Выбрать главу

»Wie wirst du zahlen?« fragte Morat, als er aufsah, nachdem er Raistlins Namen in das Büchlein eingetragen hatte.

Zahlen? Das war etwas, womit der Holzhacker etwas anfangen konnte.

»Nun, Eure Lordschaft«, sagte Gilon, der unsicher war, wie man einen Zaubermeister anredete, ihn aber gewiß nicht verärgern wollte. »Ich bin Holzfäller, wie ich heute bereits erwähnte. Und wir verfügen nur über bescheidene Mittel. Ich hatte gehofft, daß ich den, äh, Unterricht zahlen könnte, indem ich Holzscheite für die Schule herbringe. Oder ähnliche Dienste für Euch verrichte, ein faires Geschäft. In Solace wird man Euch bestätigen, daß ich ein ehrlicher Mann bin und meine Rechnungen immer bezahle.«

»Pah!« schnaubte Morat. »Was soll ich mit bündelweise Feuerholz? Ich brauche nur einmal mit den Fingern zu schnipsen« – er hob die Hände, um es vorzuführen – »und schon habe ich alles Holz, das ich brauche. Nicht nur die hiesigen, sondern die seltensten, exotischsten Hölzer von ganz Krynn. Holz!«

Der Zaubermeister funkelte Gilon an, dessen Gesicht rot angelaufen war. Wieder stellte der Holzfäller fest, daß er kein Wort herausbrachte und daß seine Arme nutzlos an den Seiten herunterbaumelten.

»Pah!« wiederholte Morat, der sich wieder an sein Buch setzte und noch etwas zu Raistlins Namen kritzelte. »Ich werde dem Burschen eine Zeitlang ein Stipendium geben«, fügte der Zaubermeister verstimmt hinzu. »Dann werden wir sehen, ob er die Mühe wert ist.«

Bevor Gilon eine Antwort formuliert hatte, war Morat aus dem Raum gefegt und durch eine Tür, die Gilon bisher völlig übersehen hatte, hinter den hohen Regalen verschwunden.

Weil er die flackernde Kugel mitgenommen hatte, war die Bibliothek sofort in trübe Finsternis getaucht. Etwas benommen von dem, was ihm hier begegnet war, wich Gilon zu den Doppeltüren zurück, die zu dem langen Eingangskorridor führten, wobei er sich für alle Fälle ein paar Mal in Richtung des verschwundenen Zauberers verbeugte.

Klein-Raist war so ausgelaugt, daß Kit seinem erschöpften Gesicht nicht ansehen konnte, ob er alles begriff, was Gilon ihm berichtete. Statt dessen konnte der zukünftige Zauberer nicht mehr laufen und war schon wenige hundert Meter hinter Teichgrund in den Armen seines Vaters fest eingeschlafen.

Der Heimweg dauerte über eine Stunde, doch Gilon trug seine Last mit Gleichmut, denn sein Herz war zutiefst erleichtert. Es war eine klare Nacht, wie sie selten vorkam, und weder Kit noch Gilon war es danach, zu sprechen und dadurch die Stimmung zu unterbrechen.

In Wahrheit war auch Kit hellauf begeistert. Seit der Nachricht, daß Raist angenommen war, war ihre schlechte Laune wie fortgeblasen gewesen. Während sie ebenfalls müde vor sich hin trottete, überschlugen sich ihre Gedanken.

Raist wachte auch zu Hause nicht mehr auf, und Kit ließ das Abendessen stehen, das Rosamund zubereitet und warmgestellt hatte. Oben in ihrer Nische lag das Mädchen wach und dachte nach. Jetzt wußte sie, was sie tun würde – Ursa nachlaufen und ihn überzeugen, sie mitzunehmen.

Raist war in der Zauberschule untergekommen, und so mußte sie sich nicht mehr um ihn sorgen. Was Caramon anging, so vertraute Kit auf seine Fähigkeiten als Kämpfer.

Bald würde sie aufbrechen können.

Kitiara beschloß, weder Gilon noch Rosamund etwas über ihre geplante Abreise zu sagen, und nach einigem Überlegen entschied sie sich, auch Caramon nichts davon zu verraten.

Als sie am nächsten Morgen über die Ereignisse des Vortags redeten, erzählte Kit Raistlin, wo sie hinwollte. Aber er mußte ihr versprechen, es niemandem zu sagen, auch wenn sie bereits fort war.

Es war, als hätte es Raistlin schon vorher gewußt. »Kommst du irgendwann zurück?« fragte er. Die Stimme des Sechsjährigen klang gefaßt, doch Kit sah in seinen Augen Tränen glitzern. Es kam ihr vor, als würde eine Hand ihr Herz zusammenquetschen.

»Wahrscheinlich«, sagte sie vage. »Ich will doch sehen, wie meine kleinen Brüder zurechtkommen!« Seine Augen klagten sie an. »Ich muß das tun, Raist. Ich kann mein Leben nicht in dieser Hütte, dieser Stadt verbringen. Das will ich nicht. Das verstehst du doch?«

Zwei Nächte später, als das Licht von Solinari und Lunitari durch die Hütte flutete, schlich sich Kit leise die Leiter von ihrem Kämmerchen herunter. Als sie im Wohnraum stand, begrüßten sie die üblichen nächtlichen Geräusche. Aus dem Nebenzimmer kamen Gilons leises Schnarchen und Rosamunds gelegentliches Stöhnen und Seufzen.

Auf Zehenspitzen schlich sie zu den schlafenden Zwillingen. Caramon, das kleine Abbild seines Vaters, schnarchte traumverloren. Raist, dessen Gesicht im Schlaf entspannt wirkte, lag ganz still. Kit kämpfte mit ihren Gefühlen, während sie beiden Zwillingen die Bettdecke unters Kinn schob.

Kitiara sah sich nicht mehr um, als sie zur Tür ging und in die schimmernde Mondnacht trat.

6

Die Söldner

Kitiara holte die vier Männer nach Mitternacht an ihrem Treffpunkt ein und konnte ihnen leicht in einiger Entfernung folgen. Eine Stunde später schlugen sie abseits der Straße ihr Lager auf. Als sie am nächsten Tag aufbrachen, war Kit schon startbereit und folgte ihnen weiter in gleichbleibender Entfernung.

Auf diese Weise war die zweigeteilte Karawane inzwischen schon drei Tage lang vorgerückt.

Tagsüber brannte die Sonne hell am Himmel und warf einen warmen, bunten Schein über die Bäume, die Steine und die Erde. Nach Sonnenuntergang wurde alles schwarz und dunkel, und nur die beiden nächtlichen Wächter, Lunitari und Solinari, erleuchteten die Landschaft ein wenig.

Der dritte Mond, Nuitari, war für alle, bis auf die verworfensten Geschöpfe, unsichtbar.

Ursa und seine kleine Bande mieden offenbar die Hauptstraße und umgingen auf ihrem Weg nach Nordosten, der sie zum Ostwall-Gebirge führte, alle Städte und Siedlungen. Als das Land anstieg, wichen die offenen Ebenen einem düsteren Nadelwald. Allmählich war das Gefälle so stark und der Wald so dicht geworden, daß sie nur noch höchstens fünfundzwanzig Meilen am Tag schafften.

Allerdings schienen Ursa und seine Männer es nicht allzu eilig zu haben. Vom späten Vormittag bis zum Nachmittag ritten sie so gleichmäßig wie möglich durch, lagerten jedoch stets früh und waren nie darauf aus, beim ersten Sonnenstrahl aufzubrechen.

Einer der Männer ritt ein Maultier, das mit Töpfen und Vorräten beladen war. Der, der Radisson hieß, ritt einen schlichten Braunen. Der dritte, dessen Gesicht von einer Kapuze verdeckt wurde, saß auf einem prachtvollen weißen Hengst mit schwarzem Maul. Ursa lenkte seine Kit bekannte graue Stute.

Kit wurde bald klar, daß sie in etwa die Richtung nach Silberloch eingeschlagen hatten, einer Barackensiedlung, wo zwergische Bergleute lebten. Doch ihr Weg führte sie weiter nach Osten, so daß sie unterhalb der Stadt im offenen Hügelland herauskommen mußten. In dieser Gegend konnte sich eigentlich nichts außer dem einen oder anderen Gut oder Landsitz befinden. Was suchten sie nur bei Silberloch? Auch wenn es dort Minen gab, fand man dort kein Reichtümer, denn die Zwerge, die sich auf solche mühsamen Arbeiten spezialisiert hatten, bearbeiteten dort angeblich Steine und bahnten den Weg für eine Straße durch die Berge. Beim Jahrmarkt des Roten Mondes hatte Kit mitbekommen, wie die Söldner die Entführung eines jungen Edelmanns besprochen hatten, doch unter den Bergleuten war bestimmt kein Sohn aus adligem Haus.

Während der langen Stunden, in denen Kit Ursa und seiner Bande folgte, überlegte sie, was diese wohl planten. Es war ein Kinderspiel, ihnen unbemerkt zu folgen. Kitiara war eine gute Reiterin; sie hatte schon auf dem Rücken eines Pferdes gesessen, bevor sie noch richtig laufen konnte.

Cinnamon, die Fuchsstute, die einst Gregor gehört hatte, war sein Abschiedsgeschenk an sie gewesen. Obwohl sie das einzige Pferd der Familie war, war selbst in den schlechtesten Zeiten nie die Rede davon gewesen, sie zu verkaufen. Seit Gregor fortgegangen war, hatte Cinnamon immer als Kits Pferd gegolten, und jetzt ritt das Mädchen auf ihr.