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Diese Art Humor hatte Bruder Benevolentia nicht erwartet.

»Ich gebe zu, er hat das etwas direkter ausgedrückt, Bruder.« »Du kannst ihm zur Antwort geben, sie werden so viel Zeit wie nötig in Anspruch nehmen«, erwiderte Fidelma ungerührt.

Bruder Benevolentia zuckte gleichgültig mit den Schultern.

»Mir ist das ohnehin egal.«

»Wie das, Bruder?«, fragte Eadulf, den seine Bemerkung aufhorchen ließ. »Du bist schließlich sein Kämmerer.« »Bischof Ordgar hat euch doch selbst erzählt, dass sein voriger Kammerherr auf ihrer Reise nach Divio verstorben ist.

Und da ich dort gerade Dienst tat und auch etwas von deiner angelsächsischen Sprache verstand, habe ich ihn ersetzt, aber nur vorübergehend. Ich habe nicht die Absicht, ihm länger als nötig zu dienen. Ich will in meine Heimatstadt zurück, und sobald der Bischof in sein Königreich Kent zurückkehrt, gehe auch ich wieder dahin, wo ich hingehöre.«

»Vorausgesetzt, dem Bischof ist freigestellt, wieder nach Kent zurückzukehren«, erinnerte ihn Eadulf.

Bruder Benevolentia nickte. »Es sieht nicht gut für ihn aus«, meinte er. »Du glaubst also, er hat Abt Dabhoc auf-dem Gewissen?«

»Zumindest ist er einer der Verdächtigen«, mischte sich Fidelma ein, ehe Eadulf antworten konnte. »Aber noch sind wir weit davon entfernt, uns zu dem wahren Tatbestand äußern zu können.«

»Wie dem auch sei, ich habe die Botschaft, die mir Bischof Ordgar aufgetragen hat, übermittelt. Er ist ohnehin dabei, Nuntius Peregrinus zu ersuchen, ihm mehr Bewegungsfreiheit zu bewilligen und somit Abt Leodegars und eure Entscheidung zurückzunehmen.«

»Deine Offenheit in Ehren, Bruder. Stehst du gern in Bischof Ordgars Diensten?«

»Ich kann weder behaupten, dass ich ihn mag noch dass ich ihn nicht mag«, bekannte Bruder Benevolentia freimütig. »Ich bin ja erst wenige Wochen bei ihm und bleibe auch nur für die Dauer des Konzils.«

»Danach gehst du nach Divio zurück?«

»Ich war dort als Schreiber tätig, ich kenne mich in den Schriftzeichen des Griechischen und Lateinischen aus.« »Du bist noch jung. Wo hast du dir dein Wissen angeeignet?«

»Meine Familie .« Er hielt inne.

»Deine Familie?«, ermunterte ihn Fidelma.

»Meine Familie im Kloster Divio hat mich unterrichtet; schon als Junge begann meine Ausbildung dort. In der Bibliothek lehrte man mich das Kopieren.«

»Da kannst du aber von Glück sagen; die Gabe, in mehreren Sprachen zu lesen und zu schreiben, ist eine ausgezeichnete Sicherung fürs zukünftige Leben«, kommentierte Fidelma wohlwollend. »Das gilt nicht nur für die Klöster, auch viele bedeutende Familien halten sich Schreiber.«

»Das stimmt«, bestätigte Eadulf. »Wenn die Regeln von Bischof Leodegar dir nicht zusagen, finden sich bestimmt weltliche Herrscher, die derartige Fähigkeiten zu schätzen wissen.«

Bruder Benevolentia sah ihn einen Moment mit eiskalter Miene an. »Weltliche Herscher?«

»Guntram zum Beispiel könnte vielleicht einen guten Schreiber gebrauchen.«

»Guntram ist der Gaugraf hier.«

»Er ist dir demnach nicht unbekannt?«

»Natürlich nicht. Ich bin Burgunde. Seine Mutter, Gräfin Beretrude, entstammt einer adligen Burgundenfamilie. Sie gehören zum Geschlecht Gundahars, des ersten großen Königs der Burgunden. Ein jeder in Burgund kennt die Familie.«

»Dann ist Gräfin Beretrude eine mächtige und einflussreiche Dame?«

»Sie ist ihrem Volk gegenüber großherzig und wohltätig«, erwiderte Bruder Benevolentia lebhaft. »Zumindest nach dem, was ich über sie gehört habe.«

»Ist dir auch mehr über Gaugraf Guntram, ihren Sohn, bekannt?«

»Er ist nicht so großartig wie ...«

»Wie seine Mutter?«, half Eadulf ihm.

»Genau das wollte ich sagen.«

»Es heißt ja oft, Kinder müssen im Schatten ihrer Eltern wandeln«, merkte Eadulf an.

Bruder Benevolentia konnte sich eines Lächelns nicht erwehren, aber launig war es nicht. »Ebenso gut könnte es heißen, jeder große Mann überschattet seine Eltern.« »Dem ist nichts entgegenzusetzen.«

»Wenn ihr mich jetzt entschuldigen wollt, es warten noch andere Pflichten auf mich.« Der junge Mann neigte kurz den Kopf und eile davon.

Sie schauten ihm nach. »Das Schlimme an der Sache ist, dass er recht hat«, meinte Eadulf.

»Recht hat? Womit?«

»Wir können nicht darauf bestehen, dass Bischof Ordgar oder auch Abt Cadfan auf Dauer festgehalten werden.« »Wir halten sie nicht auf Dauer fest, nur so lange, bis wir zu einem Ergebnis gekommen sind.«

»Aber wie lange wird uns das möglich sein?«

»Wir sollten Nuntius Peregrinus aufsuchen. Wenn Ordgar bei ihm vorstellig wird, ist es besser, wir sorgen dafür, dass sein Bittgesuch zu Zugeständnissen führt, die in unserem Sinne sind.«

Schon wandte sie sich zum Gehen, und Eadulf folgte ihr leicht verwirrt. Als er wieder neben ihr ging, sagte er: »Eine Sache wundert mich, nämlich die, dass Bruder Chilperic mit Schwester Radegund verheiratet war. Sie sieht älter aus als er, und eine Schönheit ist sie auch nicht gerade.«

Fidelma bedachte ihn mit einem vorwurfsvollen Blick.

»Du vergisst, sua cuique voluptas - jeder hat seine eigenen Vorlieben.«

Sie fanden den Nuntius im calefactorium. Als Fidelma auf ihn zustrebte, erhob er sich.

»Ich benötige deine Hilfe«, begann sie ohne weitere Vorrede.

Er machte eine einladende Handbewegung. »Du brauchst dich nur zu äußern.«

»Hast du schon mit Bischof Ordgar gesprochen?«

»Das wollte ich gerade tun, da ich hörte, dass er mich zu sehen wünschte.«

»Wie du weißt, hielt ich es ursprünglich für ratsam, Bischof Ordgar und Abt Cadfan nicht zu gestatten, ihre Zimmer zu verlassen, solange wir nicht mit unseren Untersuchungen zu Ende gekommen sind. Bischof Leodegar hatte sich mit einer solchen Vorgehensweise einverstanden erklärt.«

»Eine weise Vorsichtsmaßnahme«, stimmte ihr der Nuntius zu.

»Es bleibt jedoch noch eine Menge zu tun, und ich bin nicht sicher, wann wir mit Ergebnissen aufwarten können.«

»Und das bedeutet?«

»Bischof Ordgar will dich dazu bewegen, unsere Festlegung aufzuheben. Ich bin mir der Stellungen, die Ordgar und Cadfan innehaben, bewusst. Wenn beide ihr Ehrenwort geben, sich voneinander fernzuhalten, bis die Sache geklärt ist, könnte man sie freilassen.«

»Und wenn sie darauf eingehen?«

»Sie müssten dir ihr Wort geben, und du als oberster Beauftragter der Kirche erzwingst, dass sie es halten.«

»Ich werde es ihnen vorschlagen, und wenn sie einverstanden sind, müssen sie auf das heilige Kreuz einen Eid schwören«, erklärte der Nuntius nach kurzem Nachdenken.

»Großartig. Dann sind ihre Beschwerden aus dem Wege geräumt, und wir können unseren Nachforschungen nachgehen, ohne von ihnen behelligt zu werden.«

»Ist ihnen damit gestattet, zu Gräfin Beretrudes Empfang für die Gesandten zum Konzil zu gehen oder nicht?« Fidelma schüttelte den Kopf. »Solange die Ermittlungen nicht zum Abschluss gebracht sind, müssen sie sich innerhalb der Klostermauern aufhalten.«

»Fürchtest du, dass der Schuldige von beiden einen Fluchtversuch unternehmen könnte? Willst du ihnen deshalb nur eine gewisse Bewegungsfreiheit geben?«, fragte der Nuntius.

»Nein. Ich hatte mich im Interesse ihrer eigenen Sicherheit dafür entschieden, sie auf ihren Zimmern zu belassen. Mache für ihre Bewegungsfreiheit bitte auch zur Bedingung, dass sie stets in Begleitung ihrer Kämmerer sind.«

Dann fügte sie zu Eadulfs Erstaunen in aller Ruhe hinzu: »Der eine wie der andere könnte das nächste Opfer sein.«

KAPITEL 13

Die Villa von Gräfin Beretrude war größer, als sie sich Fidelma bei ihrem ersten Blick auf den Eingang am Benignus-Platz vorgestellt hatte. Hatte man die von Kriegern bewachten Portale passiert, war man von der Ausdehnung der Villa und der Gartenanlagen überwältigt. Das kleinere Haus am Eingang war nur das für die Torhüter. Zu beiden Seiten der Holztore stand eine Säule aus Stein, auf der jeweils der rätselhafte Buchstabe »X«, von einem Kreis umschlossen, eingemeißelt war. Sicher hatte dieses Zeichen etwas zu bedeuten. Hinter den Toren eröffnete sich ein duftender Blumengarten mit einem Springbrunnen in der Mitte. An einen derartigen Anblick waren sie bereits gewöhnt - in Autun gab es einige Springbrunnen. Dieser hier erinnerte Fidelma an einen ähnlichen in Rom. Er war aus Marmor und wurde von kleinen pausbäckigen, Wasser speienden Putten mit Pfeil und Bogen geziert.