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Es war ein warmer Nachmittag, wenngleich die Sonne bereits tiefer, gerade noch über den Häusern stand, so dass ihre Strahlen auf das Weiß der Wände die verschiedensten Schattierungen von Rosa zauberten. Der Blumenduft, dazu die Wärme ließen einem fast die Sinne schwinden. Fidelma machte den aromatischen Geruch von Rosmarin aus. Sie war dieser ungewöhnlichen Pflanze erstmals in Rom begegnet und hatte sich damals erkundigt, wie sie hieß - nadelähnliche Blättchen und lila, rosa oder hellblaue Blüten an oft verholzten Zweigen. Man hatte ihr erläutert, sie hieße »Meerestau« - rosmarinus, und später hatte sie erfahren, dass Apotheker sie benutzten, um Gedächtnisstörungen entgegenzuwirken.

Die Gesandten zum Konzil, Äbte und Bischöfe, standen mit ernsten Gesichtern in kleineren Gruppen um den Springbrunnen herum. Das Plätschern des Wassers wirkte an sich beruhigend, konnte aber bei den Versammelten nichts ausrichten. Ein paar von den Ehefrauen der Geistlichen hatten ihre Männer hierher begleitet, aber auch sie bewegten sich verunsichert und gehemmt. Fast mochte man glauben, die Regel von Bischof Leodegar hätte allen die natürliche Gelassenheit und ein ungezwungenes Verhalten zueinander genommen; auf den Paaren lastete das Wissen, dass sie als Eheleute nicht gern gesehen und hier nur geduldet waren. Nach Fidelmas Empfinden trachteten die Frauen danach, möglichst wenig aufzufallen, und verzogen sich in Gartenecken, wo sie glaubten, nicht weiter beachtet zu werden.

Fidelma bemerkte die hoffnungsvollen Blicke, mit denen sie und Eadulf empfangen wurden. Es hatte den Anschein, als spürten alle, sie seien nur notgedrungen geladene Gäste und bedurften einer Person, die in dieser Schar die Führung übernahm. Fidelma sah in dem Empfang eine geeignete Gelegenheit, auf ihre Herkunft und Stellung hinzuweisen. Sie hatte Eadulf darauf vorbereitet, dass sie den Anlass nutzen würde, ihren Rang und Namen für jedermann deutlich zu machen. Es war das dritte Mal, seit sie sich kannten, dass Eadulf erlebte, dass sie ihr schlichtes und praktisches Habit gegen eine üppige Festtracht vertauscht hatte.

Sie hatte sich für ein Kleid aus tiefblauem Satin entschieden. Der Stoff war mit Goldfäden durchwirkt, die ein kompliziertes Muster ergaben. Bis zur Taille lag das Kleid eng an; der weitschwingende Rock reichte bis an die Knöchel. Die Ärmel waren im Stil des sogenannten lam-fhossgehalten: am Oberarm eng anliegend, unterhalb des Ellbogens üppig weit bis zu den Handgelenken, dem Schnitt des Rocks angeglichen. Darüber trug sie ein enges, ärmelloses Oberteil, das in Taillenhöhe abschloss. Um die Schultern hatte sie einen kurzen Umhang geworfen, der als Kontrast zu dem blauen Kleid aus rotem Satin und mit Dachsfell abgesetzt war. Der Umhang wurde an der linken Schulter von einer Brosche aus Silber und Halbedelsteinen zusammengehalten. Ihre Sandalen waren mit bunten Glasperlen verziert.

Passend zu den Sandalen tauchten die gleichen Schmuckelemente wieder an den Armbändern auf, während ihren Hals ein einfacher Goldreif zierte, der nicht nur ihre Zugehörigkeit zum Königshaus verriet, sondern sie auch als Mitglied der Leibgarde Nasc Niadh von Muman auswies. Auf dem fuchsroten Haar saß ein Silberkranz, in den über der Stirn drei Halbedelsteine eingelegt waren, zwei Smaragde aus dem Land der Corco Duibhne und ein feuerroter Stein. Es waren die gleichen Steine wie auf der Brosche an ihrem Umhang. Der Kopfschmuck diente dazu, ein seidenes Tuch festzuhalten, das das Haar bedeckte, das Gesicht aber frei ließ. Eine solche Kopfbedeckung nannte man conniul, und sie gab Auskunft über den Familienstand. Es war Vorschrift, dass Frauen, die verheiratet waren, auch Nonnen, eine Kopfbedeckung trugen.

Eadulf hatte eine wollene, handgewebte Robe angelegt, dazu - gewissermaßen als Zugeständnis an Fidelma - den goldenen Halsreifen der Nasc Niadh, den König Colgü, der Bruder Fidelmas, ihm als Anerkennung für das Dingfestmachen der Mörder des Hochkönigs im Winter zuvor feierlich überreicht hatte.

Selbst Abt Segdae hatte ihnen wohlgefällig zugelächelt, als er und die anderen Gesandten aus Hibernia sie im anticum der Abtei begrüßten. Sie waren gemeinsam zum Platz des heiligen Benignus gegangen, wohin ihnen ein Mitglied der Bruderschaft den Weg wies. Am Tor des Hauses hatten Krieger sie sorgfältig gemustert. Fidelma fiel auf, dass sie in der Art der römischen Legionäre aus alten Zeiten gekleidet und auch mit ebensolchen Rüstungen und Waffen ausgestattet waren. Sie waren eindeutig Berufssöldner und gehörten zu Gräfin Beretrudes Schutzgarde.

Im Garten hatten sich verschiedene Gruppen gebildet. Auch Vertreter anderer Länder, die weder Fidelma noch Eadulf einordnen konnten, waren anwesend. Hier und da erkannte man sich, und Höflichkeiten wurden ausgetauscht. Nuntius Peregrinus, der päpstliche Gesandte, kam sofort auf sie zu, begrüßte sie und bemerkte Fidelmas forschenden Blick in die Runde.

»Sie sind nicht hier. Deinem Vorschlag folgend, habe ich Ordgar und Cadfan bedeutet, dass es nicht angebracht wäre, sich hier sehen zu lassen, solange eure Untersuchungen nicht abgeschlossen sind. Ich habe ihnen auch unterbreitet, dass man sie unter gewissen Einschränkungen freilassen könnte; darauf sind sie zähneknirschend eingegangen, wobei es ihnen am wenigsten passt, dass sie sich außerhalb ihrer Zimmer nur in Begleitung ihrer Kammerherrn bewegen dürfen. Folglich sind ihre Bediensteten ebenfalls in der Abtei geblieben.«

Fidelma nickte, war aber mit den Gedanken woanders. »Ich vermisse Äbtissin Audofleda, auch sonst scheint niemand aus der Schwesternschaft anwesend zu sein.«

»Äbtissin Audofleda ist nicht geladen; und es ist niemand aus ihrer Gemeinschaft hier. Von der Abtei sind nur der Bischof und ein oder zwei Mönche gekommen. Der Empfang gilt den Gesandten zum Konzil und denen, die in ihrer Begleitung sind.«

»Das heißt ihren Frauen, Ratgebern und Ratgeberinnen.«

Sehr erbaut war der Nuntius ob der Bemerkung nicht, nickte aber. Dann wandte er sich anderen Gästen zu. Inzwischen gingen einfach gekleidete Männer und Frauen mit Tabletts umher, auf denen Becher mit Wein und Schalen mit Brot und Oliven standen. Erst als Fidelma sich von dem Dargereichten bediente, sah sie, dass die Frau, die das Tablett hielt, einen Halskragen aus Eisen trug. Auch alle anderen Bediensteten trugen so ein Halseisen. Sie zog Eadulf zur Seite.

»Die Ärmsten, sie sind Sklaven.«

Eadulf sah es weniger tragisch. »Denk mal dran, was Bruder Budnouen zitiert hat. >Was hast du in der Wüste erwartet ... einen Mann in feinen Kleidern?<«

»Ein Zitat, das immer wieder strapaziert wird, um Dinge, die man in anderen Ländern schrecklich findet, zu entschuldigen. Mit Lehrstücken aus der Heiligen Schrift brauchst du mir nicht zu kommen«, erwiderte sie verärgert. »Du kennst meine Ansichten. Diese armen Menschen, Männer wie Frauen, mit eisernem Halskragen herumlaufen zu lassen, steht einer ehrbaren Frau, die dem Glauben dient, schlecht an. Selbst in Rom misshandelt man Bedienstete nicht in dieser Art und Weise. Hieß es nicht, Gräfin Beretrude sei für ihre Herzensgüte bekannt?« Eadulf wusste, dass das Halten von Sklaven bei den meisten Völkern, mit denen er in Berührung gekommen war, nichts Ungewöhnliches war, doch Zeit und Ort verboten ein Streitgespräch zu diesem Thema.