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»Weil Bruder Andica für sie gearbeitet hat. Er sollte einiges an der Villa machen. Ich glaube nicht, dass er damit schon fertig war. Er hatte in den vergangenen zwei Wochen überwiegend bei ihr zu tun.«

Fidelma nahm die Auskunft zur Kenntnis, sagte, wie sehr sie den Tod des Steinmetzen bedauere, und erkundigte sich dann: »Weißt du zufällig, wo ich Bruder Budnouen, den Gallier, finden könnte?«

Bruder Chilperic blickte sich zerstreut um. »Ich glaube, du hast ihn gerade verpasst. Eben war er noch mit seinem Wagen auf dem Vorplatz. Was möchtest du ... ?«

Er kam nicht weiter, denn Fidelma war schon durch die großen Tore auf den Vorplatz entschwunden. Und tatsächlich fand sie dort Bruder Budnouen, der gerade das Geschirr an seinen Mauleseln festzurrte. Wie immer lächelte er ihr freundlich entgegen.

»Siehst aus, als hättest du es eilig, Schwester Fidelma.« Ein wenig außer Atem, blieb sie stehen. »Bist du schon bei Gaugraf Guntram auf der Burg gewesen? Du sagtest neulich, du müsstest dorthin, hättest ein paar Geschäfte abzuwickeln.« »Um Graf Guntram geht es? Ich dachte eher, ich sollte euch beide nach Nebirnum mit zurücknehmen. Verdenken könnte ich es euch nicht bei all dem, was an diesem gespenstischen Ort hier passiert.«

»Sag schon, bist du bereits dort gewesen?«, wiederholte sie ungeduldig.

Er schüttelte den Kopf. »Morgen fahre ich zu ihm, gleich nach Tagesanbruch. Wieso?«

»Ist das weit von hier?«

»Keineswegs. Vielleicht sechs oder sieben Meilen in südwestlicher Richtung.«

»Könntest du uns mitnehmen? Könntest du Eadulf und mich dorthinschaffen und wieder hierher zurückbringen?« Es war ihm anzusehen, dass er sie für verrückt hielt. »Ich habe nie etwas dagegen, wenn mich jemand begleitet. Unmittelbar nach Sonnenaufgang geht’s los, und lange aufhalten will ich mich dort auch nicht. Ich will nur meine Waren abliefern und mein Geld bekommen. Ich möchte noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder hier sein.«

»Das passt uns gut. Wo sollen wir morgen früh sein?« »Einfach hier auf dem Platz.«

»Dann also bis morgen bei Sonnenaufgang.« Fidelma war jetzt entschieden wohler zumute. Sie wollte unbedingt wissen, ob sich Graf Guntram an irgendwelche Geschehnisse der Mordnacht erinnerte. Zudem war er Gräfin Beretrudes Sohn.

KAPITEL 17

Nach den Ereignissen der vorangegangenen Tage war es eine angenehme Abwechslung, mit Bruder Budnouen in seinem Gefährt zu sitzen, seinem harmlosen Gerede zuzuhören und Autun hinter sich zu lassen. Sie hatten schönes Wetter, am blauen Himmel standen fast unbeweglich ein paar aufgeplusterte weiße Wölkchen, ein Zeichen dafür, dass es völlig windstill war. Bruder Budnouen lenkte sein Maultiergespann durch die Landschaft, vorbei an grünen Wiesen, auf denen Kühe und Schafe weideten. Ein dunkler Waldessaum vor ihnen zog sich wie in einem Bogen nach Ost und West.

Weit waren sie von den Stadtmauern noch nicht entfernt, als sie vor sich am Wegesrand eine Steinhütte und eine Schmiede entdeckten. Aus dem Schornstein stieg Rauch, und sie hörten den hallenden Schlag von Eisen auf Eisen. Dann sahen sie einen Mann, der auf seinem Amboss eine glühende Stange bearbeitete, während sich ein kleiner Junge am Feuer mit dem Blasebalg plagte. Als sie auf gleicher Höhe waren, hob Bruder Budnouen die Hand zum Gruß.

»Einen wunderschönen guten Tag, Clodomar«, rief er.

Der Schmied legte das glühende Stück Eisen im Feuer ab und ließ den Hammer ruhen.

»Du bist lange nicht hier gewesen, Bruder Budnouen, es ist Monate her. Wie wär’s mit einer kleinen Pause? Wir könnten bei einem Becher Wein austauschen, was es Neues gibt.«

»Ich bin unterwegs zu Graf Guntram. Nachher auf dem Rückweg schau ich vielleicht vorbei.«

Der Schmied war es zufrieden und nickte ihm zu.

»Das war Clodomar. Alle in seiner Familie sind Schmiede. Sein Bruder hat eine Schmiede in der Stadt.« Er wies mit dem Daumen nach hinten, wo Autun lag. »Clodomar hat gut daran getan, sich mit seiner Werkstatt hier niederzulassen. Viele Bauern meiden den von Mauern umgebenen Ort und lassen nur ungern ihre Arbeiten dort erledigen.«

Sie näherten sich dem Wald. Schon bald schlossen sich die Baumwipfel über ihnen zu einem Dach. Der Wechsel vom hellen Tageslicht in das feuchtkühle Dunkel war beklemmend.

»Klein scheint der Wald nicht gerade zu sein. Wie weit zieht er sich hin?«, fragte Eadulf, der immer ein waches Auge für seine Umgebung hatte.

»Von hier aus kannst du viele Tage reiten, egal ob nach Süden, Osten oder Westen. Natürlich gibt es auch etliche große Lichtungen. Graf Guntram zum Beispiel hat seine Burg an einem Taleinschnitt. Auf den Hügeln dort hat man alle Bäume gefällt, weil man sie zum Bau der Anlage brauchte.«

»Wie weit ist es noch bis dorthin?«, erkundigte sich Fidelma.

»An die drei Meilen, eine schnurgerade Strecke. Ich bin sie oft abgefahren.«

»Demnach kennst du Graf Guntram gut?«

Bruder Budnouen lachte. »>Gut< würde ich nicht gerade sagen. Ein Mann wie ich, der niedere Arbeiten verrichtet und nur Handelsware ausfährt, kommt wohl kaum in die Verlegenheit, einen so mächtigen Herrn wie Guntram aus dem Geschlecht der burgundischen Könige kennenzulernen.«

»Ich gewinne den Eindruck, dass viele hier darauf pochen, Nachfahren der Burgundenkönige zu sein«, stellte Fidelma trocken fest. »Hast du eine Ahnung, was für ein Mensch Guntram ist? Uns wurden Geschichten von seiner Unreife und seinem Hang zum Trinken zugetragen.« »Über seine Ausschweifungen spricht man in ganz Burgund hinter vorgehaltener Hand. Er ist ein junger Mann, der über die Maßen trinkt, es mit Frauen treibt und leidenschaftlich gern auf die Jagd geht. Für alles andere hat er wenig übrig.«

»Dann muss er für Gräfin Beretrude eine Enttäuschung sein«, meinte Fidelma.

»Ist er auch.«

»Kümmert er sich um Fragen des Glaubens und um das, was sich in dieser Hinsicht in Autun abspielt?«

Bruder Budnouen grinste. »Religion ist für ihn nicht mehr als das, was für andere ein Mantel ist - man kann in ihn hineinschlüpfen und es genauso gut lassen, je nachdem.« »Er hat sich aber vor einer Woche in der Abtei aufgehalten«, gab Fidelma zu bedenken.

»Soviel ich weiß, ist Bischof Leodegar irgendwie mit ihm verwandt«, erklärte Budnouen.

»Irgendwie verwandt? Ich dachte, Leodegar wäre Franke.«

»Das stimmt schon. Leodegars Vater hieß Bobilo, bekleidete ein hohes Amt am Hof von König Chlothar .« »König Chlothar? Der Frankenkönig ist doch aber ein junger Mann«, unterbrach ihn Eadulf. »Nun verstehe ich gar nichts mehr.«

»Ich rede von dem zweiten König mit ebendem Namen, der die Franken vor etwa vierzig Jahren regiert hat. Der gegenwärtige König Chlothar ist der dritte, der diesen Namen trägt. Es heißt, Bobilo, Leodegars Vater, hätte eine junge burgundische Cousine gehabt, nämlich Gräfin Be-retrude. Ehrlich gesagt, mit dem genauen Verwandtschaftsgrad kenne ich mich nicht so aus. Ich gebe nur weiter, was man sich erzählt. Leodegars Eltern, Bobi-lo und seine Frau Sigrada, waren von Rang und Würden. Leodegar hat also enge Bande zu den herrschenden Familien, sowohl zu den Franken als auch zu den Burgunden. Das erklärt, weshalb er, bevor er mit dem Bischofsamt hier betraut wurde, am Hof der Königin Bathilde war, der Mutter des gegenwärtigen Königs Chlothar.«

»Dann ergibt sich das Machtgehabe, das Bischof Leode-gar an den Tag legt, aus seinen königlichen Verbindungen«, überlegte Eadulf und fügte, nur für Fidelmas Ohren bestimmt, leise hinzu: »Wir sollten auf der Hut zu sein.« »Das sind wir immer, Eadulf.« Schon stellte sie Bruder Budnouen die nächste Frage. »Würdest du sagen, Guntram und seine Mutter haben zu Leodegar ein gutes Verhältnis?«