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Ich zitterte und fürchtete, ihn zu verschrecken. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, was ihm gefallen mochte. Ich küsste seinen Hals, seine Brust und schmeckte Salz. Er schien unter meinen Berührungen zu schwellen, zu reifen. Er duftete nach Mandeln, drückte sich an mich und ich presste meine Lippen an seinen Körper.

Er wurde still, als ich ihn in die Hand nahm, was sich anfühlte wie Samt und so zart wie Blütenblätter. Ich kannte den Anblick seiner goldenen Haut, der geschwungenen Linie des Nackens, der Beuge seiner Ellbogen. Ich wusste, wie er aussah, wenn ihm wohl zumute war. Unsere Körper legten sich aufeinander wie Hände.

Die Wolldecke verrutschte. Er warf sie beiseite. Die kalte Luft auf der Haut war ein Schock und ließ mich frösteln. Ich sah seine Silhouette vor den Sternen, Polaris über seiner linken Schulter. Seine Hand fuhr über meinen Bauch, der atmend immer schneller auf und ab ging. Er streichelte mich so sanft, als versuchte er, feinstes Tuch zu glätten, und ich schob ihm meine Hüften entgegen, zog ihn an mich und zitterte. Auch er zitterte, und sein Atem ging wie nach einem langen Lauf.

Ich glaube, ich nannte seinen Namen, hauchte ihn. Ich war wie ein hohler Rohrhalm, über den der Wind hinwegstrich. Die Zeit blieb stehen, nur unser Atem ging.

Ich fand seine Haare zwischen meinen Fingern. In meinem Inneren ballte sich alles zusammen. Mein Puls schlug unter der Bewegung seiner Hand. Er drückte sein Gesicht an mich, und ich versuchte, ihn noch fester an mich zu pressen. Hör nicht auf, sagte ich.

Er hörte nicht auf. Das Gefühl nahm zu und verdichtete sich, bis mir ein Schrei aus der Kehle fuhr. Ich bäumte mich auf.

Aber es war noch nicht genug. Ich suchte mit der Hand und fand die Stelle seiner Wonne. Er hatte die Augen geschlossen. Ich fand den Rhythmus, der ihm gefiel. Ich konnte es spüren, sein Sehnen. Meine Finger standen nicht still und folgten seinem beschleunigten Atem. Seine Augenlider hatten die Farbe der Morgendämmerung. Er duftete wie die Erde nach einem Regenschauer. Sein Mund öffnete sich zu einem wilden Schrei. Ich spürte es heiß aus ihm herausschießen. Er bebte, und dann lagen wir still beieinander.

Langsam wie der Übergang vom Tag zur Nacht wurde ich mir meines Schweißes bewusst, der Feuchtigkeit der Laken und der Nässe zwischen unseren Körpern. Wir lösten uns voneinander. Unsere Gesichter waren geschwollen von Küssen. Es roch heiß und süß in der Höhle wie von der Sonne beschienene Früchte. Unsere Blicke begegneten sich, und wir schwiegen. Mir wurde angst und bange in diesem Moment echter Gefahr. Ich fürchtete seine Reue.

Er sagte: »Ich hätte nicht gedacht –« Und stockte. Ich wollte um alles in der Welt hören, was er zurückbehielt.

»Was?«, fragte ich. Wenn es etwas Schlimmes ist, sag es lieber gleich.

»Ich hätte nicht gedacht, dass wir je –.« Er zögerte vor jedem Wort, und ich konnte ihm nachempfinden.

»Ich auch nicht«, erwiderte ich.

»Tut es dir leid?«, fragte er hastig.

»Nein«, antwortete ich.

»Mir auch nicht.«

Es wurde wieder still. Mir machte es nichts aus, dass das Laken feucht und ich schweißgebadet war. Seine Augen schimmerten grün und golden. Eine Gewissheit stieg in mir auf und setzte sich in der Brust fest. Ich werde ihn nie verlassen. So wird es bleiben, immer, so lange er es will.

Ich wusste nicht, was ich Passendes hätte sagen können. Nichts konnte das, was ich fühlte, treffend zum Ausdruck bringen.

Als hätte er mich gehört, ergriff er meine Hand. Ich brauchte nicht hinzuschauen. Wie sie aussah, war in meiner Erinnerung eingraviert: schlank, wie ein Blütenblatt geädert, kräftig und sicher.

»Patroklos«, sagte er. Er verstand sich schon immer besser auf Worte als ich.

Am Morgen erwachte ich benommen und mit warmem Wohlgefühl. Nach den Zärtlichkeiten und der Leidenschaft der langen schwelgerischen Nacht lag er nun neben mir, die Hand auf meinem Bauch wie eine geschlossene Blüte in der Früh, und ich wurde wieder nervös. Ich erinnerte mich an das, was ich im Ansturm der Gefühle gesagt und getan, an die Geräusche, die ich von mir gegeben hatte, und fürchtete, der Bann sei gebrochen und das Licht, das durch den Höhleneinstieg sickerte, könnte alles zu Stein werden lassen. Aber als er dann aufwachte, formulierten seine Lippen einen schläfrigen Gruß, und schon tastete seine Hand wieder nach meiner. So lagen wir beieinander, bis es ganz hell wurde und Cheiron rief.

Wir aßen und eilten dann zum Fluss, um uns zu waschen. Ich kostete das Wunder aus, ihn ohne Scheu betrachten zu können, genoss den Anblick des gesprenkelten Lichts auf seiner Haut und der Wölbung des Rückens, als er ins Wasser tauchte. Später lagen wir am Ufer und studierten die Linien unserer Körper aufs Neue. Diese hier und jene dort. Wir waren wie die Götter zu Anbeginn der Welt, und unsere Freude war so hell, dass wir nichts anderes sahen als uns.

Vielleicht bemerkte Cheiron die Veränderung in unserem Verhalten zueinander, doch er brachte es nicht zur Sprache. Ich machte mir Sorgen.

»Glaubst du, er könnte wütend auf uns sein?«

Wir lagen im Olivenhain auf der Nordflanke des Bergs. Hier war die Luft besonders süß, kühl und rein wie Quellwasser.

»Nein.« Er zeichnete mit der Fingerspitze den Schwung meines Schlüsselbeins nach.

»Vielleicht doch. Er wird es inzwischen wohl wissen. Sollten wir ihm nicht lieber etwas sagen?«

Es war nicht das erste Mal, dass ich diese Frage stellte. Wir hatten sie schon oft erwogen wie Verschwörer.

»Wenn du willst.« So hatte er immer geantwortet.

»Du glaubst nicht, dass er wütend wird?«

Er dachte nach, ich liebte das an ihm. Egal, wie oft ich ihn fragte, wenn er antwortete, war es immer, als wäre es das erste Mal.

»Ich weiß nicht.« Er schaute mich an. »Und wennschon. Es würde für mich nichts ändern.« Seine Stimme war warm und zärtlich. Ich spürte einen wohligen Rausch durch meinen Körper gehen.

»Aber er könnte es deinem Vater sagen, und der wäre bestimmt wütend«, entgegnete ich fast verzweifelt. Mir wurde heiß und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.

»Na und?«

Ich war schockiert. Dass er, auch wenn sein Vater wütend wäre, tun würde, was ihm beliebte, war so unerhört, dass ich es kaum glauben konnte. Ihn so sprechen zu hören war für mich wie eine Droge, von der ich immer mehr haben wollte.

»Und was ist mit deiner Mutter?«

Das war die Dreiheit meiner Ängste – Cheiron, Peleus und Thetis.

Er zuckte mit den Achseln. »Was könnte sie schon tun? Mich entführen?«

Sie könnte mich umbringen, dachte ich, sagte es aber nicht. Das laue Lüftchen war so wohlig, die Sonne so warm, dass ich einen solchen Gedanken nicht aussprechen mochte.

Er musterte mich. »Würde es dir etwas ausmachen, wenn sie wütend wäre?«

Ja. Ich hatte schon immer Angst vor Missbilligung gehabt; sie steckte tief in mir drin, und ich konnte mich nicht so leicht von ihr befreien, wie es Achill offenbar vermochte. Trotzdem war ich entschlossen, nicht zuzulassen, dass sie uns entzweite. »Nein«, antwortete ich.

»Gut«, sagte er.

Ich streckte den Arm aus und streichelte die Härchen an seiner Schläfe. Er schloss die Augen. Ich betrachtete sein der Sonne zugewandtes Gesicht. Seine zarten Züge ließen ihn jünger erscheinen, als er war. Die Lippen waren voll und rot.

Er öffnete die Augen. »Nenn mir einen Helden, der glücklich war.«

Ich überlegte. Herakles verfiel dem Wahn und tötete seine Familie; Theseus verlor Braut und Vater; Jasons Kinder und seine neue Gemahlin wurden von deren Vorgängerin umgebracht; Bellerophontes bezwang die Chimäre, stürzte aber später vom Rücken des Pegasus und wurde zum Krüppel.