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Der Weg zum Affenhaus war deutlich markiert. Als sie den Zeichen folgten, näherten sie sich einer Reihe von Käfigen. Erregt leuchteten Damiens Augen auf, als er das erste Tier entdeckte. Es war ein Bär, der in seinem Käfig unaufhörlich hin und her ging, ohne sich um die Leute zu kümmern, die ihn durch die Stäbe betrachteten.

Aber als Katherine und Damien näherkamen, schien der Bär Notiz von ihnen zu nehmen. Er blieb stehen, starrte sie an und seine Rückenhaare sträubten sich, als sie langsam vorbeigingen.

Im Nachbarkäfig war eine große Katze. Auch sie hörte auf sich zu bewegen. Ihre gelben Augen verfolgten sie, als sie weitergingen. Plötzlich wurde es Katherine bewußt, welche Wirkung sie auf die Tiere hatten, und sie betrachtete alles sehr aufmerksam, als sie Käfig um Käfig passierten.

Es war Damien, den sie beobachteten. Auch er schien es zu fühlen.

»Ich nehme an, du gefällst ihnen, weil du so hübsch bist«, sagte Katherine lachend.

Aber sie lenkte das kleine Gefährt von den Käfigen weg auf einen anderen Weg. Aus einem Gebäude vor ihnen hörten sie Schnattern und helles Geschrei, und Katherine wußte, daß sie gleich bei den Affen sein mußten. Wie in jedem Zoo standen hier die meisten Leute, und sie mußten sich anstellen.

Katherine schob den Kinderwagen zur Seite und nahm Damien auf den Arm.

Im Inneren des Affenhauses war es sehr heiß und es stank entsetzlich. Das Quieken der Kinder hallte von den Wänden, und die Enge des Raums schien die Laute zu vervielfachen.

Von ihrer Position an der Tür konnten sie nichts sehen, aber Katherine merkte an der Reaktion der Leute, daß in einem der letzten Käfige die Affen vorgeführt wurden. Mit Damien auf dem Arm schob sie sich durch die Leute und bahnte sich einen Weg, bis sie sehen konnte, was geschah.

Es war ein Käfig voller Klammeraffen und sie rasten wie verrückt über die künstlichen Stämme. Sie schwangen sich auf Reifen, sausten in alle Richtungen, erfreuten die Menge mit ihren akrobatischen Künsten. Aufgeregt begann Damien zu lachen, und Katherine schob sich noch weiter vor. Sie war entschlossen, ihn bis dicht an den Käfig zu bringen, damit er alles genau sehen konnte.

Die Affen kümmerten sich nicht um die Leute, doch als Katherine und Damien auftauchten, begann sich das Geschehen im Käfig sofort zu verändern. Die spielerische Aktivität hörte sogleich auf. Ein Tier nach dem anderen begann sich umzudrehen, die kleinen Augen zuckten nervös und suchten die Menge.

Auch die Leute waren plötzlich still. Sie wunderten sich, wieso die Affen aufgehört hatten herumzutollen. Aber sie warteten mit dem Lächeln der Vorfreude auf das, was gleich geschehen mußte. Und als es geschah, war es auf irgendeine Weise anders als die Leute dies erwartet hatten. Im Käfig erhob sich ein plötzliches Geheul. Ein Schrei der Angst? Der Warnung? Als das Geheul lauter wurde, fielen alle Tiere ein.

Wie Irre rasten die Klammeraffen durch den Käfig. Sie zerrten an den Gitterstäben und versuchten hinauszugelangen. Dann drückten sie sich im Hintergrund des Käfigs zusammen und versuchten das Fenster mit dem Drahtgitter davor zu zerbrechen. Voller Panik, als ob ein großes wildes Tier plötzlich in ihrer Mitte wäre, klammerten sie sich aneinander. Blut begann über ihre Nägel zu fließen, als sie verzweifelt um einen Fluchtweg rauften.

Schweigend und völlig verblüfft standen die Leute da. Damien lachte. Er deutete auf den blutigen Kampf und quiekte vor Entzücken. In dem Käfig stieg die Panik. Einem großen Affen gelang es, zu dem Drahtnetz hinaufzugelangen, das den Käfig nach oben abschloß.

Er versuchte den Kopf hindurchzustecken und er schaffte es. Dann aber zuckte sein Körper, bis er erschlaffte. Entsetzt begannen die Leute zu schreien. Einige rannten zu den Türen, doch ihre Schreie gingen im Geheul der Tiere unter, die mit wilden Augen und speichelnd von Wand zu Wand baumelten – den Ausdruck höchster Angst im Gesicht.

Einer von ihnen schlug immer wieder seinen Körper auf den Zementboden, Blut bedeckte sein Gesicht, dann taumelte er. Er fiel, und sein Körper zuckte konvulsivisch, während die anderen um ihn fürchterliche Schreie ausstießen.

Die Menschen im Affenhaus gerieten ebenfalls in Panik. Verzweifelt erkämpften sie sich den Weg zum Ausgang. Obwohl sie von allen Seiten gestoßen und geschubst wurde, blieb Katherine wie paralysiert stehen.

Damien lachte. Er zeigte zum Käfig und lachte, als wolle er die Tiere anspornen, sich umzubringen.

Er war es, der sie in Aufruhr versetzt hatte.

Er war es, der das tat.

Und als immer mehr Tiere starben, begann Katherine zu schreien...

6

Spät an diesem Abend kehrte Katherine nach Hause zurück. Damien war bereits im Auto eingeschlafen. Nach dem Zoobesuch waren sie sofort losgefahren, und das Kind saß schweigend da, verletzt und verwirrt, weil es das Gefühl hatte, etwas Falsches getan zu haben.

Doch dann begann er über Gorilla, Pferd und Esel zu sprechen. Katherine blieb stumm. Sie starrte durch die Windschutzscheibe auf die Straße.

Als es dunkel wurde, sagte Damien, er sei hungrig, aber seine Mutter weigerte sich, ihm eine Antwort zu geben. So krabbelte er auf den Rücksitz, auf dem eine Wolldecke lag, wickelte sich ein und fiel sogleich in einen tiefen Schlaf.

Während sie fuhr, versuchte Katherine die Furcht abzustreifen, die sie zu überwältigen drohte. Es war nicht die Angst vor Damien oder vor Mrs. Baylock – es war die Angst davor, daß sie den Verstand verlieren könnte …

*

In Pereford wartete Jeremy, der hoffte, daß sie gutgelaunt nach Hause käme; er hatte gebeten, das Essen erst nach ihrer Ankunft zu servieren.

Nun saßen sie an einem kleinen Tisch, und Thorn betrachtete Katherine, als sie, ruhig und dennoch aufs äußerste gespannt, zu essen versuchte.

»Bist du in Ordnung, Katherine?«

»Ja.«

»Du bist so schweigsam.«

»Nur müde, denke ich.«

»War es ein schöner Tag?«

»Ja.«

Ihre Antworten waren so kurz, daß er sich nicht damit zufriedengeben wollte.

»Hat’s Spaß gemacht?«

»Ja.«

»Du scheinst verstört zu sein.«

»Wirklich?«

»Stimmt etwas nicht?«

»Was könnte nicht stimmen?«

»Ich weiß nicht. Es ist etwas an dir –«

»Ich bin nur müde. Ich möchte mich bald schlafen legen.«

Nur mit Mühe gelang ihr ein Lächeln, doch es war nicht überzeugend. Thorn war besorgt, als er sie betrachtete.

»Ist Damien in Ordnung?« fragte Thorn.

»Ja.«

»Bist du sicher?«

»Ja.«

Thorn beobachtete sie, und sie wich seinem Blick aus.

»Wenn irgend etwas nicht stimmt … würdest du es mir doch sagen, nicht wahr?« sagte er. »Ich meine … mit Damien?«

»Mit Damien? Was könnte mit Damien nicht stimmen, Jeremy? Was könnte mit deinem Sohn, mit unserem Sohn nicht stimmen? Wir sind doch gesegnete Leute, nicht wahr?«

Sie sah ihn freundlich an, doch in ihren Augen stand die nackte Angst.

»Ich meine, ins Haus der Thorns kommt doch nur Gutes«, fügte sie hinzu. »Die schwarzen Wolken gibt es nicht.«

»Es stimmt also doch etwas nicht, sag!«

Katherine legte den Kopf in die Hände und rührte sich nicht.

»Kathy …«, sagte Thorn liebevoll. »Was ist?«

»Ich denke …«, flüsterte sie und versuchte ihre Stimme zu beherrschen. »… ich möchte zu einem Arzt gehen.« Sie sah ihn mit schmerzerfüllten Augen an. »Ich habe … Angst«, sagte sie. »Angst, die ein normaler Mensch vermutlich nicht kennt.«

»Kathy …«, flüsterte Thorn. »Warum hast du Angst?«

»Wenn ich’s dir sagte, würdest du mich einsperren lassen.«

»Nein«, beruhigte er sie. »Nein … ich liebe dich.«

»Dann hilf mir«, flehte sie. »Such einen Arzt für mich.«