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Die warmen Steppengebiete rückten bis zum sechzigsten Breitengrad vor, und die Wiesen und Wälder der gemäßigten Zonen gingen sogar über den siebzigsten Breitengrad hinaus.

Das antarktische Festland, zur Hälfte vom Eis befreit, erwies sich als eine Fundgrube an Bodenschätzen. Unberührt lagen dort die Reichtümer der Berge, die auf allen anderen Kontinenten schon ausgebeutet und in den großen zerstörenden Kriegen mißbraucht worden waren. Über die Antarktis gelang es auch, den Ring der Spiralstraße zu schließen.

Noch vor diesen tiefgreifenden Klimaveränderungen wurden riesige Kanäle gegraben und Gebirgsrücken durchschnitten, um die Wasser- und Luftzirkulation des Planeten harmonisch zu gestalten. Mit Hilfe von ununterbrochen arbeitenden dielektrischen Pumpen gelang es sogar, die Hochgebirgswüsten Asiens zu bewässern.

Die Nahrungsmittelerzeugung konnte um ein Vielfaches gesteigert werden, neue Gebiete wurden bewohnbar gemacht. Die warmen Binnenmeere dienten der Zucht eiweißreicher Wasserpflanzen.

Mit unseren alten Planetenschiffen, so empfindlich und wenig sicher sie auch waren, konnten wir die nächstgelegenen Planeten unseres Systems erreichen. Ein Gürtel künstlicher Satelliten, von denen aus sich die Menschen mit dem Kosmos vertraut machten, umgab die Erde. Da trat vor vierhundertacht Jahren ein wichtiges Ereignis ein, das eine neue Ära im Dasein der Menschheit einleitete: die ÄGR, die Ära des Großen Rings.

Seit langem arbeiteten die Menschen an dem Problem der Sendung von Bildern, Lauten und Energie über weite Entfernungen. Hunderttausende hochbegabte Wissenschaftler waren tätig, zusammengeschlossen in einer besonderen Körperschaft, der ›Akademie für gelenkte Strahlung‹, bis es ihnen gelang, Energie drahtlos, durch gelenkte Strahlung über größere Entfernungen zu übertragen. Auf einem Umweg entdeckten sie das Gesetz, daß der Energiestrom proportional dem Sinus des Winkels der Strahlendivergenz ist. Seitdem erhalten die parallelen Strahlungsbündel eine ständige Verbindung mit den künstlichen Satelliten aufrecht und über sie mit dem gesamten Kosmos. Bis dahin war die das Leben schützende Hülle der ionisierten Atmosphäre ein Hindernis für Sendungen von und nach dem Weltraum gewesen. Schon vor langer Zeit, am Ende der Ära der Partikularistischen Welt, haben unsere Wissenschaftler Ströme mächtiger Radiostrahlungen aus dem Kosmos auf der Erde ermittelt. Zugleich mit der Strahlung der Gestirne und Sternsysteme gelangten auch Signale aus dem Kosmos und Sendungen über den Großen Ring zu uns, allerdings durch die Atmosphäre verstümmelt und halb ausgelöscht. Damals verstanden wir sie nicht, obwohl wir schon seit langem in der Lage waren, diese geheimnisvollen Signale aufzufangen. Wir hielten sie für die Ausstrahlung toter Materie.

Der Wissenschaftler Kham Amat hatte den Einfall, auf künstlichen Satelliten Versuche mit Bildempfängern durchzuführen, wobei er immer neue Kombinationen von Wellenbereichen ausklügelte.

Es gelang ihm, eine Sendung vom Planetensystem eines Doppelsterns aufzufangen, der von alters her Schwan 61 genannt wird. Auf dem Bildschirm zeigte sich eine Gestalt — dem Menschen nicht ähnlich, doch zweifellos ein denkendes Wesen — und wies auf eine aus den Zeichen des Großen Rings gebildete Inschrift. Erst nach neunzig Jahren konnten wir die Inschrift entziffern. Heute schmückt sie das Denkmal Kham Amats: ›Gruß euch Brüdern, die ihr in unsere Familie eingetreten seid. Durch Raum und Zeit getrennt, vereinen wir uns durch den Verstand im Ring der großen Kraft.‹

Die Sprache der Zeichen, Bilder und Karten des Großen Rings wurde für uns erst auf einer bestimmten Entwicklungsstufe verständlich. Zwei Jahrhunderte später konnten wir uns schon mittels Übersetzungsmaschinen mit den Planetensystemen der nächsten Sterne unterhalten und zusammenhängende Bilder des vielfältigen Lebens der verschiedenen Welten empfangen und senden. Erst kürzlich erhielten wir Antwort von den vierzehn Planeten aus dem großen Lebenszentrum des Deneb im Sternbild des Schwans, eines Riesensterns mit viertausendachthundertfacher Sonnenleuchtkraft, der sich einhundertzweiundzwanzig Parsek von uns entfernt befindet. Die Entwicklung des Denkens ging dort einen anderen Weg, erreichte aber unseren Stand.

Und von den alten Welten — den kugelförmigen Anhäufungen in unserer Galaxis und dem riesigen bewohnten Gebiet um das galaktische Zentrum — kommen aus unermeßlicher Ferne seltsame Bilder und Aufzeichnungen, für uns noch unverständlich, da wir sie nicht entziffern können. Von Gedächtnismaschinen aufgezeichnet, werden sie an die ›Akademie der Grenzen des Wissens‹ weitergeleitet, an die Institution, die an den neuesten Problemen unserer Wissenschaft arbeitet. Wir versuchen die Ergebnisse des Denkens zu entziffern, das uns Millionen Jahre voraus ist.“

Weda Kong wandte sich vom Bildschirm ab, in den sie wie hypnotisiert gestarrt hatte, und warf Dar Weter einen fragenden Blick zu. Er lächelte und nickte billigend. Weda hob stolz den Kopf, streckte die Hände aus und wandte sich jenen Unbekannten zu, die sie in dreizehn Jahren hören und sehen würden: „Das ist unsere Geschichte, ein komplizierter und lang andauernder Aufstieg zu den Höhen des Wissens. Wir rufen euch. Vereinigt euch mit uns im Großen Ring, um die mächtige Kraft des Verstandes in alle Winkel des Alls zu tragen und die träge, tote Materie zu besiegen!“

Wedas Stimme klang feierlich. Sie hatte im Namen der gesamten Menschheit gesprochen, die bereits ihre Gedanken über die Grenzen der eigenen Galaxis hinaus anderen Sterneninseln des Weltalls vermitteln konnte.

Ein langgezogener eherner Ton — Dar Weter hatte den Sendestrom abgeschaltet. Der Bildschirm erlosch. Auf der durchsichtigen Täfelung blieb die leuchtende Säule des Trägerkanals.

Müde ließ sich Weda in einen der großen, tiefen Sessel sinken, ohne den Blick von Dar Weter zu wenden. Der bat Mwen Mass, am Steuerpult Platz zu nehmen, und beugte sich über dessen Schulter. Es war totenstill, nur hin und wieder knackten leise die Kurbelsperren. Plötzlich verschwand der goldgerahmte Bildschirm, und an seiner Stelle tat sich eine ungeheure Tiefe auf. Weda Kong, die dieses Wunder zum erstenmal sah, holte tief Luft. Dieses Schauspiel wirkte verblüffend, auch auf jemand, der die Methode der komplizierten Interferenz der Lichtwellen genau kannte, durch die diese Weite und Tiefe des Blickfeldes erreicht wurde.

Die dunkle Oberfläche des fremden Planeten kam immer näher, wuchs mit jedem Augenblick. Es handelte sich um das recht seltene System eines Doppelsterns, dessen beide Sonnen sich derart im Gleichgewicht befanden, daß ihr Planet eine regelmäßige Bahn um sie beschrieb und daß sich auf ihm Leben hatte entwickeln können. Sie waren kleiner als unsere Sonne, orangefarben und scharlachrot, und ließen die Eismassen des zugefrorenen Meeres rot erscheinen. Am Rande flacher schwarzer Berge war ein langgestrecktes niedriges Gebäude zu sehen, geheimnisvoll violett schimmernd. Der Sichtstrahl stieß auf eine Plattform auf dem Dach, drang gleichsam hindurch, und sie erblickten einen grauhäutigen Menschen mit runden Eulenaugen, die von silbrigem Flaum umgeben waren. Er war groß von Wuchs, aber sehr schmal, seine Hände und Füße waren lang und dünn wie Fühler. Er stieß läppisch den Kopf nach vorn, offenbar eine flüchtige Begrüßung, richtete seine ausdruckslosen Augen, die wie Objektive aussahen, auf den Bildschirm und öffnete den lippenlosen Mund, der halb von einer nasenähnlichen Hautwulst bedeckt war. Sofort ertönte die melodische, sanfte Stimme der Übersetzungsmaschine:

„Saf Ftet, Leiter der Außeninformation, Schwan einundsechzig. Heute senden wir für den gelben Stern STL 3388 + 04 SF. Wir senden für…“

Dar Weter und Yuni Ant blickten sich an, und Mwen Mass drückte impulsiv Dar Weters Hand. Das waren die galaktischen Rufzeichen der Erde, genauer gesagt des Planetensystems. Einst hatten es die Beobachter anderer Welten für einen einzigen großen Satelliten gehalten, der in neunundfünfzig Erdenjahren um die Sonne rotiert. Einmal in diesem Zeitraum stehen Jupiter und Saturn gemeinsam in Opposition zur Sonne, die dadurch für die Astronomen der nächsten Sterne merklich verdeckt wird. Den gleichen Irrtum begingen auch die Astronomen der Erde bei vielen Planetensystemen, deren Vorhandensein bereits vor langer Zeit entdeckt wurde.