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Die drei Krieger kehrten mit dem Leichnam von Bruder Budnouen zurück. Wie Fidelma vermutet hatte, war er tot. Betroffen blickte Chlothar auf den Toten. »Wenn ich irgendetwas tun kann«, begann er, »vielleicht jemanden benachrichtigen .«

»Wir haben ihn selbst kaum gekannt«, erklärte Fidelma. »Auf unserer Reise hierher hat er uns von Nebirnum nach Autun gebracht und jetzt von Autun zu Graf Guntram. Ich denke, wir sollten alles Weitere Bischof Leodegar überlassen, der weiß sicher mehr über Budnouen und seine Familie.«

Der junge König gab sich damit zufrieden und hieß die Krieger, die Leiche hinten in das Gefährt zu legen. Sich wieder Fidelma und Eadulf zuwendend, fragte er: »Wir gedachten, für heute Nacht Guntrams Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen, ehe wir uns dann in die Stadt aufmachen. Hältst du das für einen vernünftigen Gedanken?« Sie wollte etwas sagen, doch das Dröhnen vieler Hufe hielt sie davon ab. Der Haupttross der Krieger näherte sich ihnen, geführt von einem älteren Mann. Er rief irgendetwas. Chlothar übersetzte es ihnen: »Sie haben alle getötet.«

»Alle sind tot? Keiner, der lebt? Schade!«, entfuhr es Fidelma.

Fassungslos starrte sie der Anführer an. »Dir tut es leid, dass die Räuber tot sind?«, schnauzte er auf lateinisch.

»Du hast Mitleid mit denen, die unseren König umbringen wollten? Weißt du überhaupt, in wessen Gesellschaft du dich befindest, Frau?«

»Ich bedauere es nur deswegen, weil wir von Toten nichts mehr erfahren können«, erwiderte sie ungerührt.

Chlothar blickte den erzürnten Krieger an. »Sie hat guten Grund, so etwas zu sagen, Ebroin. Du musst wissen, sie ist Fidelma, Schwester des Königs Colgü von Cashel. Sie ist die berühmte Anwältin aus Hibernia. Fidelma, das hier ist Ebroin, mein Ratgeber und Kanzler. Ach ja, und das ist Bruder Eadulf, von dem du im Zusammenhang mit den von Fidelma vollbrachten Taten vielleicht auch gehört hast.«

Ebroin war sogleich milder gestimmt.

»Verzeih, Prinzessin Fidelma. Trotzdem, ich verstehe nicht, was du damit sagen wolltest. Wie kann man von Räubern und Wegelagerern etwas Brauchbares erfahren?« »Sie vermutet in ihnen vielleicht gar keine Räuber, sondern hält sie für erfahrene Krieger«, antwortete Chlothar für sie. »Stimmt’s?«

Ebroin betrachtete Fidelma skeptisch. »Ich gebe zu, sie waren gut bewaffnet und haben sich wie geübte Krieger verteidigt«, meinte er, »aber nichts deutet darauf hin, dass sie nicht auch Räuber waren. Viele ehemalige Krieger werden zu Räubern und Wegelagerern. Meine Leute durchsuchen jetzt die Leichen, um vielleicht etwas zu finden, das Aufschluss über sie gibt.«

»Kann das, was wir eben erlebt haben, mit den Geschehnissen in der Abtei zusammenhängen?«, fragte Chlothar. »Vielleicht finden wir ein Plätzchen, Sire, wo es sich bequemer ausruhen lässt und wir die nächsten Schritte beraten können«, schlug Fidelma vor.

»Ein Stückchen weg von hier gibt es eine Waldhüterhütte, die würde sich anbieten«, erinnerte sich Chlothar.

»Ganz wie du meinst, Majestät«, sagte Ebroin beflissen und befahl einigen seiner Krieger, vorauszureiten und die Hütte abzusichern, während die anderen sich um den König und die Fremden im Kreis gruppieren sollten.

»Komm, Fidelma, wir reiten zusammen!«, rief der junge König. Er bedeutete zweien seiner Männer, abzusitzen und ihre Pferde ihm und Fidelma zu überlassen. Sie sollten sich um Bruder Budnouens Fuhrwerk kümmern, in das man mit gebührender Sorgfalt den Leichnam gelegt hatte. »Eins muss ich wissen, Fidelma von Cashel, sind es wahre Geschichten, die deine Landsleute voller Stolz von dir berichten?«

Er überfiel sie mit einem Feuerwerk von Fragen, was ihr wenig behagte.

Im Wagen hinter ihnen saß Eadulf und war verstimmt.

Von Anfang an hatte man ihn so gut wie gar nicht beachtet. Schweigend nahm er es hin. Im Vergleich zu Fidelma als Schwester eines Königs spielten sein Rang und Name in den Augen Chlothars eine geringfügige Rolle. Auch fiel ihm auf, dass Ebroin, der Ratgeber des jungen Königs von Neustrien, der hinter den beiden ritt, stumm und argwöhnisch blieb.

Nicht lange, und sie erreichten die Hütte, wo ein hell loderndes Feuer brannte und der Waldhüter und seine Frau sie gastfreundlich empfingen.

Feuer und warmes Bier machten das Erzählen leicht. Fidelma berichtete kurz, was in Autun geschehen war. Dabei beschränkte sie sich auf die Tatsachen und behielt ihre Verdachtsmomente für sich.

»Glaubst du, unser König ist in Gefahr?« Ebroin hatte sich zu Fidelma vorgebeugt und sah sie eindringlich an. »Ich habe Bischof Leodegar nie gemocht. Als er noch am Hofe war, hatte er engen Kontakt zu Chlothars Mutter - geheuer war mir das nicht.«

»Wer die treibende Kraft bei all dem ist, kann ich noch nicht mit Sicherheit sagen«, gab sie zur Antwort. »Leodegar leitet die Abtei mit Strenge und nach unverrückbaren Auffassungen. Ich muss erst noch einige weitere Nachforschungen anstellen.«

»Pah! Ein paar Minuten mit einem meiner Männer und eine scharfe Klinge, sollst mal sehen, wie schnell wir aus jedem x-beliebigen die Wahrheit herausgekitzelt haben. Leodegar traue ich nicht über den Weg«, entgegnete Ebroin.

Seine Sichtweise der Dinge erschreckte Fidelma. »Ich weiß nicht, wie ihr es hier handhabt, Ebroin, aber in dem Land, aus dem ich komme, stellen wir in Ruhe Ermittlungen an, und erst, wenn genügend Beweise vorliegen, kommt es zur Anklage. Dabei wird den Angeklagten die Möglichkeit gewährt, sich zu verteidigen. Durch Folter oder Einschüchterung erzwungene Geständnisse sind keine wirklichen Geständnisse, sie sind lediglich ein Hilfeschrei, dem Schmerz ein Ende zu setzen.« »Da ist etwas Wahres dran, Fidelma«, sagte Chlothar mit besorgter Miene, »wenn es aber in Autun so gefährlich ist ...« »Weißt du, ob der Nuntius von Rom noch dort weilt?«, fragte Ebroin. Als Fidelma nickte, sagte Ebroin zu Chlothar: »Rom erwartet, dass du dich in Autun sehen lässt, Majestät. Du sollst die auf dem Konzil getroffenen Entscheidungen billigen, und als Gegenleistung will der Heilige Vater dich als Imperator aller Franken bestätigen.«

»Aber wie finden wir heraus, ob von Leodegar Gefahr ausgeht?«, fragte der junge König.

»Was heißt hier >ob<?«, brummte Ebroin. »Ich hab noch gut vor Augen, wie dein Vater Chlodwig starb und deine Mutter Bathilde sich plötzlich gezwungen sah, die Regentschaft zu übernehmen. Suchte sie da nicht bei Leodegar Rat, weil der dank der Stellung seiner Eltern am königlichen Hof aufgewachsen war? Er gierte schon damals nach Macht. Hat vielleicht zu viel davon besessen und kann nicht mehr davon lassen.« »Immerhin hat er eine wesentliche Rolle bei meiner Erziehung und der meiner Brüder gespielt«, hob Chlothar hervor. »In einen unseligen Krieg gegen die Langobarden haben wir uns von ihm treiben lassen. Und was hatten wir davon? Unser Heer erlitt eine Niederlage. Grimoald von Benevent hat uns geschlagen«, ereiferte sich Ebroin. »Unseren Waffen Schmach bereitet! Und jetzt haben wir zu tun, unsere Grenzen gegen die raubgierigen Langobarden zu verteidigen.«

»Deshalb hat ihn meine Mutter ja auch nicht länger am Hof behalten.«

»Ach was! Dafür ist er Bischof von Autun geworden. Und nun braut sich in Autun das nächste Unheil zusammen.« Fidelma räusperte sich hörbar, weil sie ins Gespräch eingreifen wollte, aber ehe sie dazu kam, tauchte einer der Krieger auf. Er hielt etwas in der Hand.

»Das ist das einzig Auffällige, was wir bei einem der toten Räuber gefunden haben, Majestät.« Er hielt ihm den Fund hin. Es war so etwas wie ein Symbol - ein Bronzekreis mit einem gezackten Schrägkreuz in der Mitte.

»Irgendwo habe ich das Zeichen schon mal gesehen«, sagte Fidelma. »Was bedeutet es?«

Ebroin warf einen Blick darauf und zuckte gleichgültig mit den Schultern.

»Nichts Besonderes, für uns jedenfalls nicht. Es ist das Kreuz von Benignus, die Burgunden lieben es. Du wirst es hier vielerorts finden.«

»Ist es ein burgundisches Symbol?«