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Harald umklammerte den Griff mit beiden Händen und schaffte es schließlich unter Aufbietung aller Kräfte, das Schwert an sich zu reißen. Der rote Glanz hatte sich verstärkt.

»Nun«, ertönte die ruhige Stimme des Seneschalls vom Eingang des Arsenals her, »zumindest scheinen die Schwerter der Hölle ihrem Ruf gerecht zu werden. Kaum im Einsatz –

und schon mit Blut eingeweiht!«

»Allerdings.« Harald nickte. »Blut scheinen sie zu lieben.

Und sie töten gern.« Er betrachtete nachdenklich Blitzstrahls rot glänzende Klinge und schob das Schwert in die Scheide.

Seine Züge wirkten gelassen wie immer, aber seine Augen verrieten eine gewisse Unruhe, als käme ihm jetzt erst zu Bewusstsein, worauf er sich mit dieser Waffe eingelassen hatte. Plötzlich sah er, dass seine Hände mit Blutspritzern übersät waren, und er wischte sie mit schnellen, fast zwanghaften Bewegungen an seinem Wams ab.

»Auf alle Fälle haben wir endlich unseren Verräter erwischt«, sagte er, nachdem er sich gesäubert hatte. »Darius muss die Dämonen durch die Entlüftungsschächte, die er so gut kannte, in den Südflügel geschleust haben. Und er hat vermutlich seine neu erworbenen magischen Kräfte dazu genutzt, den Teleport-Bann des Großen Zauberers zu stören.«

Er warf einen Blick auf Darius, der leblos in einer Ecke des Korridors lag. »Zum Glück ist sein Tod kein großer Verlust.

Niemand wird ihn vermissen.«

KAPITEL ACHT

Geschöpfe der Nacht

NOCH EHE ER DIE Eingangshalle verließ, spürte Rupert die Kälte, die draußen im Hof auf ihn lauerte. Die Temperatur sank stetig, als er sich dem Hauptportal näherte, und sein Atem dampfte in der eisigen Luft. Er zog den Umhang enger um die Schultern und nickte dem Wachtposten am Portal wortlos zu. Der Mann schob einen Türflügel gerade so weit auf, dass Rupert auf die Haupttreppe schlüpfen konnte, und schlug sie hinter ihm sofort wieder zu, um nur ja keine Wärme entweichen zu lassen. Rupert zuckte zusammen, als die Kälte des Hofes ihm wie mit Messern in die Haut schnitt.

Kohlebecken und kleine Feuer glommen hier und da tapfer gegen die Dunkelheit an, ohne allzu viel Wärme oder Licht zu verbreiten. Dicke Schnee- und Eisschichten bedeckten die Zinnen und Stalldächer, und Reif kroch schimmernd an den inneren Mauern hoch. Fackeln loderten in regelmäßigen Abständen an den Wänden, aber mehr Helligkeit verbreitete der blaue Vollmond, der hoch am sternenlosen Himmel stand.

In seinem fahlen Licht versammelte sich auf dem Burghof nach und nach das letzte Kämpferaufgebot des Waldkönigreichs.

Rupert stampfte mit den Füßen und schlug die Hände zusammen, um die Kälte aus Zehen und Fingern zu vertreiben, während seine Blicke über die Krieger schweiften, die sich mit grimmigen Gesichtern auf dem Burghof drängten und die letzten Vorbereitungen für die Schlacht trafen. Die Flüchtlinge, die im Freien kampiert hatten, waren wenigstens vorübergehend ins Burginnere verfrachtet worden. Kaum einer der Anwesenden sprach. Der Dunkelwald schob sich immer näher an die Wälle heran; er erinnerte an ein großes schwarzes Tier, das geduldig auf die Beute lauerte, die ihm nicht entwischen konnte. Rupert fröstelte, als ihn die alte Furcht vor der Schwärze überfiel. Er kämpfte sie energisch nieder, weil er wusste, dass sie ihn sein Leben lang nicht mehr losließe, wenn er ihr einmal nachgäbe. Er musterte das Heer, das am Fuß der Treppe Aufstellung nahm, und fragte sich, wie die Leute wohl reagieren würden, wenn sie in den Dunkelwald eindrängen und erkennen müssten, dass die Dämonen nur ein Teil des Bösen waren, das sie umzingelte.

Er beobachtete mit düsterer Miene, wie die etwa fünfhundert Männer und fünfzig Frauen ihre Rüstungen festschnallten und die Balance der diversen Klingen prüften, für die sie sich entschieden hatten. Zu viele von ihnen hatten offensichtlich noch nie im Leben eine Waffe gezogen. Die Gardisten und Soldaten exerzierten gelassen und kenntnisreich, während die Höflinge und Händler, die Bauern und Bürger es ihnen ungeschickt nachmachten. Priester gingen von Gruppe zu Gruppe, sprachen hier ein paar beruhigende Worte und spendeten dort Trost. Rossknechte führten die wenigen Pferde, die es auf der Burg noch gab, aus den Ställen; sie hielten die Zügel fest in der Hand und besänftigten die verunsicherten Tiere mit leisen Worten. Rupert runzelte nachdenklich die Stirn.

Als er das letzte Mal mit Pferden in den Dunkelwald eingedrungen war, hatte man ihnen die Augen verbinden und sie am kurzen Zügel führen müssen. Er hoffte nur, dass sich die Streitrosse des Königs robuster zeigten.

Er wandte den Kopf ab, und ein Lächeln huschte über seine Züge, als er eine kleine Gruppe von Kobolden im Schatten der Ställe kauern sah. Sie waren eifrig dabei, Widerhaken in die Schneiden ihrer Schwerter zu feilen und sie mit frischem Pferdemist zu beschmieren, damit die Wunden, die sie ihren Gegnern zufügten, auch ganz bestimmt eiterten. Droben auf den Zinnen bereiteten die übrigen Kobolde Kessel mit Pech und kochendem Öl vor. Rupert schüttelte missbilligend den Kopf. Auch wenn er die kleinen Kerle mochte, ließ sich nicht leugnen, dass sie keinerlei Gefühl für einen ehrlichen Kampf hatten. Aber das machte sie für die bevorstehende Schlacht umso wertvoller.

Der Große Zauberer saß auf der untersten Stufe der Haupttreppe und nahm einen tiefen Zug aus seiner Weinflasche.

Rupert wollte sich zu ihm gesellen, blieb aber stehen, als er sah, dass die Blicke des Magiers in weite Fernen gerichtet waren. Ein paar frische Weinflecken zierten seinen Umhang, und er schwankte leicht von einer Seite auf die andere, im Rhythmus zu einem alten Lied, das er leise vor sich hin sang.

Rupert betrachtete den Zauberer eine Zeit lang und spürte, wie sich seine Hoffnung verflüchtigte. Er hatte sich darauf verlassen, dass der Zauberer wenigstens jetzt, da so viel auf dem Spiel stand, nüchtern blieb, aber das war wohl zu viel verlangt. Rupert ballte die Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder. Der Zauberer konnte nichts dafür, dass er nicht dem Bild entsprach, das die Legenden von ihm entworfen hatten.

Er ist auch nicht der Einzige, der mich enttäuscht hat, dachte Rupert müde. Er sah Julia vor sich, Arm in Arm mit Harald.

Man sollte meinen, ich hätte meine Lektion gelernt. Es ist auf niemanden Verlass! Rupert setzte seinen Weg fort. Er ging ganz nahe am Zauberer vorbei, aber der Zauberer bemerkte ihn überhaupt nicht.

Rupert bahnte sich einen Weg durch das Gewühl. Die Leute sprachen ihn an oder winkten ihm zu, aber er nickte nur mit geistesabwesendem Lächeln. Sie erwarteten sicher, dass er ganz und gar Prinz war und sie mit markigen Worten aufputschte, aber irgendwie war ihm das zuwider. In der gegenwärtigen Lage musste jedes Säbelgerassel unecht und lahm klingen. Harald konnte so etwas besser. Er würde den Soldaten auf die Schultern klopfen und ihnen tröstliche Lügen erzählen, den Bauern und Kaufleuten Ruhm und Ehre auf dem Schlachtfeld in Aussicht stellen, und all jene, die im Kampf fielen, zu Helden des Vaterlands hochstilisieren. Rupert konnte seine Müdigkeit und Sorge nicht verbergen. Er hatte zu oft gegen die Dämonen gekämpft, um sich noch irgendwelchen Illusionen hinzugeben. Es gab nichts außer der Finsternis, den Kreaturen der Nacht und der hässlichen Arbeit, die man erledigen musste, um sie zu besiegen. Das Geschwafel um Ehre und Ruhm für die Lebenden und Toten konnte ihm gestohlen bleiben.

Das Gedränge ließ ein wenig nach, als sich Rupert einem der alten Pferdeställe näherte. Der weitläufige Bau wirkte unnatürlich still und verlassen, als habe man ihn vor kurzem aufgegeben. Alle Fenster waren mit Brettern vernagelt, und ein Schloss sicherte den Eingang. Eiszapfen hingen in dicken Klumpen von den Regenrinnen herab, und auf den Fenstersimsen hatte sich Schnee angesammelt. Rupert nahm den Schlüssel, den der Seneschall ihm gegeben hatte, und sperrte das Schloss auf. Die Tür schwang langsam nach innen, als er sie aufdrückte, wenngleich der verzogene Rahmen ächzte und knarrte. Rupert schob den Schlüssel ein, blieb auf der Schwelle stehen und spähte in das Halbdunkel. Nichts rührte sich. Er trat einen Schritt zurück, nahm eine Fackel aus der Halterung neben der Tür und trat zögernd ein.