„Ich habe zwei von diesen neuen Tauchausrüstungen bestellt“, sagte Bobs Vater und wechselte damit das Thema. „Wir werden irgend etwas improvisieren müssen, um die Lufttanks zu füllen, denke ich. Wir haben zwar einen Kompressor für die, pneumatischen Hämmer und Bohrer, aber die Anschlußstücke müssen sicher verändert werden.“
„Du hast zwei bestellt?“ fragte Bob so unbeteiligt, wie es ihm möglich war.
„Natürlich. Du hast doch nicht etwa vor, allein zu tauchen, hoffe ich.“ Es war reines Entgegenko mmen, daß der Jäger die Kapillargefäße in Bobs Gesicht so regulierte, daß er nicht errötete. Der junge Mann wechselte — unauffällig, hoffte er — das Thema.
„Wann können sie hier eintreffen?“
„Das kann eine Weile dauern. Selbst mit dem Flugzeug ist es eine lange Strecke. Wir können da vorläufig nichts weiter tun. Du sagtest gestern, daß du versuchen wolltest, ein Minensuchgerät oder so etwas aufzutreiben, nicht wahr?“
„Ja. Es könnte uns eine Menge Zeit sparen, falls es unter Wasser funktioniert.“
„Ich glaube, das brauchen wir nicht zu bestellen“, sagte Arthur Kinnaird lächelnd. „Taro Tavaké von der Radiostation kann uns bestimmt so ein Ding basteln. Er hat schließlich während des Krieges in den Salomonen damit gearbeitet. Ich bin sicher, er weiß, wie so ein Gerät funktioniert. Ich werde gleich morgen mit ihm darüber sprechen.“
Bob nickte dankbar. „Gut“, sagte er. „Das scheint uns ein Stück weiterzubringen. Wenn die Tauc hausrüstung kommt, werden wir genauere Pläne machen, aber im Augenblick können wir wohl nichts weiter tun.“
„Noch eine Frage“, sagte seine Mutter. „Du wirst bald mit der Arbeit beginnen müssen; wie willst du dann all das schaffen, was du dir vorgenommen hast? Und wer, außer deinem Vater, könnte mit dir tauchen? Ihr müßt beide arbeiten und habt nicht sehr viel Zeit dafür. Hast du nicht daran gedacht, den alten Toke einzuweihen und dir als Job die Suche nach Raumschiffen geben zu lassen? Das würde doch vieles sehr erleichtern.“
„Wir haben daran gedacht und sehr eingehend darüber diskutiert, Mom. Vorläufig haben wir uns dagegen entschieden — und nur teilweise, weil ich prinzipiell dagegen bin, mit irgend jemand über diese Angelegenheit zu sprechen. Toke Thorvaldsen und sein Sohn haben natürlich eine Menge Einfluß, weil sie die PFI sind, aber die Gesetze des Jägers treffen weitaus mehr auf Menschen dieser Art zu, als auf uns.“
„Auch wenn dadurch die Chancen, dein Leben zu retten, erhöht würden?“ sagte die Frau.
„Glaube mir, wir haben diese Frage sehr gründlich durchdacht. Beide Möglichkeiten bergen Risiken, und ich habe mich für die entschieden, die ich vorziehe. Der Jäger stimmt mir hundertprozentig zu. Vielleicht mache ich einen Fehler, aber ich will es nun einmal so.“
„Und, wie du taktvollerweise verschwiegen hast, ist es ausschließlich deine Angelegenheit. Gut, mein Sohn, wir werden nach deinen Regeln spielen. Entschuldige, daß wir uns Sorgen machen um dich.“
5
Wenn im Zweifel, fragen
Jenny traf fast gleichzeitig mit Bob und dem Jäger beim Boot ein. Sie nickte zufrieden über seine Kleidung, die mit der ihren übereinstimmte: Jeans, langärmeliges Hemd, Kuli-Hut und alte Segeltuchschuhe zum Schutz vor den Korallen. Jenny hatte ein Netz mit Obst mitgebracht.
„Es sollte nicht schwierig sein, das zu finden, was ich suche“, sagte er mit einem Blick auf das Netz.
„Ich glaube nicht, daß wir den ganzen Tag dazu brauchen.“
„Ich hoffe, du hast recht“, antwortete sie, „aber ich fühle mich doch wohler, wenn wir etwas zu essen dabeihaben. Willst du mir jetzt verraten, wonach wir suchen, oder bin ich nur der Taxifahrer?“
Diesmal ließ sie Bob das Kajak zum Ufer tragen; er schwieg, bis es im Wasser lag und sie hineingestiegen waren. Seine ersten Worte waren keine Antwort auf ihre Frage.
„Was hast du aus deinem Vater herausquetschen können?“
„Nichts. Ich habe ihn nicht gefragt, und in deinen Krankenblättern steht nichts, das mir irgendeinen Hinweis geben könnte.“
„Du hast sie also gelesen.“
„Das hatte ich dir ja angekündigt.“
„Okay. Ich mache dir einen Vorschlag: ich werde dir die ganze Geschichte erzählen und das Risiko auf mich nehmen, daß du mich für schwachsinnig hältst — aber halte dir immer vor Augen, daß dein Vater jedes Wort bestätigen kann — und du wirst mir sagen, was du gestern Vormittag mit deiner Bemerkung über das Anstecken von Feuern gemeint hast. Ich muß zugeben, daß ich mir darüber Gedanken gemacht habe. Einverstanden?“
„Also hat meine Frage dich doch irgendwie getroffen.“
„Das kann man wohl sagen. Und sie paßt genau zu dem, was ich dir erzählen werde.“
Jenny schwieg und zog das Paddel einige Male durch; als sie sprach, gab sie ihm keine direkte Antwort.
„Ich habe dieser Sache mit dem Feuer keine so große Bedeutung beigemessen“, sagte sie schließlich, „obwohl ich seit Jahren darüber nachgedacht habe. Anscheinend steckt doch mehr dahinter, als ich angenommen habe, wenn sie in deine lebensentscheidende Angelegenheit paßt. Also gut, hier ist meine Geschichte.
Ich nehme an, du kennst die desChenes-Familie; zumindest André hast du gestern kennen gelernt.
Der Vater ist früher auf einem Tanker gefahren, aber sie haben ihm einen Job an Land gegeben, als seine Frau vor sieben Jahren bei einer Geburt starb.
Es sind drei Kinder da — André ist das älteste —, und viele von uns haben sich irgendwann um sie gekümmert. Ich fürchte, wir haben keine besonderen erzieherischen Qualitäten entwickelt, denn André ist, um es klar und deutlich zu sagen, ein echter Widerling. Es macht ihm ausgesprochen Spaß, andere Menschen zu ärgern oder sogar zu verletzen. Ich weiß, daß die meisten Kinder so eine Phase durchmachen, aber die sollte mit elf Jahren längst vorüber sein. Ich persönlich bin der Ansicht, daß er etwas geistesgestört ist, aber Dad sagt, er hätte nur als Kind einige Schocks erlitten und würde mit der Zeit darüber hinwegkommen.
Jedenfalls hält André Streiche für ausgesprochen witzig — und ich meine damit Sachen, wie jemand eine glühend heiße Münze in den Kragen zu stecken oder Stolperdrähte auf Treppen zu spannen, und nicht etwa so harmlose Scherze wie einen Eimer Wasser über der Tür. Ich hatte dadurch einmal einen verrenkten Knöchel und bin mindestens ein Dutzend Mal gestürzt, ohne mich ernsthaft zu verletzen; und ich habe drei Brände gelöscht, die er vor und hinter seinem Haus gelegt hat — niemals im Haus selbst, muß ich ihm zugute halten. Vor etwa vier Jahren — ich war damals erst vierzehn und mußte die Kinder allein hüten, während Mr. desChenes arbeitete — brannte es zum erstenmal, und natürlich habe ich ihm zu erklären versucht, daß es keine sehr gute Idee sei. Er sagte mir sehr ernsthaft, daß er das besser wisse. Und er machte natürlich weiter.
Als er zum drittenmal ein Feuer ansteckte, vielleicht eineinhalb Jahre später, verbrannte er sich dabei — nicht sehr schlimm, aber genug, um zu merken, daß Feuer weh tut. Ich glaubte, daß meine Ermahnungen diesmal wirklich etwas nützen würden. Er war sehr wütend; nicht auf mich, sondern auf das Feuer. Er sagte, es sei nicht gerecht, daß einer mit Feuer spielen und seinen Spaß haben könne, und ein anderer sich dabei verbrenne. Ich brauchte ein paar Wochen, um herauszubringen, was er damit meinte. Schließlich sagte er mir, daß er einen großen Jungen gesehen habe, der öl auf den Boden geschüttet und angesteckt habe, und dann sei ein Wagen in die Flammen ge fahren, und der Junge sei auf den Sitz gesprungen und habe ihn aus dem Feuer gefahren. Noch später, vor zwei Jahren, als du zum letzten Mal zu Hause warst, war ich mit ihm zusammen, und wir sahen dich zufällig auf der Straße. Er sagte, du seist der große Junge, der das Feuer angesteckt habe. Aber ich war mir nicht sicher, ob ich ihm glauben sollte, da er auch recht häufig lügt, und ich habe mir immer gewünscht, einmal herauszufinden, ob es stimmt oder nicht.