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Dann bemerkte er den orange-schwarzen Briefumschlag, der mit Klebeband an seinem eigenen Laborstuhl befestigt war.

»Was ist das?«, fragte Carter, und ehe er ihn öffnen konnte, platzte Mitchell heraus: »Eine Einladung zur Party.«

Carter zog die Karte, eine schwarze Katze mit ausgefahrenen Krallen, aus dem Umschlag. Das Kleingedruckte brauchte er indes gar nicht zu lesen.

»Sie findet am Abend vor Halloween statt«, erklärte Mitchell. »Wir dachten, dass dann mehr Leute kommen.«

»Tut mir leid, aber Beth und ich sind an dem Wochenende gar nicht in der Stadt.« Er blickte zu Joe hinüber, den diese Neuigkeit nicht im Geringsten zu beeindrucken schien. »Sorry, ich wollte es dir noch sagen.«

»Schade, dass ihr es nicht schafft«, sagte Mitchell, doch dann wandte er sich an Joe und fügte hinzu: »Aber vielleicht können Sie ja kommen? Je mehr, desto gruseliger.«

Carter reichte die Einladung an Joe weiter. »Warum nicht?« Ihm würde ein Stein vom Herzen fallen, wenn er wüsste, dass Joe sich amüsierte, während er auf dem Land war.

»Wir wohnen ganz in der Nähe«, fuhr Mitchell fort, »und meine Frau backt unglaubliche Brownies.«

»Danke«, sagte Joe, nickte und steckte die Einladung in seine Hemdtasche. »Ich werde mich freuen, zu kommen.«

»Wir sehen uns«, sagte Carter und führte Russo zur Tür. »Aber wir wollen dich nicht länger von der Arbeit abhalten.«

»Kein Problem«, erwiderte Mitchell und stand da wie ein Kind, das man einfach stehengelassen hatte. »Und denkt daran, falls ihr Hilfe braucht, braucht ihr bloß ein Wort zu sagen.«

Nachdem sie den Raum verlassen und Carter die Tür hinter sich geschlossen hatte, bedeutete er Joe, ihm zu folgen. Schweigend gingen sie den Korridor entlang und bogen um die Ecke, ehe Carter sagte: »Der Typ ist ganz in Ordnung, aber er schnüffelt gerne herum.«

Joe nickte. »Er ist sehr … beflissen.«

»Und wir sind vermutlich besser dran, wenn er nicht weiß, was hier passieren wird.« Mit diesen Worten öffnete Carter eine Metalltür, schaltete das Licht an und führte Joe durch einen Lagerraum, vollgepackt mit Kartons, Holzkisten und ausrangierten Geräten und Einrichtungsgegenständen. Am gegenüberliegenden Ende befand sich eine weitere Feuerschutztür, und um diese öffnen zu können, musste Carter einen Metallhebel hochziehen und dann mit der Schulter kräftig dagegendrücken. Quietschend schob sich die Tür über den Zementboden.

»Willkommen in deinem zweiten Zuhause«, sagte Carter, verbeugte sich und winkte Joe herein.

Eine geriffelte Metallrampe führte etwa einen Meter in die Tiefe. Joe stapfte hinunter und hielt sich dabei am eisernen Handlauf fest, und Carter folgte ihm. Schließlich standen sie in einem riesigen, einem Rohbau ähnlichen Raum mit schmutzigem Betonfußboden, dessen Wände von aufgestapelten Holzkisten verdeckt waren. Zwei riesige, durch schwere Vorhängeschlösser gesicherte Tore führten auf die Laderampe draußen an der Straße. In der am weitesten entfernten Ecke hockte Hank, der Hausmeister, an einem alten angeschlagenen grauen Schreibtisch. Er hatte eine Zeitung, ein Telefon und einen tragbaren Fernseher auf den Tisch gestellt und sah etwas, das nach einer Naturkundesendung klang. Carter verstand etwas wie »schnell floss das klare Wasser im breiten Strom dahin«. Als sie hereinkamen, blickte Hank auf und sagte: »Hey, Dr. Cox. Ich sitze hier schon den ganzen Tag, und kein Schwein hat sich mit irgendwas blicken lassen.«

»Ich weiß«, sagte Carter. »Und der Fund wird auch nicht vor dem späten Nachmittag hier sein. Wahrscheinlich nicht vor fünf oder sechs.«

Hank schüttelte den Kopf und schaltete den Fernseher aus. »So lange kann ich nicht bleiben.«

»Das verstehe ich«, sagte Carter. »Professor Russo ist jetzt hier …«

Hank und Joe nickten einander zu.

»… und wir können hier die Stellung halten. Alles, was wir brauchen, sind die Schlüssel für die Türen an der Laderampe.«

Hank stand auf und nahm einen massiven Schlüsselbund von seinem Gürtel. Er musterte diverse Schlüssel, bis er schließlich zwei große Schlüssel losmachte. »Diese hier sind für die Vorhängeschlösser. Sobald Sie die aufgeschlossen haben, drücken Sie den Knopf an der Wand dort drüben …«, er deutete auf einen roten Knopf in einem roten, auf die Wand gemalten Kreis, »… und die Türen öffnen sich. Sobald Sie noch einmal drücken, schließen sie sich wieder.« Er reichte Carter die Schlüssel. »Das war’s.«

»Danke.«

Hank blickte auf. »Sie haben noch gar nichts zu den Lampen gesagt, die ich zurechtgebastelt habe.«

Carter, der schon zuvor im Labor gewesen war, hatte sie bereits bewundert, aber es stimmte, er hatte bisher noch nichts zu Hank gesagt. »Sie sehen gut aus. Genau so etwas haben wir gebraucht.«

Über ihren Köpfen hatte Hank an zwei über Kreuz gespannten dicken Drähten vier helle Scheinwerfer befestigt.

»Sehen Sie sich das an«, sagte Hank stolz, ging zur Wand und drückte auf einen wackelig angebrachten Schalter. Auf der Stelle wurde der halbdunkle Raum mit der hohen Decke in blendend weißes Licht getaucht. Instinktiv bedeckte Carter seine Augen. War das nicht sogar noch mehr Wattleistung, als er ausgehandelt hatte? Als sich seine Augen an das grelle Licht gewöhnt hatten, blickte er zu Joe hinüber, der ebenso demonstrativ nicht nach oben blickte.

»Zu viel für Sie?«, fragte Hank. »Sie sagten, Sie wollten eine ganze Menge Licht haben, Professor.«

»Nein, es ist gut«, sagte Carter und nahm sich vor, nächstes Mal eine Baseballkappe mit langem Schirm mitzubringen.

»Also gut, wenn es für Sie okay ist, dann mach ich mal ’nen Abflug.« Hank zog den Stecker des Fernsehers, wickelte die Schnur um das Gerät und hielt dann noch einmal inne. »Soll ich Ihnen den Fernseher hierlassen? Er gehört mir, aber ich kann Ihnen den leihen, wenn Sie wollen.«

Plötzlich schien das Carter eine sehr gute Idee zu sein. »Wirklich?«

»Klar. Ich hole ihn dann morgen früh ab.« Hank zog seinen Parka von der Stuhllehne und ging in Richtung Metallrampe. »Ich hoffe, Sie müssen nicht allzu lange warten«, sagte er und verschwand durch die Tür, die in den Lagerraum führte.

»Ich werde Sonnencreme benutzen müssen, wenn wir hier arbeiten«, sagte Joe.

»Vielleicht können wir ihn dazu bringen, ein oder zwei Scheinwerfer wieder abzuklemmen.«

Joe sah sich nach einem zweiten Stuhl um, entdeckte einen zwischen zwei Holzkisten und zerrte ihn hinüber zum Schreibtisch. »Zeigt das amerikanische Fernsehen Fußball?«

»Nein, nur Football«, sagte Carter, der wusste, dass Russo europäischen Fußball meinte, der hier drüben Soccer hieß. »Aber an einem Sonntagnachmittag im Oktober stehen die Chancen verdammt gut, ein Spiel im American Football zu erwischen.« Carter wickelte das Kabel wieder ab, steckte den Stecker in die Steckdose und schaltete das Gerät ein. In der Sendung, die Hank sich angeschaut hatte, ging es anscheinend um Angeln in Minnesota, aber nachdem er zweimal weitergeschaltet hatte, stieß Carter auf die Übertragung des Spiels zwischen den Chicago Bears und den New York Jets. Seine Heimatstadt gegen seine Wahlheimat. Sie mochten noch einen langen Tag vor sich haben, aber so furchtbar würde es nicht werden.

Etwa jede Stunde einmal rief Carter beim Frachtbüro am Kennedy Airport an, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Nachdem er von einem schnellen Essenseinkauf vom Feinkostladen um die Ecke zurückkam, berichtete Joe ihm, dass das Büro angerufen habe, während er weg war. »Es ist am Boden«, sagte Joe, während Carter die Regentropfen von seiner Jacke wischte. Es hatte zu nieseln begonnen. »In etwa einer Stunde wird es hier sein.«