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Jennings griff nach der zerbrochenen Kamera, dann stand er langsam auf und zuckte mit den Schultern, während er in Thorns Augen schaute.

»Schon gut, Mr. Ambassador«, sagte er. »Bleiben wir dabei … Sie schulden mir etwas …«

Thorn nickte, dann drehte er sich um und betrat die Botschaft, als gerade ein Marinesoldat die Straße heruntergelaufen kam – zu spät, um den Botschafter vor den Männern zu beschützen.

»Er hat meine Kamera zertrümmert«, sagte Jennings zu dem Marinesoldaten. »Der Botschafter hat meine Kamera zertrümmert.«

Eine Weile standen die Männer ganz verwirrt da, dann ging jeder seinen Weg.

Unruhe herrschte in Thorns Büro. Die Reise nach Saudi-Arabien war gefährdet, weil Thorn ohne weitere Erklärung gesagt hatte, er könne diesen Flug jetzt unmöglich unternehmen. Die Männer seines Stabs, die diese Reise so gründlich vorbereitet hatten, mußten sich nun richtig genarrt vorkommen, da sie ihre teure Zeit für nichts vergeudet hatten.

»Sie können nicht absagen«, meinte einer. »Schließlich können Sie doch nicht einfach anrufen und sagen …«

»Sie ist nicht abgesagt«, entgegnete Thorn. »sie ist nur aufgeschoben.«

»Sie werden das als Beleidigung empfinden.«

»Meinetwegen.«

»Aber warum?«

»Mir ist nicht danach zumute, gerade jetzt zu reisen«, erklärte Thorn. »Es ist keine gute Zeit.«

»Ist Ihnen denn klar, was hier auf dem Spiel steht?« fragte der Botschaftsrat.

»Diplomatie«, antwortete Thorn.

»Mehr als das.«

»Sie haben das Öl und sie haben die Macht«, sagte Thorn. »Nichts wird sich daran ändern.«

»Aber das ist es ja, warum …«

»Ich werde meinen Stellvertreter schicken.«

»Der Präsident erwartet von Ihnen, daß Sie reisen.«

»Ich werde mit ihm sprechen. Ich werde es ihm erklären.«

»Mein Gott, Jeremy! Seit Wochen ist die Sache geplant!«

»Dann werden wir sie noch einmal planen!« brüllte Thorn.

Seinem plötzlichen Ausbruch folgte betretene Stille. Dann summte die Gegensprechanlage, und Thorn drückte auf den Knopf.

»Ja?«

»Hier ist ein Pater namens Tassone, der Sie gern sprechen möchte«, hörte er die Stimme einer Sekretärin.

»Wer?«

»Pater Tassone aus Rom. Er sagt, es handele sich um eine dringende persönliche Angelegenheit.«

»Ich habe von dem Mann nie gehört«, erwiderte Thorn.

»Er sagt, es dauere nur eine Minute«, erklärte die Stimme. »Es ist irgend etwas mit einem Hospital.«

Einer der Botschaftsräte murmelte: »Wahrscheinlich will er eine Spende haben.«

»Oder eine Widmung«, fügte der andere hinzu.

»All right«, seufzte Thorn. »Schicken Sie ihn rein.«

»Ich wußte gar nicht, daß man Sie so leicht weichkriegen kann«, bemerkte einer seiner Botschaftsräte.

»Public Relations«, murmelte Thorn.

»Treffen Sie doch wegen Saudi-Arabien jetzt noch keine Entscheidung. Okay? Sie sind heute ein bißchen down. Warten Sie noch.«

»Die Entscheidung ist getroffen«, sagte Thorn müde. »Jemand anders soll fliegen, oder aber wir verschieben die Sache.«

»Bis wann sollen wir’s verschieben?«

»Bis später«, erwiderte Thorn. »Bis ich Lust dazu habe.«

Die Türen öffneten sich, und in dem breiten Eingang stand ein kleiner Mann. Es war ein Priester. Seine Robe war zerknittert, er sah angespannt aus, und alle in dem großen Raum spürten, daß ihn irgend etwas bedrückte. Die Herren tauschten untereinander Blicke aus. Sie waren nicht ganz sicher, ob man gut beraten war, das Zimmer zu verlassen.

»Wäre es … wäre es in Ordnung …«, sagte der Priester mit italienischem Akzent. »… wenn ich mit Ihnen allein sprechen könnte?«

»Geht es um ein Krankenhaus?« fragte Thorn.

»Si.«

Einen Augenblick zögerte Thorn, dann nickte er, und die anderen beiden verließen das Zimmer. Als sie gegangen waren, schloß der Priester die Türen hinter ihnen. Dann drehte er sich um. Thorn sah in ein Gesicht, das vom Schmerz geprägt schien.

»Ja?« fragte er.

»Wir haben nicht viel Zeit.«

»Was?«

»Bitte, hören Sie mich jetzt an!«

Der Priester rührte sich nicht von der Stelle. Er lehnte sich mit dem Rücken an die Tür.

»Und was haben Sie mir zu sagen?« fragte Thorn.

»Sie müssen Christus als Ihren Heiland annehmen. Jetzt müssen Sie ihn annehmen.«

Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. Thorn war sprachlos.

»Bitte, Signore …«

»Entschuldigen Sie«, unterbrach ihn Thorn. »Habe ich Sie richtig verstanden, daß es sich um eine dringende, persönliche Angelegenheit handelt?«

»Sie müssen das Abendmahl nehmen«, fuhr der Priester fort. »Das Blut Christi trinken, Sein Fleisch essen, denn nur wenn Er in Ihnen ist, können Sie das Kind des Teufels besiegen.«

Die Atmosphäre im Zimmer war zum Zerreißen gespannt. Thorn griff nach der Gegensprechanlage.

»Er hat einmal getötet«, flüsterte der Priester. »und er wird wieder töten. Er wird töten, bis alles, was Ihnen gehört, sein ist.«

»Wenn Sie bitte draußen warten möchten …«

Nun begann der Priester sich ihm zu nähern, und lauter wurde seine Stimme.

»Nur durch Christus können Sie ihn besiegen«, rief er. »Weihen Sie sich unserem Herrn Jesus Christus. Trinken Sie von Seinem Blut.«

Thorn fand den Knopf der Gegensprechanlage und drückte.

»Ich habe die Tür abgeschlossen, Mr. Thorn«, sagte der Priester.

Thorn richtete sich auf, die Stimme des Priesters flößte ihm Furcht ein.

»Ja?« hörte er die Stimme der Sekretärin durch den Lautsprecher.

»Schicken Sie einen Sicherheitsbeamten her«, antwortete Thorn.

»Was ist denn, Sir?«

»Ich bitte Sie, Signore«, flehte der Priester. »Hören Sie auf das, was ich zu sagen habe.«

»Sir?« wiederholte die Sekretärin.

»Ich war in dem Hospital, Mr. Thorn«, erklärte der Priester. »In jener Nacht, als Ihr Sohn geboren wurde.«

Thorn zuckte zusammen. Wie angewurzelt blieb er stehen.

»Ich … war … ein … Geburtshelfer«, sagte der Priester mit brechender Stimme. »Ich … war bei … der Geburt anwesend.«

Wieder erklang die Stimme der Sekretärin, diesmal sehr besorgt.

»Mr. Thorn?« sagte sie. »Es tut mir leid, ich habe Sie nicht verstanden.«

»Nichts«, antwortete Thorn. »Nur … halten Sie sich in Bereitschaft.«

Er ließ den Knopf los und warf einen mißtrauischen Blick auf den Priester.

»Ich bitte Sie …«, sagte Tassone, während er mit den Tränen kämpfte.

»Was wollen Sie?«

»Sie retten, Mr. Thorn. Auf daß Christus mir vergeben möge.«

»Was wissen Sie von meinem Sohn?«

»Alles.«

»Was wissen Sie?« wiederholte Thorn.

Der Priester begann jetzt zu zittern. Seine Stimme klang, als ob tief in seinem Innern etwas weinte.

»Ich habe seine Mutter gesehen«, erwiderte er.

»Sie haben meine Frau gesehen?«

»Ich habe seine Mutter gesehen!«

»Sie meinen doch damit meine Frau?«

»Seine Mutter, Mr. Thorn!«

Thorns Gesicht verhärtete sich. Er starrte den Priester wie entgeistert an.

»Ist dies eine Erpressung?« fragte er ruhig.

»Nein, Sir.«

»Was wollen Sie dann eigentlich?«

»Es Ihnen sagen, Sir.«

»Was wollen Sie mir sagen?«

»Seine Mutter, Sir …«

»Weiter. Was ist mit ihr?«

»Seine Mutter, Sir … war ein Schakal!« Ein Schluchzen entrang sich der Kehle des Priesters. »Er wurde von einem Schakal geboren, einem weiblichen Schakal. Ich habe ihn selbst gesehen!«