«Ja.«»Sie sind einfach unglaublich. Ehrlich, unglaublich sind Sie! — Das Band läuft. Fahren Sie fort.«
«Gut. Phase zwei. Wir wissen, daß Omega sich aus derselben Art von Individuen zusammensetzt, wie sie angegriffen werden sollen. Das muß so sein, sonst hätten nie die Kontakte hergestellt und die einzelnen Angriffspunkte ermittelt werden können. Im wesentlichen wußten wir also, wonach wir suchen mußten. Männer, die große Firmen infiltrieren konnten, Männer, die entweder in oder für solche Firmen tätig waren, die mit ihren Zielobjekten in Verbindung treten konnten… Wie ich schon eingangs erwähnte, ist Omega eine Codebezeichnung für eine Zelle oder eine Gruppe von Agenten. Es gibt auch noch eine geographische Codebezeichnung; eine Überprüfungsstelle für die Übermittlung von Informationen. Sobald eine Information diese Stelle durchlaufen hat, ist ihre Authentizität gesichert. Die geographische Codebezeichnung für Omega läßt sich nur schwer übersetzen, am ehesten noch mit >Abgrund des Leders< oder >Ziegenhaut<.«
«>Abgrund des Leders<?«Tanner drückte seine Zigarette aus.
«Ja. Erinnern Sie sich bitte, daß wir das vor über drei Jahren in Erfahrung brachten. Nach achtzehn Monaten konzentrierter Nachforschungen wußten wir, daß der >Abgrund des Leders< an einem von insgesamt elf Orten im Lande sein mußte…«
«Wovon einer Saddle Valley, New Jersey, ist?«»Wir wollen hier den Dingen nicht vorgreifen?«»Habe ich recht?«
«Wir haben Agenten in diesen Ortschaften untergebracht«, fuhr der CIA-Mann fort und ignorierte dabei Tanners Frage.»Wir haben Tausende von Bürgern überprüft — ein sehr kostenaufwendiges Unterfangen —, und je mehr wir suchten, desto mehr Andeutungen fanden wir, daß die Ortschaft Saddle Valley der >Abgrund des Leders< war. Dabei ist sehr gründlich gearbeitet worden. Wasserzeichen auf Briefbogen, eine Analyse von Staubpartikeln, die der ostdeutsche Beamte uns mit den versiegelten Akten brachte, die er uns übergab, tausend verschiedene Dinge, die wir geprüft und gegengeprüft haben… Aber in allererster Linie basiert unsere Meinung auf den Informationen über gewisse Bewohner von Saddle Valley, die dabei zutage kamen.«»Ich glaube, jetzt sollten Sie zur Sache kommen.«»Das werden Sie entscheiden müssen. Ich habe die Phase zwei inzwischen ziemlich abgeschlossen. «Tanner blieb stumm, also fuhr Fassett fort.»Sie sind in der Lage, uns unschätzbare Dienste zu erweisen. Bei einer der empfindlichsten Operationen beim gegenwärtigen Stand der Beziehungen zwischen den USA und der Sowjetunion können Sie etwas tun, wozu sonst niemand imstande ist. Vielleicht spricht Sie das sogar an, denn wie Sie aus dem, was ich bisher gesagt habe, sicher entnommen haben, arbeiten die gemäßigten Elemente beider Seiten im Augenblick zusammen.«
«Bitte, erklären Sie das.«
«Nur Fanatiker neigen zu solchen Aktionen. Das ist für beide Länder viel zu gefährlich. Im Sowjet-Präsidium findet ein Machtkampf statt. Es liegt in unserem Interesse, daß die Gemäßigten die Oberhand behalten. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist es, auch nur einen Teil von Omega offenzulegen und damit den Zieltermin unmöglich zu machen.«
«Was kann ich dazu tun?«
«Sie kennen Omega, Mr. Tanner. Sie kennen Omega sehr gut.«
Tanner hielt den Atem an. Einen Augenblick lang glaubte er, sein Herz stünde still. Er spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoß. Einen Augenblick lang empfand er eine Art Übelkeit.
«Das ist eine unglaubliche Feststellung.«
«So würde ich das an Ihrer Stelle auch sehen. Dennoch trifft sie zu.«
«Ich nehme an, dies ist das Ende von Phase zwei? — Sie Schweinehund. Sie Dreckskerl!«Tanners Stimme war nur noch ein Flüstern.
«Sie können mich nennen, wie Sie wollen. Schlagen Sie mich, wenn Sie das wollen. Ich werde nicht zurückschlagen… Ich sagte Ihnen ja, das ist nicht das erstemal, daß ich so etwas mache.«
Tanner stand auf und drückte die Finger gegen die Stirn. Er wandte sich von Fassett ab und wirbelte dann herum.»Und wenn Sie unrecht haben?«flüsterte er.»Angenommen, Ihr verdammten Idioten habt wieder einen Fehler gemacht!«
«Das haben wir nicht… Wir behaupten nicht, Omega völlig ans Tageslicht gefördert zu haben. Aber eingeengt haben wir die Möglichkeiten. Sie befinden sich in einer einzigartigen Position.«
Tanner ging ans Fenster und schickte sich an, die Vorhänge aufzuziehen.
«Rühren Sie das nicht an! Lassen Sie die Vorhänge geschlossen!«
Fassett sprang auf und packte Tanners Handgelenk mit der einen und die Vorhangschnur mit der anderen. Tanner sah dem Agenten in die Augen.
«Und wenn ich jetzt hier weggehe, muß ich mit dem leben, was Sie mir gerade gesagt haben? Ohne je zu wissen, wer in meinem Haus ist, mit wem ich auf der Straße spreche? Mit dem Wissen leben, daß Sie meinen, jemand könnte ein Gewehr auf dieses Zimmer abfeuern, wenn ich die Vorhänge öffne?«
«Dramatisieren Sie die Dinge nicht. Das sind nur Vorsichtsmaßnahmen.«
Tanner ging wieder an den Tisch zurück, setzte sich aber nicht.»Verdammt sollen Sie sein«, sagte er leise.»Sie wissen ganz genau, daß ich jetzt nicht gehen kann…«
«Nehmen Sie die Bedingungen an?«
«Ja.«
«Dann muß ich Sie bitten, diese Erklärung zu unterzeichnen. «Er entnahm dem Aktendeckel ein Blatt und legte es Tanner hin. Es war eine knappe Darstellung der Eigenart und der Strafbestimmung des National Security Act. Auf Omega bezog sich der Text nur in ganz allgemeiner Weise — Gegenstand A, definiert als Bandaufzeichnung. Tanner kritzelte seinen Namen hin und blieb stehen. Er starrte Fassett an.
«Ich werde Ihnen jetzt folgende Fragen stellen. «Fassett nahm seinen Aktendeckel und schlug eine der hintersten Seiten auf.»Sind sie mit den Personen vertraut, die ich jetzt nennen werde? Richard Tremayne und seine Frau Virginia. - Bitte antworten Sie.«
Erstaunt sagte Tanner leise:»Ja.«
«Joseph Cardone, geboren als Guiseppe Ambruzzio Cardione, und seine Frau Elizabeth?«
«Ja.«
«Bernard Osterman und seine Frau Leila?«
«Ja.«
«Lauter, bitte, Mr. Tanner.«
«Ich sagte, ja.«
«Ich teile Ihnen jetzt mit, daß eines dieser drei Ehepaare, vielleicht auch zwei oder alle drei, für die Operation Omega wesentlich ist.«
«Sie sind verrückt! Sie sind nicht bei Sinnen!«
«Keineswegs. Ich habe Ihnen von unserem Austausch an der albanischen Grenze berichtet. Man hat uns damals zur Kenntnis gebracht, daß Omega, Abgrund des Leders, von einem Vorort von Manhattan aus operierte — und das bestätigte unsere Analyse. Daß Omega aus Paaren bestand — Männern und Frauen, die den militaristischen Zielen der sowjetischen Expansionisten fanatisch ergeben waren. Diese Paare werden für ihre Dienste gut bezahlt. Die erwähnten Paare — die Tremaynes, die Cardones und die Ostermans — besitzen im Augenblick Nummernkonten in Zürich und in der Schweiz mit Beträgen, die ihre finanziellen Verhältnisse und ihr Einkommen weit übersteigen.«
«Das kann nicht Ihr Ernst sein!«
«Selbst wenn man die Möglichkeit des Zufalls mit in Betracht zieht — und wir haben alle Betroffenen gründlich überprüft —, ist es unsere Meinung, daß Sie im Augenblick als sehr erfolgreiche
Deckung für Omega benutzt werden. Sie sind ein Mann der Medien jenseits jeglichen Verdachts. Wir behaupten nicht, daß alle drei Ehepaare in die Sache verwickelt sind. Es ist durchaus vorstellbar, daß eines oder möglicherweise auch zwei dieser Paare ebenso wie Sie als Tarnung benutzt werden. Aber das ist zweifelhaft. Die Beweise — die Schweizer Konten, die Berufe, die ungewöhnlichen Umstände ihrer Verbindung — das alles deutet auf eine Zelle.«
«Wie haben Sie denn mich ausgesondert?«fragte Tanner benommen.
«Ihr Leben ist vom Tage Ihrer Geburt an von Fachleuten wie unter einem Mikroskop untersucht worden. Wenn wir uns in Ihrer Person geirrt haben, sollten wir unseren Beruf wechseln.«