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»Weiht mich in euer großes Geheimnis ein«, sagte der Zwerg mit dem Zopf, dessen Blick zwischen Kitiara und Mita hin und her wanderte.

Sie erzählten ihm von ihrer beabsichtigten Kündigung, und Paulus überraschte Kit seinerseits durch die Mitteilung, daß auch er kündigen und mitgehen würde. Und wenn Mita sich von Kitiara trennen würde, würde Paulus mit dem Jungen nach Süden ziehen. »Ich kann gar nicht erwarten, was der fette Gauner für ein Gesicht machen wird, wenn wir ihm das sagen«, grinste Paulus.

Schon Minuten später konnten die drei das erleben, als sie Piggott umringten und ihm erklärten, daß sie nach dem Frühstück gehen würden. Der beleibte Wirt wurde puterrot und brüllte sie an, und sie warfen ihm ebenfalls Beleidigungen an den Kopf. Dann änderte Piggott seine Taktik und bat sie flehentlich, wenigstens noch ein paar Tage zu bleiben, bis er neues Küchenpersonal gefunden hatte.

»Wie könnt ihr heute gehen?« bettelte er. »Du, Mita. Wie willst du denn reisen? Du hast doch gar kein Pferd!«

»Ich kauf mir eins«, sagte Mita stolz. »Ich habe genug Geld gespart, um drei oder vier zu kaufen.«

»Nein«, sagte Paulus großzügig. »Laß mich dir eins kaufen, mein Freund. Ich habe genug Geld für ein Dutzend!«

»Kit, ist das dein Dank? Mita, ich war doch wie ein Vater für dich. Paulus – «

Ihr Lachen schnitt sein vergebliches Betteln ab.

Piggott änderte wieder die Taktik. Diesmal nahm sein Gesicht einen verschlagenen Ausdruck an. Er zupfte an seinem vernarbten Ohr. »Ich sag’ euch was«, bot er an. »Ich gebe euch zwei ganze Wochenlöhne, wenn ihr noch zwei Tage bleibt. Mehr nicht. Nur damit ich ein paar Vorbereitungen treffen kann. Zwei Wochenlöhne. Dann sind wir quitt.«

Kit, Mita und Paulus sahen einander an. Das Angebot war zu gut, um es auszuschlagen, und sie konnten die Zeit auf jeden Fall nutzen, um Vorräte einzukaufen und ihre Reise vorzubereiten.

»Abgemacht!« sagte Kit und streckte Piggott die Hand hin. Der nahm sie kühl an, wischte seine hinterher an der Schürze ab und befahl ihnen allen dann in knappem Ton, wieder an die Arbeit zu gehen.

Zwei Tage später, am Abend vor dem Aufbruch, zählte Piggott jedem von ihnen zwei Wochenlöhne in die ausgestreckte Hand, einen ordentlichen Haufen Münzen. Der unversöhnliche Mann hatte während der letzten zwei Tage kaum noch mit ihnen geredet und kam auch nicht heraus, als die drei am nächsten Morgen noch vor Sonnenaufgang aufbrachen.

Kit tat es gut, nach all der Zeit wieder auf Cinnamon zu sitzen. Sie hatte nur die paar Dinge dabei, mit denen sie damals aufgebrochen war, dazu den Geldbeutel mit ihren Ersparnissen und Becks Schwert, das sie aus seinem Versteck geholt hatte. Das Schwert war immer noch eingepackt, doch Paulus’ Blick verriet, daß er vermutete, daß Kit eine wertvolle Waffe auf dem Rücken trug.

Mita ritt einen Palomino, den er einem alten Förster abgekauft hatte, und Paulus saß auf einem kleinen Pony. Beide Pferde waren mit Bündeln und Taschen beladen, von denen sich einige ausbeulten, während andere verdächtig klimperten. Wo Mita sein ganzes Zeug gehamstert hatte, als sie noch zusammen hinten im Schuppen gewohnt hatten, konnte Kit sich nicht vorstellen. Sie merkte, daß sie ihre zwei Freunde anstarrte.

»Alles gespart«, strahlte Paulus, der ihre großen Augen registrierte. Mita nickte mit breitem Grinsen. Kit schüttelte den Kopf und spornte Cinnamon an.

So beladen kamen sie nur langsam voran. Sie waren erst zwölf oder dreizehn Meilen von Stumpfhausen entfernt, wobei sie durch die Berge und den dichten Wald ungefähr nach Südwesten geritten waren, als sie noch früh am Abend das Nachtlager aufschlugen.

Die drei stritten sich, wer das Abendessen zubereiten sollte, und Paulus – der unwahrscheinlichste Kandidat – gewann. Zu Kits und Mitas Überraschung kochte der gescheite Zwerg in der Bratpfanne ein köstliches Mahl aus beidseitig gebratenen Eiern und Wurstscheiben zusammen. Die anderen beiden waren erstaunt, daß Paulus bei Piggott die ganze Zeit nur Teller gespült und in der Küche geholfen hatte, anstatt seine heimlichen kulinarischen Talente zur Sprache zu bringen.

Alle waren voller Übermut und erzählten sich Geschichten. Lunitari kam hinter einer Wolke hervor. Der Wind drehte und frischte etwas auf, und Cinnamon wieherte. Die drei waren so wenig auf einen Überfall gefaßt, daß keiner von ihnen etwas bemerkte, bis Kit aufsah und drei bewaffnete Gestalten genau außerhalb des Feuerscheins stehen sah.

Augenblicklich sprangen Kit und Paulus auf. »Keine Bewegung!« rief eine irgendwie bekannte Stimme. Sie kam von der größten der drei Gestalten, die am schlechtesten zu sehen war. Trotz des Mondlichts konnte Kit nicht viel von diesem Mann in Mantel und Kapuze erkennen. Wenigstens hatte er eine Männerstimme gehabt.

Der eine von den zwei anderen glitt vor, in der Hand ein Kurzschwert. Seine Kapuze war nach hinten gerutscht und enthüllte pechschwarze Haare, spitze Ohren und ein exotisch anmutendes Gesicht. Kit dachte, daß es sich um Wildelfen handeln mußte. Sie hatte bisher erst sehr wenige gesehen und war gegen die ganze Elfenrasse eher voreingenommen, weil sie fand, sie waren weder so geradlinig wie Zwerge, noch so harmlos wie Kender.

Der Kagonesti mit dem Kurzschwert klopfte eilig die drei Wanderer ab. Bei Paulus fand er einen Dolch und einen kleinen, beschlagenen Knüppel, bei Kit ihr verstecktes Messer. Das Bündel mit dem Schwert übersah er, denn Kit hatte es abgenommen und unauffällig unter Cinnamons Satteldecke festgebunden. Bei Mita, der ganz benommen aufgestanden war, fanden sich keine Waffen.

Der andere Räuber lief zu den Pferden, wo Mita und Paulus ihre angesammelten Schätze abgeladen und auf einen Haufen gelegt hatten. Auch er war ein Kagonesti. Die beiden Elfen redeten in ihrer eigenen Sprache miteinander, die Kit unbekannt war, während die dritte, größere Gestalt schweigend – in Kits Augen nervös – im Hintergrund blieb.

Paulus sah Kit an, doch die zuckte mit den Schultern, weil sie nicht recht wußte, was sie machen sollten. Kitiara begann, sich langsam zu ihrem Pferd zurückzuziehen.

Der Kagonesti mit dem Kurzschwert rief Kit offenbar eine Warnung zu, so daß Mita erschreckt zu ihr hin schaute. Doch die Gestalt im Hintergrund rief den Kagonesti in schlechtem Elfisch etwas zu. Für Kit klang es eindeutig nach: »Kümmert euch nicht um sie.«

Der Kagonesti mit dem Schwert wich zu dem anderen Elf zurück, wobei er die drei Freunde genau beobachtete und sein Schwert auf sie richtete. Kit konnte noch ein paar Schritte rückwärts zu Cinnamon machen. Als der Kagonesti seinen Mitstreiter erreichte, drehte er sich halb von den Gefangenen weg, um dem anderen bei der Durchsuchung der Satteltaschen zu helfen.

Jetzt war Kit am Zug. Sie sprang hinter Cinnamon, zog das versteckte Schwert heraus und mühte sich fieberhaft ab, es aus seiner festen Umhüllung zu zerren. Sie hörte den dritten Mann – inzwischen war sie davon überzeugt, daß er kein Kagonesti war – etwas rufen, bevor er mit einem gefährlichen, gekrümmten Messer losstürmte. Kit spähte über den Rücken ihres Pferdes, während sie das Schwert auspackte, so schnell sie konnte; deshalb bekam sie mit, daß der große Mann auf sie zu raste und ihm ein Kagonesti folgte. Paulus hatte sich auf den Boden geworfen. Mita stand wie gelähmt vor Schreck mit offenem Mund da.

Kitiaras Angriff verblüffte sie. Nachdem sie das Schwert endlich frei hatte, kam sie ihnen auf der anderen Seite von Cinnamon entgegen. Der große Mann keuchte laut und trat zurück. Der Kagonesti rannte weiter, so daß Kit von ihrem Pferd weg ins Freie sprang.

Diese Handlung brachte Mita in Bewegung, der mit einem schrillen Kriegsgeheul, das alle überraschte, lossprang. Trotz seines Hinkens gelang es ihm, auf dem Rücken der großen Gestalt mit Kapuze zu landen, die vor Schreck das Messer fallen ließ. Nachdem sein Arm um den Hals des Mannes lag und ihn würgte, riß Mita die Kapuze herunter, wodurch er niemand anderen als ihren fetten, vernarbten, bisherigen Brötchengeber enthüllte.