vorfälle zu klären, die zum Aufschub der Eröffnung des Konzils geführt haben. Was ich gern gewusst hätte, Nuntius, hast du Bischof Leodegar gegenüber erwähnt, dass du mich kennst?« »Nein. Ich wollte erst sehen, ob du wirklich die Fidelma bist, der ich in Rom begegnet bin. Möchtest du, dass ich ihm das sage?«

»Es stünde ganz bei dir«, erwiderte sie.

»Falls du irgendwann Hilfe benötigst, vertrau darauf, Schwester, du hast einen einflussreichen Freund im Lateran«, versicherte ihr der Nuntius. »Und wenn ich hier etwas tun kann, lass es mich wissen. Vielleicht lässt es sich einrichten, dass wir uns später treffen und über die vergangenen Jahre plaudern. Der Ehrwürdige Gelasius wird von mir hören wollen, wie es dir inzwischen ergangen ist.«

»Wir könnten uns vor der Abendmahlzeit im calefacto-rium treffen«, schlug Fidelma vor.

»Wunderbar. Ich werde dort sein.«

Nuntius Peregrinus drehte sich um, winkte noch einmal zurück und eilte davon. Aus einer Ecke löste sich sein schweigsamer Schatten und folgte ihm. Das war ein bewaffneter Hüter aus dem Lateran-Palast, der Peregrinus beigegeben war, um sein Ansehen als Gesandter von Papst Vitalianus zu erhöhen.

»Die Welt ist ein Dorf«, murmelte Eadulf, während sie auf die Pforte zugingen.

»Es könnte nützlich sein, dass der Nuntius sich an uns erinnert«, meinte Fidelma. »Ich habe das Gefühl, wir werden seine Hilfe noch benötigen, um mit Bischof Leodegar zurechtzukommen.«