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»Aber wenn dieser Mao der Feind aller Könige ist, weshalb sollte Elizabeth ein Bündnis mit…?«

»Beide wollen sich offenbar gegenseitig benutzen. Elizabeth hilft Mao, mich zu stürzen, Mao hilft Elizabeth, ihren Vater vom Thron zu vertreiben. Und was danach kommt, wer weiß? Ich jedenfalls gedenke zuzuschlagen, ehe die beiden mir Schaden zufügen können.«

»Aber was ist mit Enkidu«, sagte Gilgamesch. »Sag mir etwas über Enkidu.«

Der Priesterkönig entrollte einen Computerausdruck. Er überflog den Inhalt und las dann laut: »Der Kriegsheld Enkidu von Sumer aus den Reihen der Frühtoten — Sumer, so heißt doch dein Reich, nicht wahr? — langte an dem und dem Tag am Hofe Mao Tse-tungs an — offiziell angegebener Grund des Besuchs: ein Jagdausflug ins Outback — in Begleitung eines amerikanischen Spions, der sich als Journalist und Jäger tarnt, eines gewissen Ernest Hemingway — Geheime Treffen mit Kublai Khan, dem Kriegsminister der Himmlischen Volksrepublik — derzeit damit beauftragt, die kommunistische Armee auszubilden und für die Invasion in New Kara-Hitai vorzubereiten…« Der Kaiser blickte auf. »Erweckt das deine Aufmerksamkeit, Gilgamesch?«

»Was erwartest du dir von mir?«

»Dieser Mann ist dein berühmter Freund. Du kennst seine Gedanken wie deine eigenen. Beschütze uns vor ihm, und ich werde dir alles geben, was du dir wünschst.«

»Was ich mir wünsche«, sagte Gilgamesch, »ist nur die Freundschaft Enkidus.«

»Dann werde ich dir Enkidu auf einem silbernen Tablett servieren. Zieh für mich ins Feld gegen die Truppen Maos. Hilf mir, den Strategien, die dein Enkidu ihnen beigebracht hat, zuvorzukommen. Wenn wir diese Marxistenhunde wegfegen und ihre Generäle gefangennehmen, und dann gehört Enkidu dir. Ich kann dir natürlich nicht garantieren, daß er wieder dein Freund sein will, aber er wird dir gehören. Was sagst du dazu? Was sagst du, Gilgamesch?«

Von einem Horizont zum anderen breiteten sich die Legionen des Priesters Johannes über die grauen Ebenen der Nachwelt. Vor dem düsteren Firmament zuckten scharlachrot und gelb die Feldbanner. Im Zentrum der Formation stand ein Keil von Berittenen in Lederrüstung; an beiden Flanken eine Abteilung Schwerer Infanterie; die Panzerspitze des Kaisers bildete die Vorhut und rollte gemächlich über das unebene zerklüftete Terrain vorwärts. Eine Phalanx von transatmosphärischen Waffenträgern sorgte hoch droben für Deckung aus der Höhe.

Eine Staubwolke in der Ferne verriet das Anrücken der Armee der Himmlischen Volksrepublik.

»Bei allen stygischen Dämonen!« rief Robert Howard laut. »Hast du jemals sowas Verrücktes gesehen?« Lovecraft und er genossen einen speziellen Ausblick auf das Geschehen von ihren Plätzen im kaiserlichen Kommandoposten, einer von einem glühenden Kraftfeld abgeschirmten großartigen Pagode. Auch Gilgamesch war da, gleich nebenan, mit dem Priester Johannes und den Generalstabsoffizieren von Kara-Khitai. Der Kaiser klebte vor einer Batterie von Fernsehmonitoren, und einer seiner Adjutanten hämmerte fieberhaft Befehle in die Tastatur eines Computerterminals. »Das ergibt doch keinen Sinn, verdammt«, sagte Howard. »Kavallerie, Panzer, fliegende Festungen, alles gleichzeitig — ist das die Vorstellung von diesen Hundesöhnen, wie man einen Krieg führt?«

Lovecraft legte den Zeigefinger über die Lippen. »Brüll hier nicht so rum, Bob! Oder willst du, daß der Priester dich hört? Wir sind hier Gäste, vergiß das nicht. Und Gesandte von König Heinrich.«

»Also, mir ist das egal, wenn er mich hört, soll er mich doch hören. Schau dir dieses irrsinnige Durcheinander an! Kapiert denn dieser Priester Johannes nicht, daß da ein chinesischer Bolschewik aus dem zwanzigsten Jahrhundert zum Angriff anrückt, mit Waffen aus dem zwanzigsten Jahrhundert? Was könnten Reiterformationen dagegen ausrichten, um Himmels willen? Eine Kavallerieattacke gegen schwere Geschütze? Pfeil und Bogen gegen Haubitzen?« Howard keckerte höhnisch. »Pfeile mit nuklearen Spitzen, ja? Ist das der Trick?«

Leise sagte Lovecraft: »Soweit wir das wissen können, ist es genau das.«

»Aber du weißt doch, daß das unmöglich ist, H. P. Ich bin erstaunt über dich. Ein Mann mit deinem wissenschaftlichen Rüstzeug. Mir ist klar, daß dieses ganze Atomzeug nach unserer Zeit kam, aber du hast dich ja bestimmt theoretisch auf dem laufenden gehalten. Eine kritische Masse auf einer Pfeilspitze? Nein, H. P. du weißt so gut wie ich, daß das nicht funktionieren kann. Und selbst wenn es möglich wäre…«

Höchst ärgerlich winkte Lovecraft ihm zu, er solle den Mund halten. Er zeigte durch den Raum zum Hauptmonitor vor dem Priester Johannes. Auf dem Bildschirm war das blühende Gesicht eines untersetzten Mannes mit dichtem weißen Backenbart zu sehen.

»Ist das nicht Hemingway?« fragte Lovecraft.

»Wer?«

»Ernest Hemingway. Ein Schriftstellerkollege. A Farewell to Arms — The Sun Also Rises…«

»Hab’ sein Zeug noch nie gemocht«, sagte Howard. »Angekränkelte Scheiße über einen Haufen besoffener Schwächlinge. Bist du sicher, er ist es?«

»Schwächlinge, Bob?« fragte Lovecraft erstaunt.

»Also, ich habe bloß dies eine Buch von ihm gelesen, über diese Amerikaner in Europa, die zum Stierkampf rennen und sich besaufen und mit den Weibern der anderen herumhuren — und das reichte mir an Erfahrungen mit Mr. Hemingway. Ich sage dir, H. P. es war mir widerlich. Und wie das Zeug geschrieben war! Ständig diese kurzen, knappen Sätze. Kein Zauber, keine Poesie, H. P. nichts.«

»Diskutieren wir ein andermal darüber, Bob.«

»Keinerlei Vision von Heldentum — kein Gespür für die erhabeneren Leidenschaften, die uns edler machen und…«

»Bob, ich bitte dich!«

»Fixiert auf das Gemeine, das Schleimige, das Verwerfliche…«

»Du liegst völlig daneben, Bob. Du interpretierst seine Lebensauffassung vollkommen falsch. Wenn du dir nur die Mühe gemacht hättest, A Farewell to Arms zu lesen…« Lovecraft schüttelte empört den Kopf. »Aber jetzt ist nicht die Zeit für ein literarisches Colloquium. Da, sieh lieber dorthin!« Er machte eine Kopfbewegung zur anderen Seite des Raums. »Einer der Adjutanten des Kaisers winkt uns, daß wir hinüberkommen sollen. Etwas tut sich da.«

Tatsächlich hatte es eine Entwicklung gegeben, sozusagen. Yeh-lu Ta-shih schien sich mit drei, vier Adjutanten gleichzeitig zu besprechen. Gilgamesch stampfte mit hochrotem Gesicht erregt vor der Computerbank auf und ab. Hemingways Gesicht war noch auf dem Schirm, und auch er wirkte aufgeregt.

Howard und Lovecraft eilten hinüber. Der Herrscher wandte sich zu ihnen um. »Es kam das Angebot einer Unterhandlung auf dem Kampffeld«, sagte er. »Kublai Khan ist auf dem Weg herüber. Dr. Schweitzer wird als mein Parlamentär fungieren. Ein Mr. Hemingway übernimmt die Rolle des neutralen Beobachters — ihres Unparteiischen. Auch ich benötige einen Unparteiischen. Würdet ihr zwei ebenfalls hingehen und als Diplomaten einer neutralen Macht ein Auge auf die Dinge haben?«

»Es ist uns eine Ehre, Euch zu Diensten zu sein, Majestät«, verkündete Howard großspurig.

»Und zu welchem Zweck, mein Lord, wurde die Unterhandlung vorgeschlagen?« fragte Lovecraft.

Yeh-lu Ta-shih wies auf den Bildschirm. »Dieser Mr. Hemingway hatte die brillante Idee, wir könnten die Angelegenheit durch einen Zweikampf entscheiden — Gilgamesch gegen Enkidu. Es würde eine Menge Munition sparen und einer Menge Kriegern die Mühe ersparen, sterben und wieder auferstehen zu müssen. Aber es gibt noch Meinungsverschiedenheiten über die Einzelheiten.« Geziert unterdrückte er ein Gähnen. »Vielleicht läßt sich das alles ja bis zum Mittagessen erledigen.«