Bob seufzte. „Die Antwort auf die zweite Frage ist dieselbe wie immer: Wir müssen nach wie vor vermeiden, die Aufmerksamkeit von Menschen zu erregen. Eine Botschaft mit den nötigen Details müßte so groß und so komplex sein, daß sie nicht nur Aufmerksamkeit erregen würde, sondern erhebliche Neugier. Und sowohl der Jäger als auch ich sind der Meinung, daß wir uns das nicht leisten können. Was Ihre erste Frage betrifft, gebe ich zu, daß sie vielleicht wichtig sein mag, doch sehe ich nicht ein, auf welche Weise sie unsere Pläne beeinflussen könnte. Es wäre natürlich schön, wenn wir eine Antwort finden könnten, oder wenn ein anderer uns einen überzeugenden Grund nennen könnte.
Aber bis es soweit ist, können wir nur raten.“
Der Arzt saß mindestens eine Minute lang schweigend.
„Mir gefällt es noch immer nicht“, sagte er schließlich. „Ich hatte gehofft, daß der Jäger es als eine bei seiner Polizei übliche Routinemaßnahme identifizieren würde. Vielleicht ist es überhaupt nicht wichtig, aber ich mag nun einmal keine Puzzlespiele, in denen große Lücken klaffen, besonders, wenn keine Steine mehr, übrig sind. Ich fürchte jedoch, daß wir uns mit der Situation abfinden müssen. Kannst du dir wirklich keinen Grund dafür vorstellen, Jäger?“
„Sogar mehrere“, ließ der Alien durch Bob antworten. „Es ist nicht nur eine Polizeiroutine, die selbst wiederum nicht nur darin besteht, daß man bestimmten Regeln folgt. Es gibt Dutzende oder Hunderte von Situationen, bei denen die Verlagerung des Schilds sich zwingend ergeben würde. Ich hatte es ja selbst vor, wenn wir es auf Apu gefunden hätten, um zu versuchen, auf diese Weise das Schiff zu finden. Aber derjenige, der es entdeckt hat, wollte bestimmt nicht das Schiff finden.“
„Und warum nicht?“ fragte Jenny. „Weißt du bestimmt, daß das andere Schiff nicht in die Lagune gestürzt ist?“
„Natürlich nicht“, antwortete der Jäger, „doch den Weg des Schildes in die Lagune zurückzuverfolgen, wäre ziemlich sinnlos; bei dem offenen und glatten Meeresboden der Lagune könnte man von jeder Stelle aus ohne jede Schwierigkeit nach Apu gelangen. Ich hatte gehofft — wenn es auch nur eine geringe Hoffnung war —, daß es außerhalb des Riffs nur wenige Stellen gäbe, von denen aus man auf die kleine Insel gelangen könnte. Auf jeden Fall, Doktor, habe ich nicht den geringsten Zweifel, daß es einen guten, logischen Grund dafür gegeben hat, den Schild von der Insel in die Lagune zu verlagern, aber ich werde keine Komplexe bekommen, wenn ich ihn nicht schon jetzt weiß. Es gibt einfach zu viele logische Möglichkeiten.“
Seever nickte zustimmend und sprach weiter.
„Okay. Das bringt uns zu der Frage, wie es weitergehen soll. Wir haben die Diagnose gestellt und müssen jetzt die Operation planen. Sie scheint sich darin zu erschöpfen, dieses Ding von einem Boot aus in die Tiefe zu lassen und alle Stellen abzusuchen, die uns aus irgendeinem Grund erfolgversprechend scheinen. Das schließt unglücklicherweise auch das offene Meer westlich des Riffs ein, das heißt, wir müssen darauf achten, daß das Gerät sich nicht in den Korallen verfängt, und auch verhindern, daß das Boot auf das Riff läuft. Falls du glauben solltest, daß das Schiff außerhalb des Riffs liegt, habe ich keine Ahnung, was du tun könntest.
Ehrlich gesagt ist mir nicht sehr wohl bei der Vorstellung, Jennys Boot auf die Windseite des Riffs zu bringen, und auf der Westseite weht fast immer ein Wind. Ihr müßt sehr vorsichtig sein. Ich will es nicht verbieten, hoffe jedoch, daß ihr euch vorher überlegt, was ihr tut.
Ich persönlich wäre sehr dafür, ein stabileres Boot zu besorgen — bitte, fasse das nicht als Kritik an deinem Kajak auf, Jenny, aber mir wäre wohler, wenn ihr ein Boot mit einem Motor hättet. Da ich der Ansicht bin, daß es wenig Sinn hat, den Dete ktor einfach außerbords zu hängen und auf gut Glück zu suchen, solltet ihr besser auf die Tauc hausrüstungen warten, die Arthur bestellt hat; inzwischen könntet ihr versuchen, ein Motorboot zu finden und eine Absprache zu treffen, daß ihr es ausleihen könnt, wenn die Ausrüstung eintrifft. Außerdem solltet ihr versuchen, eure Arbeitszeiten mit denen der Menschen abzustimmen, die euch helfen sollen. Denke daran, Bob, daß du nicht so viel freie Zeit haben wirst, wie du gerne möchtest. Du fängst am Montag an, vermute ich?“
„Oh, das hätte ich fast vergessen“, sagte Bob.
„Sie haben keinen Grund gefunden, um das noch etwas hinauszuschieben?“
„Keinen, den man anerkennen würde, wenn man dich mehrere Stunden pro Tag tauchen sieht. Natürlich könntest du den alten Toke einweihen und dir von ihm den Job zuteilen lassen, nach abgestürzten Raumschiffen zu suchen.“
„Darüber haben wir bereits gesprochen. Nein, danke.“
„Okay. Über den nächsten Punkt haben wir ebenfalls gesprochen, und ich erwähne ihn trotzdem noch einmal. Ich glaube, daß ihr mehr Helfer braucht, um den Job durchführen zu können. Dein Vater und ich können nicht viel tun; einfach aus Zeitgründen. Deine Mutter hat wahrscheinlich tagsüber etwas mehr Zeit, aber sie muß sich um Daphne kümmern. Ich könnte natürlich Jenny jederzeit frei geben, wenn sie gebraucht wird, aber ich möchte nicht, daß sie oder sonst jemand allein dort draußen ist.“
„Sie ist nicht allein. Ich bin bei ihr.“
„Und was ist, wenn dein interessantes medizinisches Problem sich wieder meldet — besonders, wenn du unter Wasser bist?“
„Nun ja…“ Bob schwieg.
„Denke daran, wenn ich einen Helfer für dich finde und ihn über deinen Zustand aufkläre, wird niemand an deinem Verstand zweifeln. Und ich nehme gerne das Risiko auf mich, daß sie an meinem zweifeln.“
„Das wäre falsch. Sie sind der einzige Arzt auf Ell. Wenn die Leute das Vertrauen in Sie verlieren…“
„Ich kann jedes Wort, das ich sage, beweisen.“
„Das könnte ich auch“, erwiderte Bob, „wenn jemand auf mich hören würde. Aber man kann nicht mit Leuten reden, die nur den Kopf schütteln und weitergehen.“
„Ist dir das schon einmal passiert?“
„Nein. Ich weiß aber, wie ich selbst reagieren würde. Seien Sie doch ehrlich, Doc, und erinnern Sie sich an den Tag, als ich zum erstenmal vom Jäger erzählt habe; was hätten Sie getan, wenn Sie es nicht für Ihre ärztliche Pflicht gehalten hätten, mich aufzumuntern?“ Jetzt schwieg Seevers.
„Okay“, sagte er schließlich. „Aber es gibt auch Menschen, die mich aufmuntern würden.“
„Ihre Frau natürlich“, gab Bob zu. „Aber wer noch?“
„Sie reicht mir fürs erste. Außerdem würde ich es riskieren, mit dem Teroa-Mädchen zu sprechen, das sich ohnehin schon Gedanken über dich macht. Sie ist sehr kompetent auf und in dem Wasser. Ich bin sicher, sie könnte einen großen Teil des in Frage kommenden Seegebietes absuchen, schon bevor die Tauchausrüstung eintrifft.“
Der Jäger hatte sich über diesen Punkt ebenfalls einige Gedanken gemacht und bekräftigte Seevers Ansicht, doch Bob stand nach wie vor unter dem Druck einer siebenjährigen Konditionierung. Er hatte sich zwar nicht dazu bringen können, Seevers Bitte, seine Frau einweihen zu dürfen, abzuschlagen, und Jenny hatte er, aus Gründen, die ihm noch immer nicht ganz klar waren, sogar selbst alles berichtet, aber das war im Moment die Grenze; weiter wollte er auf keinen Fall gehen. Er formulierte es zwar nicht so, doch sowohl der Arzt als auch der Symbiont erkannten die Situation. Sie gaben fürs erste auf, und man wandte sich wieder dem Problem zu, wie Bob die normalen Arbeitstage hinter sich bringen konnte, ohne daß jemand etwas von seinen gesundheitlichen Problemen merkte.