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»Kümmer dich nicht um den«, sagte Mita zu Kit, die an der Tür zu dem großen Raum stand und den fetten Wirt anstarrte. »Meistens wacht er in dem Moment auf, wo der letzte Gast geht, und schließt dann zu. Wir können jetzt verschwinden. Wir haben einen Zwerg, Paulus Zugbrücke, der morgens normalerweise aufräumt. Heute früh ist er nicht gekommen, deshalb sah es hier schlimmer aus als sonst. Komm schon, ich zeig’ dir, wo du dich hinlegen kannst.«

Mita führte Kit nach hinten, wo ein kleines, niedriges Gebäude stand, das mehr einem Schuppen als einer Scheune glich. Darin war Cinnamon untergebracht, und neben der Stute war noch etwas Platz. Cinnamon wieherte leise, als sie Kitiara witterte. An der Wand lag ein Haufen frisches Heu, und Kit sah, daß Cinnamon reichlich Wasser hatte. Sie war dankbar, daß Mita an alles gedacht hatte.

»Da sind wir. Ich schlafe in der Ecke da. Ich habe noch ein paar Lagen an die Wand gelegt, um den Wind besser abzuhalten.« Mita wühlte im Heu herum und zog etwas heraus. »Wie ich sehe, hast du eine Decke. Hier ist noch eine. Ist nicht viel, aber du wirst beide brauchen, damit dir warm ist.«

Zum Umfallen müde nahm Kit die alte Decke und warf sie dankbar zu ihrer eigenen. Sie war zu erschöpft, um sich noch Gedanken darum zu machen, wo sie schlafen sollte. Darum trottete sie einfach zu der Ecke gegenüber von Mitas, häufte etwas Stroh zusammen und schlief ein, noch bevor ihr Kopf den Boden berührte.Kitiara war auf einen Baum geklettert. Von ihrem. Versteck aus sah sie gebannt zu, wie El-Navar in seiner Panthergestalt den Körper von Beck Gwatmey zerriß. Plötzlich hielt der geschmeidige schwarze Panther inne und sah nach oben, genau zu Kit. Seine leuchtenden Diamantaugen luden sie ein, herunterzukommen und mitzumachen…

Sie fuhr hoch. In ihrer Nase hing Staub vom Heu. Mita kniete neben ihr und rüttelte sie sanft. »Ich habe dich so lange wie möglich schlafen lassen, aber jetzt steht Piggott bald auf, und wenn du bleiben willst, müssen wir uns fertigmachen, damit wir Frühstück auftischen können«, erklärte er.

Kitiara schüttelte den Traum ab, rieb sich den Schlaf aus den Augen und reckte sich gemächlich. Als sie hinter Mita durch den Eingang blickte, erkannte sie, daß es erst kurz nach Sonnenaufgang war. Mißmutig stand sie auf und klopfte sich das Stroh von den Kleidern.

»Schnell!« drängte Mita, der zur Hintertür hinkte.

Kit beschloß, wenigstens zum Frühstück zu bleiben. Sie hatte kein Geld und noch keine Idee, was sie jetzt machen sollte. Piggotts Haus schien Straßentreibgut aller Art anzuziehen, und vielleicht konnte sie hier neue Gefährten finden. Sie würde versuchen, mit dem gräßlichen Mann eine Art Vertrag zu schließen.

Fast hätte Kit ihre Meinung geändert, als sie in die Küche kam und Piggotts schlechte Laune erlebte. Er fluchte in allen möglichen Dialekten, schmiß Geschirrstapel um und trat gegen den Tisch. Ein junger Zwerg – in Zwergenaugen jung – versuchte, den Wutausbruch des Gastwirts nicht zu beachten, während er systematisch Töpfe, Pfannen und Teller außerhalb von Piggotts Reichweite auftürmte.

Piggott bemerkte Kit und wollte wohl etwas sagen, überlegte es sich dann aber anders. Lieber verschwand er schäumend in den Hinterhof, wo man hören konnte, wie er die Hühner anbrüllte.

Mita schlüpfte einen Augenblick später mit einem Armvoll Feuerholz durch die Hintertür in die Küche. Kit ging hin, um ihm zu helfen.

»Was war denn da eben los?« fragte sie gedämpft, als sie gemeinsam die Flammen anfachten.

»Der Straßenbau ist offiziell abgeblasen«, flüsterte Mita zurück. »Die meisten Zwerge sind nach Thorbardin zurückgekehrt. Genau, wie ich gesagt habe.«

»Der Meister hatte eine gesalzene Rechnung offen, für sich und seine acht Vettern«, warf der Zwerg, der am Geschirrspülen war, über die Schulter ein. »Ist mitten in der Nacht abgezogen und hat schlauerweise vergessen, sie zu begleichen. Heißt Ignius Cinnabar. Ein richtiger Schluckspecht. An seinem einzigen freien Abend säuft er ein halbes Faß leer, und seine Vettern genausoviel – jeder.«

Der Zwerg steckte in einem gefütterten Arbeitsanzug und hatte sich ordentlich mit Spülwasser bespritzt. Seine langen, silbernen Haare waren im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Er hatte hellbraune Augen. Obwohl er dick und arrogant war, wirkte er für einen Zwerg ganz hübsch.

»Früher oder später kommt er zurück«, meinte der Zwerg. »Ignius ist ehrlich; seine Fehler liegen anderswo. Der bezahlt seine Schulden, wenn auch vielleicht erst in ein paar Monaten. Bis dahin kann Piggott schimpfen, soviel er will.«

Kit starrte den Zwerg an, und Mita nahm dies als Hinweis, sie bekanntzumachen.

»Das ist Paulus Zugbrücke. Er ist schon länger hier als ich, und ich bin bald fünf Jahre hier.«

Kit schüttelte dem Zwerg kräftig die Hand. Sein Griff war fester, als sie erwartet hatte, paßte aber zu der Stärke, die aus seinem Gesicht sprach.

»Ich war drüben in Silberloch, als sie das Lager aufgelöst haben«, fügte Paulus erklärend hinzu. »Sie haben auf ihr Geld gewartet, darum konnten sie nichts mehr bezahlen, selbst wenn sie wollten. Aber versucht mal, das Piggott zu erklären. Der glaubt, die ganze Welt wäre nur darauf aus, ihn zu betrügen. Besonders«, er spuckte auf den Boden, um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen, »Zwerge.«

Dann wusch er weiter ab und räumte das Geschirr zusammen, redete jedoch bei der Arbeit über die Schulter weiter mit Kit und Mita.

»Haben sie einen von den Räubern gefaßt?« fragte Kitiara so unbeteiligt wie nur möglich, während ihr Herz klopfte.

»Nie«, sagte Paulus, »und das werden sie auch nicht. Die sind längst aus dieser Gegend verschwunden. Und auch die, die sie gesehen haben und vielleicht wiedererkennen würden, sind weg. Die Wachen und Arbeiter haben sich schleunigst verzogen. Sie werden für ihr Versagen zur Rechenschaft gezogen, und die Tochter, die den jungen Edelmann nach Abschluß des Straßenbaus heiraten sollte, hat eine hohe Belohnung auf alle Beteiligten ausgesetzt, tot oder lebendig. Es heißt, sie hätte sich irgendwo in einem Turm eingeschlossen und wäre völlig verrückt vor Trauer.«

»Genug geschwatzt!« fauchte Piggott, der unbemerkt durch die Hintertür hereingekommen war. Wütend sah er Paulus an. »Mach du das Geschirr fertig und hör mit dem Gefasel über Zwerge auf. Mita und Kitiara – wenn ich euch heute gnädigerweise ein Frühstück spendieren soll, dann macht euch an die Arbeit. Die Gäste sind schon im Anmarsch.«

Tatsächlich hörte man in der Gaststube Getrampel, das die Ankunft der Gäste verkündete. Paulus setzte angesichts von Piggotts Feindseligkeit eine gleichgültige Miene auf und widmete sich seiner Arbeit. Mita und Kit fingen an, in der Küche herumzurennen und Essen vorzubereiten.

Innerhalb weniger Minuten war alles besser organisiert, teilweise weil Kit sich nicht scheute, den anderen Befehle zu geben. »Paulus, stell das Geschirr nicht so weit vom Bottich weg«, sagte sie zu dem Zwerg. » Und sieh zu, daß du einen zweiten Bottich für die Töpfe und Pfannen findest.«

Der junge Zwerg mit dem Pferdeschwanz tat, was man ihm sagte, obwohl er sie dabei leicht belustigt musterte.

»Mita, so mußt du den Keksteig schlagen.« Kit nahm dem Küchenjungen die Schüssel weg und lieferte eine gekonnte Vorführung. »Und vergewissere dich, daß der Ofen heiß genug ist, bevor du sie reinschiebst, sonst ist es egal, ob du sie richtig vorbereitet hast; dann kommt trotzdem nichts dabei raus.«

Kit haßte diese Art von Arbeit, aber in den Jahren, in denen sie für den Haushalt der Majeres praktisch allein verantwortlich gewesen war, hatte sie gelernt, wie man die Arbeit am besten einteilte und wie man kochte. Auf jeden Fall würde weniger zu tun sein, wenn hier alles vernünftig lief.