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»Wer ist das?« Der Junge hatte aufgeschaut und blinzelte zu ihr herüber. Er war ein mageres Bürschchen von vielleicht acht Jahren, wahrscheinlich ein Waisenkind, das während des Turniers hier arbeiten mußte.

»Man hat mich geschickt, ähm, zum Helfen«, sagte Kitiara schnell.

»Oh«, sagte der Junge gleichgültig. »Hier.« Er warf ihr eine Bürste zu. »Fang einfach irgendwo an. Blut und Dreck gibt’s reichlich.«

Kit fing die Bürste geschickt auf, während sie auf dem Weg zur Tür war, um hindurchzuspähen. Ein kleiner, vierschrötiger Kerl tat sein Bestes, um die windmühlenartig niederprasselnden Schläge eines großen, gutgebauten Mannes abzuwehren. Beide schwangen dicke, schwere Keulen. Hah, dachte Kitiara, das sieht doch so aus, als wäre Camium klar unterlegen.

Als sie sich umsah, bemerkte sie in dem Raum Holzwaffen aller Art herumhängen. Keulen, Dreschflegel, feste Stangen, Holzhammer, sogar Hupaks – die Lieblingswaffe aller Kender von Krynn – standen für die Kämpfer zur Wahl. Kit schob ihre Tasche hinter eine Bank und tat so, als würde sie an einer Wand herumschrubben.

Die Borsten waren so starr, daß sie Kitiaras Meinung nach sogar auf Stahl Spuren hinterlassen hätten. Durch den Gang schielte sie zum Kampf hin. Kitiara fragte sich, wie der kleine Kerl noch länger Camiums Schlägen standhalten sollte.

Scheinbar hielt sie sich direkt unter der Zuschauermenge auf, das verriet ihr der donnernde Lärm über ihr.

»Das ist doch Camiums letztes Opfer?« fragte Kit.

Der Junge blickte achselzuckend auf. »Wenn sich nicht noch jemand zusammenschlagen lassen will«, sagte er tonlos. »Das ist heute der fünfte. Weil Camium inzwischen einen so schlechten Ruf hat, konnten sie nur fünf dazu überreden. Was soll’s, letztes Jahr waren es bloß vier, also kann man sich wohl kaum beschweren.« Er ging wieder an die Arbeit.

Einige von den Zuschauern buhten, und als Kit durch die Tür sah, konnte sie sehen, wie die beiden Männer miteinander ringend auf dem Boden rollten. Der Kampf ging offenbar dem Ende zu.

Kits Gedanken überschlugen sich. Das war eine Chance – und wenn es die Chance war, sich den Schädel einschlagen zu lassen –, die sie sich nicht entgehen lassen konnte.

Sie fand einen kleinen Lederhelm, den sie sich fest um den Kopf band, und in den sie die paar Löckchen stopfte, die er nicht bedeckte. Dann ging sie zur Wand, wo sie einen langen, abgerundeten Stock abnahm, den sie mehrmals auf den Boden schlug, um sicher zu sein, daß er hielt.

Kit war schon früher als Mann durchgegangen. Mit der Lederweste, die sie am Strand gefunden hatte, der rauhen Tunika, der Hose und den schweren Stiefeln, die sie von Rand erhalten hatte, mochte ihr das jetzt wieder gelingen. Kit rieb sich etwas Staub ins Gesicht und auf die Hände.

Der Junge hatte seine Bürste beiseite gelegt und schaute ihr mit wiedererwachter Neugier zu. »Was machst du da eigentlich?« fragte er. »Du hast doch keine Chance. Du bist ein – «

Auf der Stelle stand sie neben ihm und fummelte in ihrer Tasche herum. »Hier«, sagte sie und gab ihm ein paar von ihren Münzen. »Geh schon und setz auf den letzten Herausforderer. Auf mich. Und vergiß, was du gesehen hast.«

»Aber – «

Kit erhob ihren Stock und schlug damit vielsagend auf den Boden. »Verschwinde!« schrie sie. »Und danke deinen Göttern, daß ich nichts Schlimmeres mache!«

Als der Junge davongerannt war, hörte Kit draußen kurze Stille, der ein einstimmiges Gebrüll folgte. Der Zweikampf war entschieden. Kitiara drehte sich um und eilte ins Licht.

Die Menge schreckte kurz hoch, um den Neuankömmling dann jubelnd willkommen zu heißen.

Als sie aus der Dunkelheit in die Sonne des Spätnachmittags trat, brauchten Kits Augen ein paar Sekunden, bis sie sich an das helle Licht gewöhnt hatten. Sie stand in der Sandarena, an deren Seiten fünfzig Reihen Bänke anstiegen, und die Leute, die darauf dicht an dicht saßen, starrten sie an. Sie schrien und gestikulierten, waren aber eindeutig erfreut über die Aussicht auf einen weiteren Kampf.

In der Mitte der Arena lag zu Kits großem Schrecken der verprügelte Körper eines großen Mannes mit kräftigem Oberkörper. Ein vergleichsweise kurzer Kerl thronte auf der reglosen Brust.

Der kleine Mann war nicht mehr der Jüngste. Sein Haupt wurde bereits kahl, und er hatte einen langen, lockigen graumelierten Bart. Der Kerl hatte O-Beine und reichte ihr höchstens bis zur Brust. Seine Nase war so platt, als wäre sie schon dutzendmal gebrochen gewesen.

Der Kämpfer war ein Zwerg. Er strahlte triumphierend und leerte gerade einen Krug Bier. Als er Kitiara sah, warf er den Krug beiseite und sprang von der Brust seines fünften Opfers. Dann stand Camium Eisenbieger, zwölffacher, ungeschlagener Sieger des Holzwaffenfestes, wie ein echter Profi auf und verbeugte sich sehr formell vor Kitiara.

Nachdem sie fünf Minuten mit Camium Eisenbieger gekämpft hatte, verstand Kit, warum er elf Jahre lang das Holzwaffenfest gewonnen hatte. Nach zehn Minuten hatte sie von dem Kampf genug, doch das Problem war, Kit hätte aufgeben müssen, und Aufgeben war gegen ihre Ehre. Der Kampf konnte anscheinend nur auf zwei Arten zu Ende gehen – mit Kits Bewußtlosigkeit oder mit ihrem Tod.

So unnachgiebig, wie er kämpfte, war klar, daß Camium Eisenbieger beide Alternativen gleich recht waren.

Nach einer halben Stunde konnte Kitiara kaum noch auf ihren wackligen Beinen stehen, kaum noch aus ihren blutunterlaufenen Augen sehen, kaum noch ihren Stock heben, um nach dem graubärtigen Zwerg zu schlagen.

Der Zwerg bewegte sich nicht viel. Er war durchaus bereit, Kitiaras Schläge einzustecken, so viele und so schnell sie austeilen konnte. Es sah fast so aus, als wäre es für Camium Eisenbieger eine Frage des Stolzes, einen Kinnhaken oder eine Kopfnuß zu bekommen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Kitiara versuchte ein paarmal, nach seinen Knien zu schlagen, doch seine Beine erwiesen sich als ebenso stabil wie sein Schädel.

Die ganze Zeit ließ er sich von ihr umkreisen, wich kaum von der Stelle zurück, wo er sich aufgebaut hatte, und beobachtete sie genau. Kit konnte Camium leicht erreichen und fast nach Belieben zuschlagen. Sie schwang ihren dicken Stock – anderthalbmal so lang wie sie – fast wie ein Schwert, doch er nahm auch ihre besten Treffer mit einem Grinsen hin, das die Begeisterung der Menge noch anstachelte.

Was Camium anging, so trug dieser eine häßliche, knorrige Keule voller Löcher und Kerben. Diese ruhte fast schwerelos auf seiner Schulter, obwohl sie so lang war wie er und vermutlich halb so schwer. Wenn Kitiara fünf- oder zehnmal zugeschlagen hatte, holte er einmal aus, und auch das nur sehr zurückhaltend, als hätte er es damit nicht eilig.

Doch seine Trefferquote war hoch, und seine Schläge landeten mit viel Kraft auf ihren Beinen, auf der Brust, auf den Schultern und auf dem Gesicht. Er war wahrscheinlich mehr als zehnmal so alt wie sie und nicht größer als Caramon, doch der kleine Dickwanst konnte wirklich kämpfen. Kurz bevor sie umfiel, dachte Kit noch, daß es doch irgendeinen Weg geben mußte, ihn zu erledigen.

Die Menge buhte wild, als sie mit dem Gesicht nach unten im Sand zusammenbrach. Camium ging zu einem großen Hahn, der für ihn an der Wand der Arena angebracht war, und zapfte sich einen Krug Bier. Während er gedankenverloren die drei Schiedsrichter ansah, nahm er einen langen, tiefen Zug.

Drei Bürger in gleichen Roben saßen auf einer Tribüne, von wo aus sie Kits ausgestreckten, reglosen Körper beobachteten. Sie hatten nicht vor, das Spektakel vorzeitig abzubrechen. Die Menge buhte weiter.

Gutmütig ging Camium zu Kit und kippte ihr einen Krug Bier über den Kopf. Sie sprang auf, sah sich verwirrt um und zog sich schnell aus der Arena in den engen Gang zum Waffenraum zurück.

Die Menge teilte sich etwa zu gleichen Teilen auf in Buhrufer und Lacher. Camium schüttelte grinsend den Kopf und kehrte an seinen Bierhahn zurück.

Deshalb sah er Kitiara nicht, als sie wild in die Arena zurück und geradewegs auf ihn zustürmte. Die überraschte Reaktion der Menge warnte den Zwerg, doch Camium wußte nicht, was er von einem Gegner zu halten hatte, der einen riesengroßen, eisenbeschlagenen Eimer und eine Schrubberbürste schwang. Sein Unterkiefer fiel herunter, und seine knorrige Keule ebenfalls.