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Schneller als zu Beginn der Sendung überprüfte Yuni Ant die Einstellung der Gedächtnismaschine und die Angaben der wachsamen Funktionskontrollgeräte.

„Wir haben“, fuhr der Elektronenübersetzer mit seiner leidenschaftslosen Stimme fort, „von dem Stern…“ — es folgte eine Reihe Zahlen und Zeichen — „zufällig, außerhalb der Sendezeit des Großen Rings, eine interessante Sendung aufgenommen. Die Bewohner des Sterns haben die Sprache des Rings noch nicht dechiffriert und vergeuden ihre Energie, indem sie senden, wenn Funkstille herrscht. Wir haben ihnen während ihrer Sendung geantwortet — das Ergebnis werden wir in etwa drei Zehntel Sekunden…“ Die Stimme brach ab. Nach wie vor brannten die Signallämpchen mit Ausnahme des magischen Auges.

„Diese Unterbrechungen im interstellaren Funkverkehr sind noch immer ungeklärt, vielleicht hängen sie mit dem sagenhaften neutralen Feld der Astronauten zusammen, das sich zwischen uns und den Planeten schiebt“, erklärte Yuni Ant Weda.

„Drei Zehntel einer galaktischen Sekunde — das sind etwa sechshundert Jahre“, brummte Dar Weter. „Was nützt uns das?“

„Soweit ich verstanden habe, ist die Sendung vom Stern Epsilon Tucanae aufgefangen worden, einem Gestirn am südlichen Himmel“, sagte Mwen Mass, „das neunhundert Parsek von uns entfernt ist, also nahe der Grenze unserer ständigen Funkverbindung. Weiter als bis zum Deneb sind wir noch nicht vorgedrungen.“

„Aber empfangen wir nicht auch Sendungen aus dem Zentrum der Galaxis und von den Kugelsternhaufen?“ erkundigte sich Weda Kong.

„Unregelmäßig, zufällig oder über die Gedächtnismaschinen anderer Mitglieder des Rings, die quer durch die Galaxis eine Kette bilden“, erwiderte Mwen Mass.

„Mitteilungen, die vor Tausenden und Zehntausenden von Jahren gesendet wurden, gehen im Raum nicht verloren, sondern erreichen uns irgendwann einmal“, fügte Yuni Ant hinzu.

„Aber das bedeutet doch, daß wir Leben und Wissen der Bewohner ferner Welten nur mit ungeheurer Verspätung deuten können. Für das Zentrum der Galaxis zum Beispiel erst nach zwanzigtausend Jahren.“

„Ja, ganz gleich, ob durch Vermittlung der Gedächtnismaschinen nahe gelegener Welten oder direkten Empfang unserer Stationen — wir sehen die fernen Welten so, wie sie vor langer, langer Zeit waren. Wir lernen Menschen kennen, die längst gestorben und vergessen sind.“

„Können wir mit unserer großen Macht über die Natur tatsächlich nichts daran ändern?“ Weda gab sich nicht zufrieden. „Könnte man denn die Verbindung nicht auf andere Weise als durch Wellen oder Photonenstrahlen herstellen?“

„Wie gut ich Sie verstehe, Weda!“ rief Mwen Mass.

„In der ›Akademie der Grenzen des Wissens‹ befaßt man sich mit Projekten zur Überwindung von Raum, Zeit und Schwerkraft, den Grundprinzipien des Kosmos“, schaltete sich Dar Weter ein, „aber man hat noch nicht einmal Versuche dazu durchgeführt und konnte…“ Plötzlich leuchtete das magische Auge wieder auf, und Weda schwindelte es erneut angesichts der grenzenlosen Tiefe des Raumes, der sich auf dem Bildschirm auftat.

Aus der klaren Bildwiedergabe konnte man schließen, daß es sich um die Aufzeichnung einer Gedächtnismaschine handelte und nicht um eine Direktsendung.

Zuerst war die Oberfläche des Planeten zu erkennen, offensichtlich aus der Perspektive einer Außenstation. Eine riesige blaßviolette Sonne, gespenstisch in ihrer unvorstellbaren Leuchtkraft, übergoß die bläuliche Wolkendecke der Planetenatmosphäre mit intensivem Licht.

„Also doch — Epsilon Tucanae, ein heißer Stern der Klasse B 9 mit achtundsiebzigfacher Sonnenleuchtkraft“, flüsterte Mwen Mass.

Dar Weter und Yuni Ant nickten.

Die Szenerie wechselte. Das Blickfeld war kleiner geworden, man fühlte sich gleichsam dicht über den Erdboden der unbekannten Welt versetzt.

Runde, wie aus Kupfer gegossene Bergkuppen ragten empor, unbekannte Gesteine oder Metalle von körniger Struktur leuchteten feuerrot unter dem hellen Licht der blaßvioletten Sonne. Der Widerschein der Strahlen umrahmte die Konturen der Kupferberge, die auf den Wellen eines violetten Meeres breite rote Schatten warfen. Das Wasser schien schwerflüssig und sprühte von innen heraus rote Funken. Weit entfernt vom Ufer erhob sich in stolzer Einsamkeit mitten im Meer eine riesige Statue, eine aus dunkelrotem Stein gehauene weibliche Gestalt; den Kopf zurückgebeugt, reckte sie wie in Ekstase die ausgebreiteten Arme dem flammenden Himmel entgegen. Sie hätte durchaus eine Tochter der Erde sein können — die Ähnlichkeit mit den Menschen und die erstaunliche Schönheit der Skulptur waren verblüffend. In ihr schien das verkörpert, wovon die irdischen Bildhauer träumten: Jede Linie ihres Gesichts und ihres Körpers atmete Kraft und Durchgeistigung. Der polierte rote Stein war von geheimnisvollem, lockendem Leben erfüllt.

Atemlos starrten die fünf Erdenmenschen auf diese neue Welt. Nur der breiten Brust Mwen Mass’ entrang sich ein tiefer Seufzer — beim Anblick der Statue empfand er eine unerklärliche freudige Erregung.

Am Ufer, der Statue gegenüber, markierten gravierte silberne Türme den Anfang einer breiten weißen Treppe, die sich frei schwebend über einem Hain schlanker Bäume mit türkisfarbenem Laub erhob.

Die Fernsehkamera des neuen Planeten drang allmählich immer weiter vor.

Für eine Sekunde leuchteten weiße Mauern mit breiten Vorsprüngen auf, ein Portal aus blauem Stein. Dann spiegelte der Bildschirm einen hohen hell erleuchteten Saal wider. Der Perlmuttglanz der Wände, die ein strenges Ornament schmückte, ließ alles im Raum außerordentlich klar hervortreten. Die Aufmerksamkeit der Erdenmenschen wurde von einer Gruppe von Gestalten gefesselt, die vor einem Smaragdpaneel stand.

Das flammende Rot ihrer Haut entsprach der Farbtönung der Statue im Meer. Es war für die Erde nicht ungewöhnlich. Einige Indianerstämme Zentralamerikas besaßen — wie historische Farbaufnahmen bewiesen — ebensolche Hautfarbe, wenn sie vielleicht auch ein wenig matter war.

Im Saal befanden sich zwei Frauen und zwei Männer. Beide Paare waren verschieden gekleidet. Die einen trugen goldglänzende kurze Kombinationen, mit Schnallen versehen, die anderen hatten lange perlmuttfarbene Gewänder an.

Das am Paneel stehende Paar führte geschmeidige Bewegungen aus, wobei es die über die eine Seite gespannten Saiten berührte. Das Paneel aus poliertem Smaragd wurde durchsichtig. Im Takt der gleitenden Bewegungen zogen auf dem durchsichtigen Kristall bildhafte Darstellungen vorüber. Sie wechselten in rascher Folge, daß es auch für so geübte Betrachter wie Yuni Ant und Dar Weter schwer war, ihren Sinn restlos zu erfassen.

In der Aufeinanderfolge der Bilder schien die Geschichte des Planeten eingefangen. Gleich Phantomen zogen seltsame schöne Tier- und Pflanzenformen vorüber. Viele Tiere und Pflanzen waren jenen sehr ähnlich, deren Fossilien in den Schichten der Erdrinde gefunden worden waren. Vor den Augen der Betrachter zog die Entwicklung des Lebens in den ständig sich vervollkommnenden Formen der organischen Materie vorbei. Der unendlich lange Entwicklungsweg schien noch länger, quälender und schwieriger gewesen zu sein als der der Erdenbewohner.

Immer neue Bilder tauchten auf: große Lagerfeuer, Anhäufungen von Felsbrocken auf einer Ebene, Kämpfe mit grimmigen Bestien, feierliche Bestattungszeremonien und religiöse Kulthandlungen. Dann wurde die ganze Wand von der Gestalt eines Mannes eingenommen, der in einen bunten Fellmantel gehüllt war. Mit der einen Hand hielt er einen Speer, die andere hatte er zu den Sternen emporgestreckt, einen seiner Füße hatte er auf den Nacken eines erlegten Ungeheuers mit langen Stoßzähnen und einer borstigen Rückenmähne gesetzt. Im Hintergrund stand eine Reihe Männer und Frauen, die sich paarweise bei den Händen hielten und zu singen schienen.