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Astaroth miaute, als wollte er seine Worte bestätigen, und Trautman sah eine Sekunde lang mit einem Lächeln auf den Kater hinab, ehe er weiterging.

Doch er kam nicht dazu, den Salon zu verlassen, denn Singh trat ihm in den Weg. »Sie können nicht noch einmal dorthin gehen«, sagte er leise, mit seiner gewohnten, freundlichen Stimme, aber auch in sehr entschiedenem Ton. »Sie sind völlig am Ende mit Ihren Kräften. Sie würden es nicht schaffen.«

»Unsinn!« widersprach Trautman, aber Singh schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab und fuhr fort: »Juan und ich werden gehen. Sie bleiben hier und schlafen ein paar Stunden. Seien Sie vernünftig. Wir können es uns nicht leisten, Sie zu verlieren. Wenn Sie im entscheidenden Moment zusammenbrechen, ist es vielleicht um uns alle geschehen. Keiner von uns kann allein mit der NAUTILUS umgehen.«

Dieses Argument schien Trautman zu überzeugen. Er willigte ein, an Bord der NAUTILUS zu bleiben, während Singh und Juan noch einmal hinüber zur Kuppel gingen, um das nachzuholen, was er selbst bei ihrem letzten Besuch dort versäumt hatte. Mike bezweifelte überdies, daß es ihm überhaupt möglich gewesen wäre, der Taucherglocke ernsthaften Schaden zuzufügen. Das Gefährt hing an gewaltigen Eisenketten, denen ohne die entsprechenden Hilfsmittel kaum beizukommen war. Singh rüstete sich mit einem halben Dutzend Dynamitstangen und einer großen Eisensäge aus, bevor er das Schiff verließ.

Mit Ausnahme Bens, der es vorgezogen hatte, im Salon zurückzubleiben und zu schmollen, begleiteten sie alle Singh und den jungen Spanier zur Tauchkammer. Und hinter ihnen marschierte Astaroth einher. Er bewegte sich mit jedem Schritt müheloser. Die Schnelligkeit, mit der er seine Verletzung überwand, war schon beinahe unheimlich.

Obwohl ihnen allen klar war, daß im Moment nichts für sie so kostbar war wie Zeit, hatten sich Trautman, Ben und Mike in ihre Kabinen zurückgezogen, um ein wenig zu schlafen. Möglicherweise war es für lange Zeit das letzte Mal, daß sie sich Ruhe gönnen konnten, denn selbst wenn es ihnen gelang, die Taucherglocke zu zerstören und die NAUTILUS wieder flottzumachen, würden sie alle Kraft und Aufmerksamkeit brauchen, um der LEOPOLD zu entkommen.

Lautstarkes Schimpfen und Poltern weckte Mike. Er setzte sich mit einem Ruck in seinem Bett auf und sah sich benommen um. Er hatte wieder geträumt, völlig wirres Zeug diesmal, und hatte Mühe, in die Wirklichkeit zurückzufinden. Da ertönte die aufgebrachte Stimme erneut: Es war Ben, dessen Kabine gleich neben der seinen lag. Hastig schwang Mike die Beine aus dem Bett, stand auf und trat auf den Gang hinaus.

Im selben Moment wurde die Tür zu Bens Kabine aufgerissen. Ein struppiges schwarzes Etwas schoß mit einem Fauchen heraus und verschwand am Ende des Ganges, und eine Sekunde später erschien Ben mit hochrotem Kopf und vor Zorn funkelnden Augen unter der Tür. »Verdammtes Mistvieh!« schimpfte er.

Mike konnte sich vorstellen, daß der Kater mit Ben nicht sehr freundlich verfahren war. »Was ist passiert?« fragte er.

Ben fuhr mit einem Ruck herum und funkelte ihn an. »Dieser widerwärtige Kater!« giftete er. »Weißt du, was dieses dämliche Vieh gemacht hat?«

Mike sah erst jetzt, daß Ben barfuß war und die Schuhe in den Händen hielt. »Nein«, sagte er. »Woher soll -?«

»Er hat mir in die Schuhe gepinkelt!« unterbrach ihn Ben aufgebracht. Zornig hielt er sie ihm vors Gesicht. »Diese elende Kreatur! Meine Stiefel sind doch kein Katzenklo!«

Mike hatte alle Mühe, vor Lachen nicht laut herauszuplatzen.

»Wenn ich ihn erwische, reiße ich ihm jedes Haar einzeln aus!« versprach Ben. »Ich werde ihm -«

Vermutlich hätte er noch weitergeschimpft, hätten sie nicht in diesem Moment vom anderen Ende des Ganges her ein dumpfes Krachen gehört, das Ben mitten im Satz verstummen ließ. Es war das Geräusch, mit dem der schwere Schleusendeckel der Tauchkammer zuschlug. Singh und Juan waren zurückgekehrt.

Bens Ärger über den Kater und der drohende Streit waren auf der Stelle vergessen. Gleichzeitig liefen sie los, durchquerten den Geräteraum und warteten ungeduldig darauf, daß sich die von innen verriegelte Tür der Tauchkammer öffnete.

Das große Handrad begann sich nach kurzer Zeit zu drehen, und nur wenige Sekunden später kamen Juan und der Inder hintereinander heraus. Und Mike mußte nur einen einzigen Blick in Singhs Gesicht werfen, um zu erkennen, daß irgend etwas nicht so gelaufen war, wie sie vorgehabt hatten.

»Was ist geschehen?« fragte er erschrocken.

»Habt ihr die Glocke zerstört?« fügte Ben hinzu.

Juan schüttelte den Kopf, und Singh antwortete: »Es war nicht möglich. Sie haben noch mehr Männer heruntergeschickt. Und ich fürchte, sie haben uns gesehen.«

Mike erschrak. »Haben sie euch verfolgt?«

Diesmal war es Juan, der antwortete. Singh hatte sich an ihnen vorbeigedrängt und war bereits unterwegs, um Trautman und die anderen zu alarmieren. »Nein. Aber sie haben das Mädchen aus der Kuppel geholt.«

»Was?«

Juan nickte. »Wir haben uns hinter einem Felsen versteckt und sie eine Weile beobachtet«, berichtete er. »Sie haben den kompletten Glaskasten mit dem Mädchen aus der Kuppel und in die Taucherglocke geschafft. Wir konnten nichts dagegen tun.«

»Aber das ... das darf nicht passieren!« stammelte Mike. Er hörte das Tappen weicher Pfoten und sah aus den Augenwinkeln, daß Astaroth hinter ihnen aufgetaucht war. »Das Mädchen wird sterben, wenn Winterfeld versucht, den Schrein zu öffnen.« Mike wußte selbst nicht, woher dieses Wissen stammte, Juan sah ihn erstaunt an.

»Konntet ihr sie nicht aufhalten?« fragte Ben.

Juan zog eine Grimasse. »Und wie? Sie waren zu acht oder zehnt, und wir hatten keine Waffen.«

»Und was ist mit dem Dynamit, das ihr mitgenommen habt?« fragte Ben ärgerlich.

»Klar«, antwortete Juan. »Wir hätten sie alle in die Luft sprengen können. Und uns und das Mädchen gleich dazu. Meinst du das?«

Er wartete Bens Antwort gar nicht ab, sondern lief los, um Singh zu folgen. Ben, Mike und der Kater schlössen sich ihm an.

Schon bevor sie den Salon betraten, hörten sie aufgeregte Stimmen. Singh stand neben Trautman an dem großen Aussichtsfenster und berichtete ihm mit knappen Worten, was geschehen war. Trautman hörte schweigend zu, und seine Miene verdüsterte sich mit jedem Wort, das er vernahm. »Dann werden sie bald auch hier auftauchen«, sagte er, nachdem Singh seinen Bericht beendet hatte. »Wir müssen so schnell wie möglich versuchen, von hier wegzukommen. Wie weit seid ihr mit den Ventilen gekommen?«

Singh schüttelte den Kopf. »Sie passen einfach nicht.«

»Dann müssen wir pumpen«, entschied Trautman.

»Aber das kann Stunden dauern, wenn nicht Tage!« protestierte André.

»Wir müssen es versuchen«, erwiderte Trautman. »Wir müssen nur so viel Wasser aus dem Schiff herausbekommen, daß wir uns bewegen können. Und sei es im Schneckentempo. In der Dunkelheit hier unten reichen schon ein paar hundert Meter, daß sie uns nicht mehr finden.«

Ein orangefarbener Blitz zerriß die Schwärze vor dem Fenster. Das Licht im Salon flackerte. Ein dumpfes Grollen und Rumpeln erklang, das rasch lauter wurde, und dann erfüllte ein ungeheures Dröhnen und Krachen die NAUTILUS, als schlügen unsichtbare Riesenhämmer auf den Rumpf des Tauchbootes ein.

»Festhalten!« schrie Trautman.

Er hatte seine Warnung kaum ausgesprochen, da schien die NAUTILUS tatsächlich von einem Hammerschlag getroffen zu werden. Mike fühlte sich wie alle anderen von den Füßen gerissen und hilflos durch den Salon geschleudert, als sich das Boot unter dem Ansturm der Druckwelle schwerfällig auf die Seite legte, wobei sich seine Panzerplatten mit lautem Knirschen an Felsen und Gestein rieben.

Das Dröhnen verklang, aber der Fußboden unter ihnen zitterte und bebte noch immer, während Mike sich mühsam wieder hochrappelte. »Was war das?«