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Er bemerkte das Gefäß, in dem er sich befand, und die Hand seines Gastgebers, die in seiner Substanz ruhte. Das war es wahrscheinlich, was ihn aufgeweckt hatte. Normalerweise hätte das Mittel ihn für mehrere Monate bewußtlos gehalten, denn er hatte es absorbiert, während er vom Körper seines Gastgebers getrennt gewesen war; und seine vier Pfund Gewebe wurden schon von einer geringen Menge des Mittels gelähmt. Da es so zusammengestellt war, um von Geweben, die denen seiner üblichen Gastgeber-Spezies ähnlich waren, rasch absorbiert zu werden, und da Bob etwa fünfunddreißig- bis vierzigmal so viel Körpermasse besaß wie sein Symbiont, war inzwischen so viel davon in Bobs Körper eingedrungen, daß kaum noch etwas in der Substanz des Jägers zurückgeblieben war. Es schien ihm also sicher, in Bobs Körper zurückzukehren, da die Konzentration des Mittels jetzt erheblich geringer war.

Ohne sich die Zeit zu nehmen, ein Auge zu formen, um seine Umgebung betrachten zu können, begann der Jäger, durch die Poren von Bobs Hand in dessen Körper einzudringen und seine vier Pfund Körpermasse dort wie gewohnt zu verteilen. Er hatte diesen Vorgang etwa zu einem Viertel hinter sich gebracht, als er Arthur Kinnairds Stimme hörte.

„Ben! Sieh doch! Der Spiegel im Gefäß des Jägers hat sich gesenkt. Er muß wach sein!“

Der Alien bildete ein fingerförmiges Pseudopod und winkte damit aus dem Gefäß, als Zeichen, daß er verstanden habe. Sofort meldete sich der Arzt.

„Jäger, mach dich sofort an die Arbeit! Bob hat sich eine gefährliche Infektion zugezogen, gegen die meine Medikamente unwirksam zu sein scheinen, und er braucht dich. Wir werden dich später fragen, was mit ihm los ist. Zuerst die Arbeit.“

Der Jäger winkte wieder. Er hatte bereits festgestellt, was bei Bob nicht in Ordnung war, und begonnen, die Schäden zu beheben.

Es wurde ein schweres Stück Arbeit. Die Vertilgung der eingedrungenen Organismen, die die Infektion verursacht hatten, war eine Routineangelegenheit, die er nach wenigen Minuten bewältigt hatte; doch die Toxine, die sie produziert hatten, ließen sich nur schwer neutralisieren, und die Gewebe des Arms, in das sie eingedrungen waren, waren zum großen Teil zerstört. Der gebrochene Knochen war nicht dafür verantwortlich, weder der Jäger noch Dr. Seever hatten da eine Fehldiagnose gestellt. Ein winziger Holzsplitter war dicht außerhalb des Gipsverbandes in Bobs linke Hand eingedrungen. Das mußte geschehen sein, nachdem der Jäger ihn verlassen hatte; Bob hatte es wahrscheinlich nicht einmal gemerkt, doch dem Alien wäre es bestimmt nicht entgangen. Da Bobs natürliche Abwehrkräfte gegen Infektionen längst versagt hatten, wurde Bob während der Abwesenheit seines Symbionten zu einer wandelnden Bakterienkultur. Der Jäger hatte nicht geglaubt, daß die Widerstandskraft seines Gastgebers so vollkommen zusamme ngebrochen war, doch die Tatsachen sprachen für sich. Nicht zum erstenmal wünschte er, sich gründlicher mit Biochemie befaßt zu haben. Aber jetzt bestand die Hoffnung, daß sie bald Kontakt mit dem Suchteam finden würden, und seine Leute hatten sicher ein paar Spezialisten auf diesem Gebiet bei sich.

Aber er mußte weitermachen. Er konnte das zerstörte Gewebe des Arms entfernen und erwarten, daß es im Lauf eines normalen Heilprozesses ersetzt werden würde, auch wenn das einige Zeit dauern mochte. Wirkliche Sorge bereitete ihm Bobs Gehirn. Eine Anzahl der Bakterien und ein Quantum des von ihnen produzierten Toxins mußten durch den Blutkreislauf auch in dieses Organ getragen worden sein, und man durfte es nicht als gegeben nehmen, daß nichts davon aus den Blutgefäßen in die Hirnmasse eingedrungen war.

Der Jäger hatte immer eine gewisse Scheu davor gehabt, in das Nervengewebe selbst vorzudringen, obwohl er ständig ein Netz des eigenen Gewebes in den Kapillaren unterhielt. Die Gehirnzellen waren für ihn tabu gewesen, weil er Angst gehabt hatte, dort einen nicht wieder gutzumachenden Schaden anzurichten, der durch den Umstand zustande kommen konnte, daß die Biochemie des menschlichen Körpers sich wesentlich von der jener Humanoiden unterschied, mit denen er normalerweise zusammenlebte. Jetzt aber erforderten die Umstände, so ein Risiko einzugehen; doch er arbeitete äußerst langsam und sehr, sehr vorsichtig.

Es war eine Situation, die er später weder seinem Gastgeber noch Seever, der sich natürlich brennend dafür interessierte, genau schildern konnte. Der Jäger verfügte über die Fähigkeit, Gewebestrukturen bis zum Niveau der Großmoleküle ertasten zu können. Gleichzeitig wurden ihm auch die Trillionen von Zellen eines lebenden Organismus bewußt, und er konnte mit jeder von ihnen gleichzeitig mit derselben Konzentration arbeiten, die ein Uhrmacher einem einzigen Stück zuwenden mochte. Als er einmal versucht hatte, dies einem menschlichen Wesen zu schildern, schien darin für seinen Zuhörer jedoch ein Kontrast zu liegen; der Mensch begann, ihn als Bestandteil einer Rasse zu sehen und nicht als Individuum. Das hatte den Jäger sehr verstört, da er sich nur als Individuum sah.

Manchmal, wenn er sich Problemen gegenüberfand, die seine Fähigkeiten überstiegen, wünschte er, daß wirklich mehr von seiner Art hier wären.

Dieses Problem konnte er jedoch vorerst lösen.

Nur wenige Bakterien waren bis zu Bobs Gehirnzellen vorgedrunge n, und der Alien konnte sie vernichten, ohne daß in der Nähe gelegene Zellen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Ihm war bekannt, daß Gehirnzellen nicht repariert oder ersetzt werden konnten; das traf auf alle humanoiden Spezies zu, die er kannte, und wurde von den Wissenschaftlern seiner eigenen Spezies als evolutionäres Nebenprodukt von Überspezialisierung der Gehirnzellen betrachtet. Doch war das Gehirn ein Organ mit einer gewaltigen Überkapazität an Zellen, und obwohl Bob Tag für Tag mehrere tausend von ihnen verlor, würde es viele, viele Jahre dauern, bis die kumulative Wirkung ernst werden konnte.

Und dies war wirklich nicht der richtige Moment, sich um Dinge zu sorgen, die noch weit in der Zukunft lagen.

Am folgenden Montag war Bob bei Bewußtsein und bis auf den Arm wieder in Ordnung. Er befand sich noch immer in den Krankenräumen von Seevers Haus — Mrs. Seever bemerkte, daß sie mit den beiden Patienten zum erstenmal das Gefühl habe, in einem Krankenhaus zu sein —, und nach dem Dinner versammelte sich die ganze Gruppe, um die letzten Ereignisse zu besprechen. Selbst Bobs Eltern waren immer dabei; Daphne war für diese Nacht bei einer Freundin untergebracht worden.

Der Jäger gab einen ausführlichen Bericht darüber, was ihm passiert war, unterstrich die offenkundige Tatsache, daß seine Leute irgendwo in der Nähe sein mußten, und erwähnte so wenig wie möglich von seinem Mangel an Wachsamkeit, der zu diesem Zwischenfall geführt hatte. Die anderen berichteten ihm von der Nachricht, die sie beim Schiff hinterlassen hatten, und ihrem Inhalt, und der Jäger drückte seine Anerkennung aus. Er stimmte mit der Ansicht des Arztes überein, daß sein Eindringen in das Schiff gleichzeitig mit dem paralysierenden Mittel wahrscheinlich auch ein Signal ausgelöst hatte und das Team, das sich auf der Erde befand, zweifellos wissen würde, daß jemand das Schiff aufgesucht hatte. Was sie davon halten würden, wenn sie das Einlaßventil geöffnet, doch keinen Gefangenen vorfanden, konnte er nur raten. Wenn sie gleichzeitig auch die Nachricht fanden, war natürlich alles in Ordnung, doch der Jäger schloß sich Bobs pessimistischer Ansicht an, daß sie wahrscheinlich auf das Signal reagiert hatten, bevor die Flasche auf dem Schiff hinterlegt worden war. Es wäre weniger überraschend gewesen, wenn sie bereits erschienen wären, bevor das Rohr mit seiner bewußtlosen Substanz wieder hinaufgezogen worden war.