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Über Ursa fand ich alles Erfahrbare heraus. Überall hatte ich Spione und Kontaktleute. An keinem Ort war er zweimal, und immer war er uns einen Schritt voraus. Aber am Ende wußte ich mehr über ihn und seine Gewohnheiten als seine eigene Mutter, und ich wußte, daß ich ihn irgendwann erwischen würde.«

Jetzt wurde ihre Stimme samten wie die Vorhänge. »Herauszufinden, wer du warst, war schwieriger, als Ursa zu finden, meine Liebe«, gurrte die Lady. »Radisson kam nicht mehr dazu, es mir zu sagen, und El-Navar spricht als Panther nicht allzugut. Von den Augenzeugen wußte ich, daß fünf Leute dabei waren, aber ich hatte nie in Betracht gezogen, daß einer von ihnen eine Frau gewesen sein könnte. Bis dann rein zufällig einer meiner Detektive auf einem Schiff mitfuhr, wo er das Schwert meines Liebsten sah. Aber selbst da glaubten wir noch, es wäre dieser Patrick. Der hat natürlich behauptet, er wüßte von nichts. Aber er mußte trotzdem sterben. Um ganz sicherzugehen.«

Während die Lady mit ihrer Geschichte beschäftigt war, war Kitiara näher gerückt, bis sie nur noch weniger als ein Dutzend Schritt von ihr entfernt war. Mit dem nächsten Schritt betrat Kit den blassen Lichtkegel, der Luz umgab, so daß die verhärmte Frau sie zum ersten Mal deutlich sehen konnte. Und dabei keuchte Lady Mantilla auf.

Sie sank vor Entsetzen in sich zusammen. Diese Reaktion überraschte Kit dermaßen, daß sie erstarrte und dann einen Schritt nach hinten zurück in die Schatten machte. Da erst kam Kit darauf, daß sie mit ihren kurzen Haaren und im Kampfanzug für die verwirrte Lady immer noch Beck Gwatmey ähnelte.

Kitiara trat wieder ins Licht. Becks Schwert glitzerte.

»Also du bist es?« flüsterte die Frau. »Du bist es! Du hast das Schwert.«

Hinter sich konnte Kitiara das Klirren der Eisernen Garde hören, die sich in Marsch setzte. Sie kam noch einen Schritt näher.

»Das Schwert, das ich meinem Liebsten schenkte…« Die Lady stöhnte kläglich. »Sein Verlobungsgeschenk. Er hatte es bei sich, als man ihn… meuchelte.«

»Damit hatte ich nichts zu tun«, sagte Kit wahrheitsgemäß.

Der Gesichtsausdruck der Lady veränderte sich. Sie beugte sich nach vorn und erschauerte, um sich dann wieder aufzurichten. Ihr Gesicht war wutverzerrt. »Du mußt sterben, weil du dabei warst«, kreischte Lady Mantilla. »Du mußt sterben! Sterben! Ich habe es geschworen!«

Kit konnte hinter sich die Wachen hören. Mit gezücktem Schwert sprang sie auf die Lady zu, so daß die Verrückte in ihrem Stuhl gefangen saß.

Aus der Nähe konnte Kitiara erkennen, daß Lady Mantillas Gesicht von tiefen Falten durchzogen und mit weißem Puder und Rouge grell geschminkt war. »Ruf sie zurück«, befahl Kit angespannt.

»Du kannst mich nicht töten«, gab die Herrin zurück. »Ich bin schon lange, lange tot. Seit damals.«

»Ruf sie zurück«, wiederholte Kit, die der Herrin ihr Schwert an den Hals setzte, während sie nervös einen Blick nach hinten warf. Die drei restlichen Gardisten traten langsamer und vorsichtiger heran. Aber immer noch näherten sie sich mit jener erstaunlichen Anmut, mit der sie sich trotz der schweren Rüstungen bewegen konnten. Jetzt hatten sie ein enges Dreieck um Kit gebildet und kamen immer näher.

»Sag mir deinen Namen!« zischte die Lady.

»Kitiara Uth Matar«, verkündete Kit.

Urplötzlich hörte sie ein leises, gleitendes Geräusch, das sie nicht einordnen konnte, dann einen schrillen Schrei. Hinter ihr kam jemand hinter einem Wandbehang hervor aus einer verborgenen Tür gestürmt, den sie fast vergessen hatte – Colo.

Die Waldläuferin zog einen Fuß nach, hinter sich her, überwand die kurze Entfernung jedoch, bevor einer der Anwesenden reagieren konnte. Geschickt sprang sie einem aus der Eisernen Garde auf den Rücken, krallte sich am Hals der Wache fest und versuchte vergeblich, einen Punkt zu finden, wo sie Messer oder Schwert durch den bleiernen Schutz stechen konnte.

Kits Aufmerksamkeit war höchstens drei Sekunden abgelenkt, doch als sie sich wieder zu Lady Mantilla umdrehte, war die Frau vom Thron verschwunden. Gackernd stand sie in einem anderen Teil des Zimmers. Kitiara hatte allerdings keine Zeit, sich über ihr Versagen zu ärgern, denn sie vernahm hinter sich weiteres Klirren und Scheppern und fuhr gerade rechtzeitig herum, um sich vor dem Schlag einer der Wachen zu ducken.

Wie ein Tänzer wirbelte dieser Gardist hinter Kit her und zielte erneut auf ihren Kopf. Rechtzeitig erhob sie Becks Schwert, und die Waffen prallten mit großer Gewalt aufeinander. Die größere Stärke ihres Gegners warf Kit rücklings gegen die Wand. Noch während sie abrollte, stieß sie mit dem Messer nach oben, traf aber nur Metall.

Colo erging es nicht besser. Sie ritt auf dem breiten Rücken ihrer Eisernen Wache, die im Raum herumrannte und Möbel und Wände rammte, um sie loszuwerden. Sie hielt sich unbeirrt fest, obwohl ihre Waffen nutzlos waren, und dabei verfluchte sie ihren Gegner.

Der dritte Gardist schien kurzfristig unsicher zu sein, was er tun sollte. Er war näher bei Kit und deren Kampf, doch Colo und ihr Gegner waren praktisch überall, während sie stolpernd durch den Raum jagten. Dieser dritte Gardist kam zögernd ein paar Schritte auf Kit zu, bevor er sich umdrehte und auf Colo zuhielt.

Von der einen Seite des Saals sah Lady Mantilla dem Durcheinander befriedigt zu und verspottete Kit.

Wie zur Antwort machte Kit einen Scheinangriff mit dem Schwert, um dann plötzlich nachzugeben. Die Wache konnte ihren großen Schwung nicht mitten im Schlag abbremsen. Sie krachte mit dem behelmten Kopf gegen die Wand, und bis sie sich umdrehen konnte, war Kit entwischt und fast wieder in der Mitte des Raums.

Obwohl sie etwas benommen war, hatte Colo endlich begriffen, daß ihr Schwert nicht viel nutzte. Sie ließ es auf den Boden fallen. Ihre Beine lagen immer noch um die Brust der Wache, als sie mit beiden Händen herumgriff und mit dem Messer nach oben in die Augenschlitze der Eisernen Garde stach. Ein unnatürlicher Schmerzensschrei erfüllte den Raum. Der Gardist fiel auf die Knie und faßte sich an die Augenschlitze, doch Colo hielt sich fest und stach immer wieder ihr Messer hinein.

Kits Gegner setzte ihr wieder zu, und sie wich unter Scheinangriffen zurück. Plötzlich machte die Wache einen Schritt zurück und überraschte sie durch eine geschmeidige, fast hypnotische Geste, an der der Schwertarm nicht beteiligt war. Der Gardist riß etwas vom Tisch, einen Zierteller, und schleuderte ihn nach ihr. Er traf Kit am Kinn. Sie knickte zusammen, richtete sich jedoch blutend und etwas wacklig wieder auf.

»Kit!« schrie Colo keuchend.

Kitiara schaffte es, sie anzusehen und ihr beruhigend zuzunicken. Dabei aber war Colo einen Moment zu lange abgelenkt. Der dritte Feind, der sich hinter sie geschlichen hatte, sah seine Chance und stieß Colo das Schwert in den Rücken. Ihr Gesicht gefror. Sie sackte zu Boden.

Im gleichen Augenblick brach die Wache mit dem Messer in den Augenschlitzen verrenkt zusammen.

Kit stieß einen Schrei aus. Obwohl sie dabei der Wache, die sie verfolgte, den Rücken zuwendete, rannte sie quer durch den Raum auf den zu, der Colo erstochen hatte. Der Gardist sah ihren Angriff voller Überraschung? Furcht? kommen. Da er ohne Schwert war, das immer noch im Rücken der armen Colo steckte, versuchte er, sein Messer zu ziehen.

Kits Schwung warf den Gardisten rückwärts um, so daß sie auf seiner Brust saß. Der Mann schlug wild nach ihr, doch Kit stieß ihm fest und schnell, wieder und wieder, den Knauf von Becks Schwert ins Gesicht, wodurch sie die Maske in zerbeultes Blech verwandelte.

Der Gardist griff nach der Maske, hustete und keuchte.

Kit kam hoch und zog Colo, so sanft und schnell sie konnte, das Schwert aus dem blutigen Rücken, um dann ihre Freundin herumzudrehen. Colos Mund und Augen standen offen. Ihr Gesicht war leichenblaß.