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Nachwort

Wieder einmal, liebe Leserinnen und Leser, stehen Sie nach der Lektüre eines Romans allein mit der Frage da, was von dem Gelesenen nun Fiktion und was harte wissenschaftliche Fakten sind. Je nachdem, wieviel Sie schon mit dem Themenkomplex Evolution befaßt waren, wird Ihnen sicher die eine oder andere Frage durch den Kopf gehen. Daher möchte ich Sie auf einige Autoren verweisen, die auch mir bei der Arbeit an diesem Buch eine große und anregende Hilfe waren. Zum Glück gibt es gerade zu diesem Thema eine Fülle von kompetenten und hervorragend geschriebenen Sachbüchern, die für jedermann und jedefrau verständlich sind. Eines dürfen Sie dabei allerdings nicht erwarten: eine vollständige und umfassende Darstellung einer unumstößlichen und allgemein akzeptierten Theorie oder gar Wahrheit. Es herrscht zwar weitgehend Einigkeit über die Tatsache, daß es eine Evolution gegeben hat, aber damit haben sich die Gemeinsamkeiten in vielen Fällen auch schon erschöpft. Richard Dawkins und Stephen Jay Gould, um nur zwei Namen zu nennen, vertreten dabei sehr unterschiedliche Standpunkte. Wer glaubt, mit Darwin sei die Sache erledigt und das Thema ein alter Hut, täuscht sich gewaltig. Beim Thema Evolution, sicher eines der aufregendsten Gebiete der Wissenschaft, stehen sich wie in kaum einem anderen Bereich der Biologie bis heute gegensätzliche Vorstellungen und Schulen unversöhnlich gegenüber. Neue Disziplinen wie Systemtheorie und Chaosforschung beginnen sich einzumischen. Wie sooft steckt die Tücke im Detail, und es gibt nicht wenige, die glauben, wir seien heute genauso weit von einem umfassenden Verständnis der Geschichte des Lebens entfernt wie zu Darwins Zeiten.

Stellvertretend für viele, und ohne die unterschiedlichen Sichtweisen, die sie repräsentieren, zu bewerten, möchte ich an dieser Stelle die folgenden Namen nennen (die Reihenfolge ist alphabetisch, stellt keine Hitliste dar und ist schrecklich unvollständig): Richard Dawkins, Niles Eldredge, Stephen Jay Gould, Ernst Mayr, David M. Raup, Josef H. Reichholf, Rupert Riedl, Steven M. Stanley, Peter Douglas Ward und Jonathan Weiner. In den zahlreichen, auch in deutscher Sprache erschienenen Büchern dieser Autoren werden Sie abgesehen von mehr oder weniger exotischen Ideen einiger Einzelkämpfer fast alles finden, was heute zu diesem Thema zu sagen ist. Sie sind eine amüsante, manchmal auch traurige, aber immer spannende und fesselnde Lektüre.

Trotzdem möchte ich zum Inhalt dieses Romans einige kleine Punkte anmerken, die mir besonders am Herzen liegen.

Die Käferfreunde unter Ihnen seien gleich zu Beginn beruhigt: Die Blattkäfer der Gattung Donacia, diese spezialisierten Bewohner von Seerosenblättern, sind keineswegs verschwunden, wie Herzog aus einem entomologischen Fachblatt erfahren hat. Sofern sie nicht durch die Aktivitäten des holozänen Homo sapiens vom Aussterben bedroht sind, erfreuen sie sich weiterhin ihres scheinbar idyllischen Lebens.

Die Geschichte von Messi, dem Krokodilfund, der auf einen von Geologen herausgestanzten Halswirbelknochen zurückgeht, beruht auf einer wahren Begebenheit. Wie im Buch geschildert, führte sie zu einem Wettlauf mit Grabungsräubern und schließlich zur Entdeckung und Bergung eines der größten fossilen Krokodilskelette, die bis heute in Messel gefunden wurden.

Bitter unrecht getan habe ich dem Heimat- und Fossilienmuseum Messel. Was Hartwig Peters und seiner Familie mißfiel, gereicht anderen sicherlich zur Freude. Der schnucklige Fachwerkbau ist in Wirklichkeit ein reizendes kleines Museum, dessen Besuch unbedingt lohnenswert ist. Um Enttäuschungen vorzubeugen, sei hier darauf hingewiesen, daß das Haus wirklich nur an den Wochenenden geöffnet ist.

Ganz besonders am Herzen liegt mir der letzte Punkt, denn, selten genug in diesen turbulenten Zeiten, gibt er mir Gelegenheit, Sie mit einer uneingeschränkt positiven Nachricht zu erfreuen. Der Streit zwischen den Wissenschaftlern und der Abfallverwertungsgesellschaft Hessen-Süd um das Schicksal der Grube Messel ist entschieden: zugunsten der Paläontologie. Schon am 14. 6. 1991 erwarb das Land Hessen das Gelände der Grube, so daß die Existenz dieser weltberühmten Fossilienfundstätte nun langfristig gesichert scheint. Daß ich im Roman so getan habe, als schwele der Streit noch immer, hatte dramatische Gründe. Als Romanstoff geben beigelegte Streitigkeiten nicht besonders viel her.

Im übrigen sei zum Schluß noch angemerkt, daß die Fenster im Erdgeschoß der Senckenberg-Außenstelle Messel mit dicken, stabilen Gittern versehen wurden. Einbruchsversuche sind also zwecklos oder zumindest mühselig. Sollten Sie sich einmal am Anblick von Messeler Fossilien erfreuen wollen, gehen Sie lieber ins Museum!

Berlin, Oktober 1995

Bernhard Kegel

Zeittabelle der Erdgeschichte mit den hauptsächlichen Massenaussterben (Querbalken) und den wichtigsten Evolutionsschritten.