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Professor Yardley fiel der Unterkiefer herunter, und er faßte sich in einer Weise an die Stirn, die Ellery an Bezirksstaatsanwalt Sampson, diesen tüchtigen Ankläger, erinnerte, mit dessen Hilfe er und sein Vater schon so manchen Großstadthalunken zur Strecke gebracht hatten. »Ich Idiot!« stöhnte er. »Natürlich, natürlich!«

Vaughn war vollkommen überrascht. »Und dabei ist es so verflucht einfach«, stammelte er, als könne er nicht begreifen, wie er so etwas hatte übersehen können.

»Das ist es meistens«, erwiderte Ellery schulterzuckend. »Der Mörder konnte also, wenn ich das bitte eben zu Ende führen darf, an der Flasche selbst nicht erkennen, was sie enthielt, da sie weder durchsichtig noch etikettiert war. Es gab nur zwei Erklärungen dafür, daß er ihren Inhalt kannte: Entweder wußte er, daß sie Jod enthielt, oder er entkorkte sie, um nachzusehen. Wie Sie sicher noch wissen, wies das Medizinregal über Old Petes komfortablem Waschgestell zwei Lücken auf; und es war deutlich zu erkennen, daß die beiden Gegenstände auf dem Boden -die Jodflasche und das Verbandszeug -normalerweise dort hingehörten. Der Mörder war also, nachdem er sich verwundet hatte und nun heftig blutete, gezwungen, in diesem Regal nach Verbandszeug und Jod zu suchen.«

Ellery grinste. »Anstatt jedoch eine der beiden deutlich beschrifteten Fläschchen mit Jod beziehungsweise Mercurochrom zu nehmen, die zusammen mit verschiedenen anderen Artikeln auf dem Regal standen, um damit seine Wunde zu versorgen, bevorzugte er die Flasche mit unbekanntem Inhalt. Warum in aller Welt tat er das, wenn zwei beschriftete Antiseptika direkt vor ihm auf dem Regal standen? Für ein solches Verhalten gibt es keinen vernünftigen Grund; kein Fremder -der zudem in höchster Eile war -hätte die Zeit und Nerven aufgebracht, den Inhalt einer unbeschrifteten Flasche zu untersuchen, wenn alles, was er brauchte, direkt vor seiner Nase stand. Folglich traf die erste der beiden Möglichkeiten zu: Der Mörder kannte die Flasche und wußte, daß sie Jod enthielt. Wer aber konnte über solches Wissen verfügen?« Ellery seufzte lustvoll. »Da hatten wir‘s! Aus den generellen Umständen und Vans eigener Geschichte vom einsamen Versteck in den Bergen konnten wir ableiten, daß nur eine einzige Person den Inhalt der mysteriösen Flasche kennen konnte - der Bewohner der Hütte.«

»Hab‘ ich‘s dir nicht gesagt?« fügte Inspector Queen aufgeregt hinzu und griff nach seiner alten braunen Tabakdose.

»Wir haben vorhin gezeigt, daß nur zwei Personen an dem Mord beteiligt waren -Täter und Opfer -und daß der Mörder sich am Handgelenk verletzt und die Wunde mit Jod versorgt hatte. Wenn also der Bewohner der Hütte, Andreja Tvar alias Andrew Van, alias Old Pete, der einzige war, der im voraus wissen konnte, was in der Flasche war, dann war es auch Andrew Van, der sich am Handgelenk verletzt hatte; und der arme Teufel an der Holzwand war demnach nicht Andrew Van, sondern sein Opfer.«

Er schwieg einen Augenblick. Als Inspector Vaughn sich räusperte, fragte Staatsanwalt Isham: »Ja, und die anderen Morde? Sie sagten doch gestern, nachdem wir Van verhaftet hatten, Ihnen sei ab dem vierten Mord der gesamte Ablauf von Anfang bis Ende klargewesen. Mir jedoch leuchtet noch immer nicht ein, warum Van, selbst wenn er den Unbekannten in der Hütte auf dem Gewissen hat, auch die anderen Morde begangen haben sollte? Wie wollen Sie das beweisen?«

»Mein lieber Isham!« Ellery zog die Augenbrauen hoch. »Der Rest ist doch nun wirklich simpel! Mehr als ein wenig logisches Geschick und eine Portion gesunden Menschenverstandes braucht es dazu nicht! Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja. Ich wußte also, daß Andrew Van selbst der Mörder war und auch die hinkenden Fußspuren hinterlassen hatte. Das Faktum allein, daß er der Mörder war, reichte noch nicht. Er konnte ja zum Beispiel Krosac in Notwehr erschlagen haben, in welchem Falle er als Mörder der drei ersten Opfer aus dem Rennen gewesen wäre. Eines war jedoch nicht zu übersehen: Andrew Van hatte jemanden getötet und diesen Unbekannten als Old Pete und damit als sich selbst verkleidet. Er spielte also mit gezinkten Karten! Von da an wußte ich endgültig, daß ich auf der richtigen Spur war. Doch wer konnte der vierte Tote sein? Van war es nicht. Den Gedanken, es könnte sich um Brad handeln, verwarf ich sofort: Seine Witwe hatte ihn anhand des Feuermals auf dem rechten Oberschenkel eindeutig identifiziert. Aus rein formalen Gründen fragte ich mich, ob der Tote Megara sein konnte. Die Antwort lautete natürlich ebenfalls nein, Dr. Temple hatte bei Megara eine besondere Form von Hernia diagnostiziert, die nach dem Ergebnis von Dr. Rumsens Untersuchung auch der Tote am Antennenmast der Helene aufwies; mit anderen Worten: Brads Leiche war echt, Megaras Leiche ebenso. Übrig blieben nur zwei Personen, die, wenn man einmal von der entfernten Möglichkeit absah, Van hätte einen vollkommen Unbeteiligten getötet, in Frage kamen: Velja Krosac und Kling, Vans Faktotum.«

Ellery machte eine Pause, um Luft zu holen. »Konnte der Tote Krosac sein, wie man zunächst annehmen mußte? Doch in diesem Falle hätte Van nur die Polizei holen und zu erzählen brauchen, er habe in Notwehr gehandelt, und man hätte angesichts der Vorgeschichte keine Sekunde an seiner Geschichte gezweifelt. Wenn er unschuldig gewesen wäre, hätte er ohne Frage so und nicht anders gehandelt. Er machte jedoch keinen Gebrauch von dieser Chance, was nahelegt, daß er es nicht konnte. Warum konnte er nicht? Weil der Tote nicht Krosac war! Also mußte es sich bei dem letzten Mordopfer um Kling handeln. Doch hatte Kling nicht schon vor sieben Monaten als irrtümliches Opfer Krosacs tot am Wegweiser gehangen? Woher wußten wir, daß der erste Tote Kling war? Nur durch die Erzählungen Vans -eines Mörders und ausgekochten Betrügers, wie wir nun wußten. Wir konnten guten Gewissens am Wahrheitsgehalt jeder unbestätigten Aussage Vans zweifeln und unter den gegebenen Umständen Kling zum vierten Mordopfer erklären.«

Ellery fuhr eifrig fort. »Und auf einmal paßte alles zusammen. Wenn Kling der letzte Tote war, wo steckte dann Krosac? Die Morde an Brad und Megara hatten wir bereits abgehandelt; also konnte nur Krosac Opfer des ersten Mordes geworden sein. Die ›Bestie‹, nach der die Polizei sieben Monate lang in achtundvierzig Staaten und drei Ländern vergeblich gefahndet hatte, war von Anfang an tot. Kein Wunder, daß er uns zeitweilig wie ein Phantom erscheinen wollte ...«

»Das darf doch alles nicht wahr sein«, stammelte der Professor.

»Dem Jungen können Sie stundenlang zuhören«, strahlte Inspector Queen, »er steckt voller Überraschungen.«

Ein schwarzer Schaffner erschien mit einem Tablett voll eisgekühlter Getränke. Sie tranken schweigend und schauten aus dem Fenster, in dem die sich ständig wandelnde Landschaft an ihnen vorbeizog. Als der Schaffner das Abteil verlassen hatte, fuhr Ellery fort. »Wer aber ermordete Krosac in Arroyo? Der Mörder, soviel war uns schon länger klar, mußte von der Krosac-Tvar-Blutfehde gewußt und dieses Wissen in Gestalt seiner T-Symbolik angewandt haben. Wer aber kannte die Geschichte der beiden montenegrinischen Familien? Den Aussagen von Van und Megara zufolge war die europäische Vorgeschichte nur Van, Megara, Brad und Krosac bekannt. Konnte also Megara die T-Symbolik verwandt haben? Nein, schon aus geographischen Gründen nicht -er befand sich am anderen Ende der Welt. Brad? Ebenfalls unmöglich; Mrs. Brad hatte in der Gegenwart von Personen, die im Falle der Unwahrheit hätten widersprechen können, ausgesagt, der Landesmeister im Damespiel sei an Heiligabend bei ihnen zu Gast gewesen und ihr Mann habe den ganzen Abend mit ihm am Brett gesessen. Krosac als Opfer fiel ebenfalls fort. Kling vielleicht? Nein, denn abgesehen von der Tatsache, daß er von der Geschichte der Tvars nichts wußte und den Buchstaben T folglich nicht in seiner fatalen Bedeutung verwandt haben konnte, war er wiederholt als halbdebil beschrieben worden; ihm war eine derart intelligente Vorgehensweise nicht zuzutrauen. Übrig blieb als einziger, der alle erforderlichen Kriterien erfüllte, Andrew Van. So war es also. Van hatte Krosac getötet. Es blieb nur die Frage: Wie? Auch das ließ sich rekonstruieren. Er wußte ja, daß Krosac ihm und seinen Brüdern nach dem Leben trachtete, und mußte irgendwie erfahren haben, daß Krosac mit dem verrückten Alten, Stryker, durch die Lande zog, und ihn mit einem anonymen Schreiben geködert haben. Krosac, der sich kurz vor dem Ziel seiner Rache wähnte, biß an -ohne in seinem Eifer nach der Herkunft des Briefes zu fragen -und verstand es, den willfährigen Alten mit seiner Karavane in die Nähe von Arroyo zu manövrieren. Schließlich heuerte er -der erste und letzte Auftritt des echten Krosac im gesamten Drama -Croker, den Tankstellenbesitzer aus Weirton an, ihn zur Kreuzung zu fahren. Wie Sie sich erinnern, hatte Krosac in Weirton kein Gepäck dabei ­