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Ich bin nicht sicher,antwortete Astaroth,aber ich denke daran, daß es an Bord der NAUTILUS eine Selbstvernichtungsanlage gibt. Wie? fragte Mike erschrocken.

Ehe du fragst – ich habe keine Ahnung, wie sie funktioniert. Aber ich weiß, daß sie existiert. Ein Druck auf einen bestimmten Knopf – und peng. Kein Winterfeld und keine Eiszeit mehr.

Und keine Serena,dachte Mike. Die Worte waren nicht für Astaroth bestimmt, und der Kater antwortete auch nicht, aber er sah Mike aus seinem einen, gelbleuchtenden Auge sehr ernst an. Mike verspürte ein eisiges Frösteln – und abermals ein Gefühl von Scham, als er daran dachte, daß er Serena tatsächlich verdächtigt hatte, aus Angst gehandelt zu haben. Das genaue Gegenteil war der Fall. Das mußte die Erklärung sein: sie hatte vorgehabt, die NAUTILUS zu zerstören, sobald sie zusammen mit Winterfeld an Bord war. »Ich will nicht drängeln«, drang eine Stimme in seine Gedanken, »aber wir sind bereits ziemlich tief. Solltest du dich nicht lieber um das Schiff kümmern, statt mit der Katze zu spielen?«

Mike fuhr erschrocken auf und blickte in Winterfelds Gesicht. Er hatte nicht gemerkt, daß der Kapitän der LEOPOLD hinter ihm aufgetaucht war. Erschrocken fragte er sich, ob und wieviel dieser von seinem stummen Zwiegespräch mit Astaroth mitbekommen hatte – und ob er gar Verdacht geschöpft haben könnte, daß der Kater mehr war als das, wonach er aussah.Hat er nicht,beruhigte ihn Astaroth.Aber jetzt tu lieber, was er dir sagt, ehe er doch noch etwas merkt. Und über das, was er gerade über mich denkt,fügte er nach einer Sekunde hinzu,werde ich mich später mit diesem Herrn unterhalten. Unter drei Augen, gewissermaßen.

Winterfeld schüttelte den Kopf und seufzte. »Der Kater scheint dich vermißt zu haben«, meinte er. »Meine Leute sagen, daß er sich wie toll gebärdet hat. Sie wollten ihn schon über Bord werfen. Ich möchte nur wissen, was ihr alle an diesem häßlichen Tier findet. «

»Er gehört eben zu uns«, sagte Mike rasch. Ebenso rasch wandte er seine Konzentration wieder den Instrumenten vor sich zu. »Wir sind schon sehr tief«, sagte er. »Es kann nicht mehr lange dauern. Sie sollten mir allmählich sagen, wohin ich überhaupt fahren soll. «

»Einfach nur nach unten«, antwortete Winterfeld. »Wenn meine Karten stimmen, müssen wir uns unmittelbar über dem Vulkan befinden. Aber ich muß sichergehen. Wenn die Schiffe nicht präzise im Krater explodieren, ist alles umsonst. «

Mike ersparte es sich, darauf zu antworten. Es hatte keinen Sinn, mit Winterfeld zu diskutieren. Einen Moment lang spielte er ernsthaft mit dem Gedanken, den Kurs der NAUTILUS ganz unmerklich zu ändern. Hier unten herrschte stockfinstere Nacht. Sie konnten eine halbe Meile an dem Vulkan vorbeifahren, den Winterfeld auf dem Meeresgrund vermutete, ohne ihn auch nur

zu sehen. Und wenn er nicht fand, wonach er suchte, gab er

seinen verrückten Plan vielleicht auf.

Vergiß es,sagte Astaroth.Er würde es merken. Er rechnet damit, daß du genau das tust, weißt du? Ichweiß gar nicht, warum ihr ihn für verrückt haltet. Er ist ziemlich klug.

Und trotzdem ziemlich verrückt,antwortete Mike.Auch nicht mehr als ihr alle,sagte Astaroth patzig.Nur auf eine andere Art. Übrigens – interessiert es dich, daß er vorhat, sein Wort zu halten? Er wird euch gehen lassen.

Das überraschte Mike nicht im mindesten. Man konnte gegen Winterfeld sagen, was man wollte – er war trotz allem ein Mann von Ehre.

Immer tiefer und tiefer glitten sie in das Meer hinab. Der Sog wurde nun so stark, daß die NAUTILUS spürbar zu zittern begann, und die Motoren dröhnten lauter, da sie sich stärker gegen die Strömung stemmten, die das Schiff mit sich in die Tiefe reißen wollte. Winterfeld sagte jetzt nichts mehr, aber er stand die ganze Zeit hinter Mike und beobachtete sehr aufmerksam, was dieser tat, und nach einer Weile gesellten sich noch zwei von seinen Ingenieuren hinzu, die sich eifrig Notizen machten oder in aufgeregtem Flüsterton miteinander sprachen.

Mike schätzte, daß auf diese Weise eine gute halbe Stunde verging. Sie hatten den Meeresboden nun fast erreicht und somit eine Tiefe, die auch für die NAUTILUS beinahe die Grenzen dessen darstellte, was sie aushalten konnte.

Auch Winterfeld zollte den Fähigkeiten der NAUTILUS gebührenden Beifall. »Phantastisch!« sagte er. »Das ist ... unglaublich, weißt du das eigentlich? Jedes auch nur vorstellbare Unterseeboot wäre schon bei einem Bruchteil dieses Wasserdrucks einfach zermalmt worden. Ich glaube, so etwas können wir selbst in hundert Jahren noch nicht bauen!«

»Wenn Sie mit Ihrem Plan Erfolg haben, können wir es vielleicht nie«, sagte Mike bitter, aber Winterfeld schien die Worte überhaupt nicht gehört zu haben. »Und ein Volk, das so etwas Unglaubliches bauen konnte, mußte untergehen«, fuhr er fort. »Ich finde es wirklich bedauerlich, daß mir nicht mehr Zeit bleibt, mich mit deiner kleinen Freundin zu unterhalten. Ich hätte gerne mehr über Atlantis erfahren. Ich nehme an, du weißt mittlerweile alles darüber, was es zu wissen gibt?« »Dies und das«, antwortete Mike einsilbig. Die Neugier in Winterfelds Worten war nicht gespielt, aber er hatte keine Lust, sich zu unterhalten, als wäre nichts geschehen, während sie dabei waren, den Weltuntergang vorzubereiten.

»Ich verstehe«, sagte Winterfeld. »Du willst nicht mit mir reden. Das tut mir sehr leid. Ich hätte es vorgezogen, wenn du verstehst, warum ich das alles tue. « Mike sah nun doch von seinen Instrumenten auf und direkt in Winterfelds Gesicht. »Das kann ich nicht verstehen«, sagte er. »Niemand kann das.

Bitte, Herr Winterfeld – überlegen Sie es sich noch einmal. Auch Paul hätte das nicht gewollt, dessen bin ich sicher. « Winterfelds Gesicht verdüsterte sich. Aber nicht aus Zorn, wie Mike im allerersten Moment glaubte, sondern vor Trauer und Schmerz.

»Paul«, antwortete er nach einigen Sekunden sehr leise und ohne Mike anzusehen, »wollte auch nicht sterben. Niemand hat ihn gefragt, was erwollte.Es tut mir leid, Mike, aber mein Entschluß steht fest. « »Und Ihre Männer?« fragte Mike.

»Wissen sie, daß Sie sie alle zum Tode verurteilt haben? Interessiert es Sie auch nicht, wassiewollen?«

»Sie werden nicht sterben«, antwortete Winterfeld. »Wofür hältst du mich? Sie alle werden rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden – bis auf einige wenige, die mich freiwillig begleiten. Ich bin kein Mörder. « Es dauerte einen Moment, bis Mike klar wurde, was diese Worte bedeuteten. »Moment mal«, sagte er. »Soll das heißen, daß –«

»Ich selbst an Bord der LEOPOLD sein werde, wenn das Schiff sinkt, ja«, unterbrach ihn Winterfeld. »Es ist notwendig. «

»Das bedeutet Ihren Tod«, sagte Mike. »Ja«, antwortete Winterfeld ungerührt. »Aber er wird nicht umsonst sein. Ein Menschenleben mehr oder weniger – was bedeutet das schon, angesichts dessen, was ich erreichen werde?«

Hör lieber auf,sagte Astaroth warnend.Du hattest recht. Er ist verrückt. Du hättest ihn nicht auf Paul ansprechen sollen.

Tatsächlich hatte Mike Winterfeld noch nie so nahe am Rande seiner Selbstbeherrschung erlebt wie in diesem Moment. Und vielleicht hätte er sie wirklich vollends verloren, hätte sich nicht in genau diesem Augenblick einer der beiden Ingenieure umgewandt und auf das Fenster gedeutet. »Dort!« sagte er. »Seht!«