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»Was meine Entscheidung verzögert, Bischof Leodegar von Autun? Es ist in der Abtei zu mehreren Todesfällen gekommen, und auch auf unser Leben wurden Anschläge verübt. Das verzögert die Sache.«

»Mehrere Todesfälle?«, schnaubte der Bischof. »Welche meinst du, den Tod des hibernischen Mönchs Gillucan, den Tod von Bruder Andica und jetzt den des gallischen Bruders Budnouen? Was sollten die mit dem Mord an Abt Dabhoc zu tun haben? Der Mönch aus Hibernia wurde getötet und ausgeraubt, nachdem er die Abtei verlassen hatte. Bruder Andica, der Steinmetz, ist bei einem Unfall ums Leben gekommen. Und du hast eben selbst gesagt, Bruder Budnouen hätten Räuber getötet. Und der Anschlag auf euer Leben . Du willst doch nicht behaupten, man hätte die Statue vorsätzlich auf euch gestürzt? Auch das war ein Unfall. Zudem habt ihr euch an einem Ort aufgehalten, den zu betreten ich selbst den Brüdern verboten habe, weil das alte Mauerwerk seine Gefahren birgt. Mit dem Mord an Abt Dabhoc hat das alles nichts zu tun. Du suchst nur Ausflüchte.«

Sie sah ihn mit grimmiger Entschlossenheit, an. »Du weißt offensichtlich besser Bescheid als ich. Bitteschön, wenn es so ist, dann fälle du dein Urteil - ich wasche meine Hände in Unschuld. Ich werde Nuntius Peregrinus davon in Kenntnis setzen, dass du es vorziehst, selbst die Entscheidung zu treffen.«

Bischof Leodegar presste die Lippen zusammen und rang mit sich. »Ich brauche deine Entscheidung«, wiederholte er.

»Ich lasse mich nicht treiben; ein Urteil fälle ich erst, wenn ich alle Fakten beieinander und sie gründlich beleuchtet habe«, entgegnete sie. Obgleich sie nach außen hartnäckig blieb, musste sie damit rechnen, dass der Bischof auf weitere Untersuchungen verzichtete und sie und Eadulf anwies, ihre Arbeit zu beenden.

»Ich schlage dir einen Kompromiss vor«, räumte er verärgert ein. »Das ist das Äußerste, wozu ich bereit bin. In zwei Tagen begehen wir den Festtag des heiligen Martial von Augustoritum, der den Lemovicen den christlichen Glauben brachte. Wenn du bis dahin die Angelegenheit nicht geklärt hast, trage ich meine Meinung zu dem Fall vor und führe damit die Entscheidung herbei. Wir müssen endlich im Sinne Roms weiterarbeiten können.«

Fidelma sah ihm in die dunklen Augen und spürte, mehr war hier nicht zu erreichen.

»Also gut, in zwei Tagen.« Eadulf murmelte sie zu: »Lass uns keine weitere Zeit hier verschwenden.« Ohne einen Gruß des Abschieds drehte sie sich um und verließ mit Eadulf den Raum.

Draußen mahnte er vorsichtig: »Würde man mit ein wenig Diplomatie nicht mehr erreichen?«

Die Falten auf ihrer Stirn glätteten sich. »Glaubst du im Ernst, bei einem Mann wie Bischof Leodegar könnte diplomatisches Vorgehen etwas bewirken? Mach einen Vorschlag, ich befolge ihn gern«, versuchte sie zu scherzen. »Im Übrigen dürfen wir uns nicht irremachen lassen und davon ausgehen, er hätte mit den Vorgängen hier absolut nichts zu tun. Er scheint ein guter Freund von Beretrude zu sein und von Äbtissin Audofleda nicht minder - und die beiden stecken bestimmt mit drin.«

»Befürchtest du tatsächlich, man hat sich hier verschworen, Chlothar umzubringen, wenn er nach Autun kommt? Ich sehe da keinerlei Verbindung. Und wie deutest du das Verschwinden von Valretrade und all den ehemals verheirateten Nonnen mit ihren Kindern aus dem domus feminarum?«

»Die hat man entführt, um sie als Sklaven zu verkaufen.« Einen ähnlichen Verdacht hatte Eadulf auch schon gehabt, ihn aber von sich geschoben. »Mit dem Einverständnis der

Äbtissin und der anderen?« Im Unterton schwang Entrüstung mit. Als Fidelma schwieg, fuhr er fort: »Aber was soll das mit dem Mord an Abt Dabhoc zu tun haben?« »Mir fehlt es an Beweisen, um meinen Verdacht zu erhärten.«

»Du glaubst zu wissen, wer der Schuldige ist?«

»Ich habe einen Verdacht. Das ist noch lange nicht dasselbe, wie etwas zu wissen. Ich brauche den Beweis.« »Uns bleibt aber kaum Zeit.«

Sie gingen nebeneinander, und Fidelma lenkte ihre Schritte zurück zu den Toren der Abtei. Unterwegs erklärte sie ihm: »Da wir mit logischen Schlussfolgerungen nicht weiterkommen, müssen wir uns eine Katharsis einfallen lassen - eine Vorgehensweise, die den Feind aus dem Hinterhalt lockt und ihn zwingt, sich zu erkennen zu geben.« Eadulf blieb stehen. »Was hast du vor? Es klingt gefährlich.«

»Ich bin mir selbst noch nicht ganz sicher. Auf alle Fälle darf mich niemand erkennen. Deshalb werde ich in einfache Kleidung schlüpfen und mir, so getarnt, Beretrudes Villa etwas näher ansehen. Meiner Meinung nach liegt dort die Antwort, vielleicht in dem Kellergemäuer, wohin, wie du selbst Zeuge wurdest, Verbas von Peqini die Gefangenen geschafft hat.« Eadulf war entsetzt. »Das kommt nicht in Frage! Ich . ich verbiete das! Wo Verbas dort ist! Wo du glaubst, die Geschichte mit der Giftschlange ist vorsätzlich geschehen! Wenn einer von uns dahin geht, um sich ein genaueres Bild von der Villa zu machen, dann bin ich es!«

»Ich habe einen Plan, und der besagt, du wirst hier gebraucht.« »Darf ich wissen, wie dein Plan aussieht?«

»Du erinnerst dich doch gewiss an das kleine Geschäft der Näherin, das uns Bruder Budnouen gezeigt hat, nicht weit von Beretrudes Villa. Dort werde ich mir geeignete Kleidungsstücke beschaffen. So verkleidet begebe ich mich auf einen Erkundungsgang oder cuartugad, wie das bei uns heißt.« »In eben die Nähstube ist aber auch Schwester Radegund gegangen, wir haben das mit eigenen Augen gesehen«, erinnerte er sie. »Ich halte das für gefährlich. Was versprichst du dir eigentlich von alldem?«

»Das ist schwer zu beantworten. Ich werde mich auf verschiedene Möglichkeiten einstellen müssen - deshalb mussich selbst hin und kann es nicht dir überlassen. Zuallererst geht es mir um den Ort, wohin Verbas von Peqini die gefesselten Frauen und das Kind hat schleppen lassen. Könnte sein, dass die dort gefangen gehalten werden. Wenn nicht, muss ich herausfinden, wo sich Verbas aufhält. Er ist kein harmloser Kaufmann. Ich fürchte, er betreibt Sklavenhandel, und Beretrude macht da mit.«

»Ich sehe darin immer noch keinen Zusammenhang zu Abt Dabhocs Ermordung.«

»Den hat uns der arme Bruder Gillucan geliefert. Denk mal nach. Aber erst das Nächstliegende. Uns bleibt wenig Zeit.«

»Zeit? Wir haben nur zwei Tage. Zwei Tage, und Leode-gar verkündet seine Entscheidung«, bemerkte Eadulf schlecht gelaunt.

»Um so wichtiger ist es, dass wir zügig handeln.«

»Du darfst nicht allein gehen«, beschwor Eadulf sie.

»Eine Person kommt besser durch als zwei. Eine Frau, gekleidet nach Landesart, die in der Nähe der Villa durch die Straßen schlendert, fällt nicht weiter auf, ein Mann zusammen mit einer Frau schon eher. Angesehen davon musst du hier bleiben, falls etwas schiefgeht und ich nicht zurückkomme. Sollte das passieren, suche Segdae auf und weihe ihn ein, soweit du kannst. Es ist dann an ihm, weitere Schritte zu unternehmen. Außerdem würde ich dich bitten, Segdae noch eine andere Frage zu stellen, die mir auf der Seele brennt. Leider bleibt mir keine Zeit, mit ihm selbst zu sprechen.«

»Und die Frage wäre?«

»Benen mac Sesenen von Midhe, der Nachfolger des heiligen Patrick, dessen Name auf dem verschwundenen Reliquienbehältnis steht - ich bin sicher, auch er hatte einen lateinischen Namen angenommen, aber er ist mir entfallen. Du musst ihn herausfinden. Ich bin überzeugt, das hilft uns ein großes Stück weiter.«