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Es war eine seltsame Gruppierung. Mao Tse-tungs Chefunterhändler war der kurzbeinige Kublai Khan in prachtvoller Robe, dessen dunkle schlaue Augen großen Scharfsinn und Willenskraft verrieten. In seinem früheren Leben war er selbst ein bedeutender Herrscher gewesen, hatte jedoch anscheinend für hier weniger mühsame Aufgaben vorgezogen. Neben ihm stand Hemingway, massig und schwer von Gestalt, mit tiefer Stimme und von einer unbekümmerten, beinahe überheblichen Art. Mao hatte auch vier Männchen in identischen blauen Uniformen mit einem roten Sternabzeichen auf der Brust mitgeschickt — »Parteibonzen«, murmelte jemand —, und merkwürdigerweise einen Haarmenschen, einen kurzbeinigen Mann mit breiter Stirn, kinnlos, eines dieser kuriosen Geschöpfe aus den frühesten Urzeiten der anderen Welt. Auch der Haarmensch trug das Kommunistenemblem auf der Uniform.

Und noch einer gehörte zu der Gruppe — der mächtige breitbrüstige Mann mit der umdüsterten Stirn und den wilden glühenden Augen, der allein und beiseite stand…

Gilgamesch konnte sich kaum dazu bewegen, ihn anzuschauen. Auch er stand ein wenig entfernt von der Gruppe und genoß den scharfen Wind, der über das Kampffeld wehte. Er sehnte sich danach, zu dem Mann — zu Enkidu hinüberzugehen, ihn in die Arme zu reißen, um mit dieser einen heftigen jubelnden Umarmung die ganze Bitterkeit wegzuschleudern, die sich trennend zwischen sie gestellt hatte…

Ach, wenn es nur so einfach hätte sein können!

Die Stimmen der Unterhändler von Mao und der fünf Personen, die der Priester Johannes ins Feld geschickt hatte — Dr. Schweitzer, Lovecraft, Howard und zwei Offiziere aus Kara-Khitai — wehten über dem heulenden Wind zu Gilgamesch herüber.

Hemingway schien das große Wort zu führen. »Ah, Schriftsteller seid ihr? Mr. Howard? Mr. Lovecraft? Ich bedaure, aber ich hatte nicht das Vergnügen, euren Arbeiten zu begegnen.«

»Es handelte sich um sogenannte Fantasy«, sagte Lovecraft. »Um Märchen. Visionen.«

»Ach so? Ihr veröffentlicht in Argosy? The Post?«

»Fünf in Argosy, aber das waren Westerngeschichten«, sagte Howard. »Hauptsächlich schreiben wir für Weird Tales. Und H. P. hat ein paar in Astounding Stories untergebracht.«

»Weird Tales«, sagte Hemingway. »Astounding Stories.« Der Schatten von Ekel zuckte über Hemingways Gesicht. »Hmmm. Glaube nicht, daß ich diese Zeitschriften kenne. Aber ihr habt anständig gearbeitet, Gentlemen, ja? Ihr habt aufs Papier gebracht, was ihr wirklich gesehen habt, die wirkliche Wahrheit, und ihr habt die Wahrheit sauber gesagt? Gewiß habt ihr das. Ich weiß, daß es so ist. Ihr wart anständige Schreiber. Das versteht sich fast von selbst. Man muß selber schreiben können, um einen anderen Schriftsteller erkennen zu können, meint ihr nicht auch? Möglicherweise hatte auch ich Zeiten, wo ich nicht in Bestform war, aber ich versuchte trotzdem immer, mein Bestes zu geben, würdet ihr nicht auch sagen? Ich habe mich immer um mein Bestes bemüht!« Er lachte, rieb sich fröhlich die Hände und legte den beiden die Arme auf die Schultern. Howard wirkte etwas bestürzt dabei, und Lovecraft sah aus, als würde er am liebsten im Boden versinken. »Well, Gentlemen«, röhrte Hemingway, »wie wollen wir die Geschichte hier anpacken? Wir haben ein kleines Problem. Der eine Held wünscht mit den bloßen Händen zu kämpfen, der andere mit — wie hat er das genannt? — einer Disruptionspistole. Ihr dürftet mehr darüber wissen als ich; irgend so eine Waffe aus Astounding Stories nehme ich an. Aber das können wir nicht gestatten, oder? Nackte Fäuste gegen phantastische Zukunftstechnologie? Es gibt eine anständige Art zu kämpfen, und die ist von Gleich zu Gleich, und alle anderen Arten sind einfach Mist.«

»Er möge zu mir mit seinen Fäusten kommen!« rief Gilgamesch aus der Ferne. »So, wie wir uns beim erstenmal im Kampf begegnet sind, auf dem Markt-desLandes, in Uruk, als mein Weg den seinigen kreuzte.«

»Er schreckt vor den neuen Waffen zurück«, rief Enkidu und warf einen bösen Blick in Gilgameschs Richtung.

»Er fürchtet sich?«

»Ich brachte ihm ein Gewehr, eine wundervolle zwölfkalibrige Waffe, ein Geschenk für meinen Bruder Gilgamesch, und er fuhr davor zurück, als hätte ich ihm eine Giftschlange gegeben.«

»Lüge!« brüllte Gilgamesch. »Ich hatte keine Angst davor! Ich verachtete das Ding, weil es eine Waffe für Feiglinge ist!«

»Er schreckt vor allem zurück, was neu ist«, erklärte Enkidu. »Ich hätte es nie für möglich gehalten, daß Gilgamesch von Uruk Furcht kennen könnte, doch er fürchtet sich vor dem, was ihm unvertraut ist. Er nannte mich einen Feigling, weil ich mit einem Gewehr auf die Jagd ging. Doch ich denke, er war feige. Und jetzt fürchtet er sich auch wieder vor dem Unbekannten. Er weiß, daß ich ihn schlagen werde. Sogar hier noch fürchtet er den Tod, das sollt ihr wissen! Der Tod war für ihn schon immer der größte Schrecken. Und warum? Weil das seinen Stolz beleidigt? Ja, ich denke, das ist es. Er ist zu stolz zu sterben — zu sehr voller hochmütigem Stolz, um den Beschluß der Götter hinzunehmen…«

»Ich werde dich mit meinen bloßen Händen zerreißen!« brüllte Gilgamesch.

»Man gebe uns Disruptoren«, rief Enkidu. »Dann wollen wir sehen, ob er sich zutraut, eine solche Waffe in die Hand zu nehmen.«

»Die Waffe von Feiglingen!«

»Nennst du mich noch einmal feige? Du, Gilgamesch, du bist es, der vor Furcht bebt…«

»Meine Herren, bitte! Gentlemen!«

»Du fürchtest dich vor meiner Kraft, Enkidu!«

»Du fürchtest dich vor meiner Geschicklichkeit. Du — mit deinem kläglichen alten Schwert, mit deinem erbärmlichen alten Bogen…«

»Ist das der Enkidu, den ich liebte, der mich jetzt so verhöhnt?«

»Du hast mich zuerst verhöhnt, als du mir die Waffe hingeworfen hast, mein Geschenk verächtlich verschmäht hast und mich feige nanntest!«

»Die Waffe, sagte ich, ist feige. Nicht du, Enkidu.«

»Es war ein und dasselbe.«

»Bitte, bitte, so geht das nicht«, sagte Dr. Schweitzer.

Und von Hemingway wieder: »Gentlemen, please!«

Sie achteten nicht darauf.

»Ich meinte nur…«

»Du sagtest…«

»Schmach…«

»Furcht…«

»Ein dreifacher Feigling!«

»Ein fünffacher Verräter!«

»Treuloser Freund!«

»Eitler Prahlkropf!«

»Meine Herren, ich muß doch sehr bitten!«

Aber so laut und kräftig die Stimme von Ernest Hemingway sein mochte, das Brüllen, das aus der Kehle Gilgameschs wütend hervorbrach, übertönte ihn. In Gilgameschs Brust, in seiner Kehle, in seinen Schläfen hämmerte es laut und betäubend. Es war mehr, als er ertragen konnte. Es war genau wie damals, als ihr erster Zwist ausgebrochen war, als Enkidu mit diesem Schießgewehr zu ihm gekommen war, und er hatte es zurückgewiesen, und sie hatten zu zanken begonnen. Zu Beginn war es nur eine Meinungsverschiedenheit gewesen, dann wurde es ein heißer Streit, dann ein zänkisches Zerwürfnis voller scharfer ätzender gegenseitiger Beschuldigungen. Und dann waren Worte voll Wut zwischen ihnen gewechselt worden wie niemals zuvor zwischen ihnen, die doch intimer waren miteinander als Brüder.

Sie hatten sich nicht zu Handgreiflichkeiten hinreißen lassen, damals. Enkidu war einfach stolz davongestapft, hatte ihre Freundschaft für beendet erklärt. Aber jetzt — die gleichen Worte wieder zu hören — in die Enge getrieben wegen der Wahl der Waffen, mit denen sie gegeneinander kämpfen sollten —, vermochte Gilgamesch sich nicht länger in Zaum zu halten. Von Zorn und Enttäuschung übermannt, stürzte er vorwärts.