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Zum Einverständnis neigte er ergeben den Kopf.

Fidelma zögerte noch ein wenig, gab dann aber aufseufzend nach.

»Also gut. Das mit dem Beschwerdebrief stelle ich einstweilen zurück. Wir werden die Angelegenheit erneut überdenken, wenn die Zeit gekommen ist, Rom über den Ausgang des Konzils Bericht zu erstatten. Da fällt mir ein, einer der Zeugen, die ich befragt habe, ist der Schreiber Bruder Sigeric. Er war ausgesprochen hilfreich. Ich lege Wert darauf, dass ihm kein Ungemach widerfahrt.« Bischof Leodegar kniff die Augen zusammen. »Ihm kein Ungemach widerfährt?«, fragte er vorsichtig.

Fidelma machte eine Geste, die alles und nichts bedeuten konnte. »Vielleicht habe ich mich ein wenig grob ausgedrückt. Ich wollte lediglich sagen, dass für meinen Abschlussbericht sein Wohlbefinden von Bedeutung ist.«

Sie sahen sich in die Augen, und ohne Frage verstand der Bischof, was sie gemeint hatte. Er war der Erste, der den Blick abwandte.

»Es gibt keinen Anlass zu befürchten, dass Bruder Sigeric etwas zustoßen könnte«, sagte er entschieden. »Ich werde dafür Sorge tragen.«

»Das ist gut. Damit wäre alles gesagt.«

Sie drehte sich um und wollte gehen, aber der Bischof hielt sie zurück.

»Ich bitte um einen weiteren Moment, Fidelma. Da ist noch eine andere Sache. Gräfin Beretrude hat alle Teilnehmer des Konzils zu einem Empfang in ihre Villa gebeten, nur ein kurzes Stück Fußweg von hier. Sie ist die Mutter von Graf Guntram, unserem Gaugrafen. Natürlich hätte es sich gehört, dass Guntram die ausländischen Gäste zum Empfang lädt, aber .« Er zuckte mit den Schultern. »Graf Guntram nimmt derartige Aufgaben nicht gerade ernst, und oft empfängt seine Mutter herausragende Gäste in seinem Namen. Auch du und Bruder Eadulf, ihr seid beide geladen.«

»Wir nehmen die Einladung mit Freuden an. Wann soll der Empfang sein?«

»Heute am späten Nachmittag. Ich habe alle gebeten, sich im anticum einzufinden, sowie sie die Glocke läuten hören.«

»Dann würden wir gern noch vorher mit Äbtissin Audofleda sprechen.«

Prompt setzte er eine bedauernde Miene auf.

»Zuvor müsste ich sie selbst sehen, um ihr den Vorfall zu erklären, aber vor heute Abend ist das nicht möglich, da sie sich anderen Aufgaben widmen muss. Lässt sich eure Begegnung bis morgen früh verschieben? Ich versichere, dass es dann in Ordnung geht.«

Fidelma sah ein, dass ihr nichts anderes übrigblieb, als sich mit dem Aufschub einverstanden zu erklären.

»Ich kümmere mich darum«, versprach der Bischof. »Gräfin Beretrude wird es ein Vergnügen sein, euch heute Abend willkommen zu heißen. Als sie von eurer Ankunft in Autun hörte und davon, dass ihr in Sachen Abt Dabhoc ermittelt, hat sie ausdrücklich auf eure Gegenwart Wert gelegt. Auch hat sie ihre Einladung auf alle Frauen ausgedehnt, die in Begleitung der Gesandten angereist sind. Sie ist sich wohl bewusst, dass in anderen Ländern andere Sitten herrschen, und hat äußerst liberale Vorstellungen.« »Wir werden sie nicht enttäuschen.«

Draußen vor dem Gemach des Bischofs musste Eadulf lachen. »Das war ein gekonntes Stück Diplomatie«, sagte er anerkennend.

Fidelma spielte die Sache mit einem alten Sprichwort ihres Volkes herunter: »Cain cach sai, discir cach dai.« Eadulf hatte Schwierigkeiten, es richtig zu deuten.

»Der kluge Mann ist höflich, der Tor spuckt große Töne.« »Du hältst den Bischof für einen Toren?«

»Für töricht genug, nicht zu begreifen, dass ein kluger Mensch ihn in seiner Anmaßung durchschaut. Doch das lässt mich meine bisherige Einschätzung seiner Person überdenken .«

»Inwiefern?«

»Ich hatte das Gefühl, so, wie sich der Bischof gab, machte er sich äußerst verdächtig, in die Geschichte mit verwickelt zu sein. Wenn ich es mir aber recht überlege .« »Kommt dir was anderes in den Sinn?«

»Wenn er mit drinsteckt, würde er sich anders verhalten und vermeiden, irgendeinen Verdacht zu erregen. Also ist er entweder tatsächlich ein Tor, oder er ist .«, sie suchte nach dem passenden Wort, « ... aneladnach.« »Ungehobelt? Ohne Geschick im Umgang?« Eadulf versuchte, eine lateinische Entsprechung dafür zu finden. »Oder meinst du arglos? Das wäre nicht dasselbe wie töricht.«

»Für manche Leute vielleicht nicht», entgegnete Fidelma. »Was ich damit sagen will ist, er spürt vielleicht gar nicht, dass er sich falsch verhält. Vielleicht hat das etwas mit seinem kulturellen Hintergrund zu tun.«

Eadulf krauste die Nase, denn die Sitten und Anschauungen der Franken waren denen seines Volkes nicht unähnlich.

Sie durchquerten das anticum, wo Eadulf Bruder Chilpe-ric, den Verwalter, entdeckte, der sich mit einem Möbelstück abmühte.

»Da hätten wir einen, der über Leodegars Kultur Bescheid wissen dürfte«, sagte er.

Auch Bruder Chilperic hatte sie bemerkt und sah überrascht auf. Zweifelsohne ging er davon aus, dass der Bischof sie energisch zurechtgewiesen hatte, und war nun unsicher, wie er ihnen begegnen sollte.

»Ist alles in Ordnung?«, erkundigte er sich, als sie auf ihn zukamen.

»Gibt es einen Grund, etwas anderes zu denken?«, entgegnete Fidelma unschuldig.

»Ich hatte den Eindruck, der Bischof war über irgendetwas verärgert, deshalb habe ich gefragt«, erwiderte der Verwalter, jetzt schon etwas lockerer.

»Grund zur Verärgerung hatten wir«, erklärte Eadulf.

»Wir hatten das Gefühl, dass man unseren Nachforschungen nicht den nötigen Ernst entgegenbringt.«

»Das glaube ich nicht«, beeilte sich Bruder Chilperic zu sagen. »Die Gemeinschaft ist ehrlich besorgt und erwartet nichts sehnlicher als eure Ergebnisse. Bischof Ordgar schreitet in seinem Zimmer wie ein eingesperrter Löwe rastlos auf und ab, und Abt Cadfan verfügt in mehreren Sprachen über ein erstaunliches Vokabular; ich danke Gott, dass keine Frauen da sind, die das mit anhören müssen . Da kann ich dich nur um Nachsicht bitten, Schwester«.

Fidelma lachte. »Ich kann mir Abt Cadfans Wortwahl gut vorstellen, egal in welcher Sprache. Es ist ja auch nicht leicht, unter Verdacht zu stehen und die ganze Zeit in einem einzigen Raum festgehalten zu werden. Wenn ich die Sache anders handhaben könnte, würde ich es gern tun. Aber was würde dabei herauskommen, wenn die beiden Prälaten sich frei bewegen könnten? Dass sie aufeinandertreffen, ließe sich kaum vermeiden, und nach dem, was sich vorher zwischen ihnen abgespielt hat, dürfte die Begegnung nicht gerade freundschaftlich ausfallen.«

Bruder Chilperic hing eine Weile dem Gedanken nach und nickte dann.

»Vermutlich würden sie aufeinander losgehen, und wir hätten den nächsten Toten. Bischof Ordgar ist übrigens außer sich, dass man ihm die Teilnahme an Gräfin Beret-rudes Empfang verwehrt.«

»Solange die Untersuchung nicht abgeschlossen ist, scheint es mir nicht ratsam, sie gemeinsam irgendwohin einzuladen. Und nur einen von beiden zum Empfang gehen zu lassen, würde unweigerlich den Eindruck erwecken, dass man den anderen für schuldig hält«, legte Fidelma dar. »Ist denn der Empfang von so großer Bedeutung?«

Eadulf durchschaute sofort, worauf sie aus war. Sie wollte Näheres erfahren.

»Gräfin Beretrude hält es als Mutter unseres Gaufürsten für angemessen, dass die Gäste, die sich hier versammeln, um Fragen des Glaubens zu erörtern, offiziell begrüßt werden.«

»Wird Graf Guntram bei dieser Begrüßungsfeier ebenfalls zugegen sein?«

Der Verwalter war peinlich berührt.

»Graf Guntram ist ein junger Mann, der, wie ich leider zugeben muss, seine Herrscherpflichten nicht gerade ernst nimmt. Man wird über seine Abwesenheit hinwegsehen müssen. Von den Jahren her ist er erwachsen genug, aber seine Leidenschaft gilt der Jagd, dem Wein und .« Er dämpfte seine Stimme. »Er ist leider kein guter Vertreter der Burgunden.«

»Seit wann steht Burgund unter der Herrschaft der Franken?«, wollte Eadulf wissen. »Man spürt immer noch einen gewissen Groll zwischen den Burgunden und Franken.«