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König Johanns Schwert zersplitterte an den harten Schuppen eines Angreifers, und er warf den unbrauchbaren Stumpf mitten in die grinsende Dämonenfratze. Das Geschöpf wich einen Schritt zurück, und ehe es erneut auf ihn eindringen konnte, hatte der König Felsenbrecher gezogen und den Widersacher in zwei Teile gespalten. Das Langschwert lag unnatürlich leicht in seinen Händen, und ein goldener Schimmer umspielte die mächtige Klinge. König Johann hieb zornig auf die Dämonen ein, die sein Pferd umlagerten und ihn aus dem Sattel zu zerren versuchten. Die Schneide fuhr durch ihre Leiber, ohne dass er den geringsten Druck ausüben musste.

Der König runzelte nachdenklich die Stirn. Er war beeindruckt, aber er hegte den Verdacht, dass dieses Höllenschwert mehr zu bieten hatte als eine scharfe Klinge. Er spürte die alte Macht, die sich ungeduldig in dem Stahl regte und nur darauf wartete, dass er sie einsetzte. Ohne recht zu wissen, was er tat, schwang er sich aus dem Sattel und blieb unschlüssig neben seinem Streitross stehen. Das Tier bäumte sich so unvermittelt auf, dass ihm die Zügel entglitten, warf sich herum und stürmte auf die Sicherheit der Burg zu. Nach weniger als zehn Metern hatten es die Dämonen eingeholt und zu Boden gerissen. König Johann wandte sich ab, verfolgt von den Todesschreien des Pferdes, schwang Felsenbrecher hoch über den Kopf und stieß das Schwert tief in den Waldboden.

Die Erde teilte sich mit einem lauten Knirschen. Gezackte Risse breiteten sich nach allen Richtungen aus, hundert Meter und länger. Ein Ächzen drang aus der Tiefe, als sich der Grund in einer schwerfälligen Wellenbewegung hob und senkte. Dämonen stürzten in klaffende Spalten und wurden von nachrutschendem Geröll erdrückt. Etwas wälzte sich unruhig im Schlaf, ein fremder Koloss im dunklen Schoß der Erde, und stieß ein grässliches Geheul aus, als es unter dem unerbittlichen Gewicht des Waldbodens zermalmt wurde. Der König starrte mit grimmiger Genugtuung umher, befriedigt über die Zerstörung, die er angerichtet hatte. Doch dann verschwand sein triumphierendes Lächeln, als er sah, wie sich die Männer und Frauen seines eigenen Heeres aus den Spalten zu retten versuchten, ehe sich die Ränder wieder schlossen. König Johann zog Felsenbrecher mit einem Ruck aus dem Waldboden, und die aufgewühlte Erde kam wieder zur Ruhe.

In diesem Schwert steckt eine große Macht, dachte der König. Die Macht, die Erde selbst zu zerstören und neu zu gestalten. Die Macht, Berge abzutragen und an anderer Stelle auf zutürmen. Felsenbrecher.

Und erst sehr viel später kam ihm in den Sinn, wie viele seiner eigenen Untertanen durch diese Macht den Tod gefunden hatten.

Die Dämonen fielen zu hunderten unter den drei Schwertern der Hölle, aber immer noch strömten sie in Scharen aus dem Dunkel. Das Heer erreichte die Böschung des Burggrabens und verteidigte sich dort, so gut es das vermochte. Die Zugbrücke war hochgezogen worden. Man würde sie erst herunterlassen, wenn der König den Befehl zum Rückzug gab. Von den fünfhundertfünfzig Männern und Frauen, die König Johann in die Finsternis gefolgt waren, hatten keine hundert das Massaker lebend überstanden. Gleich in den ersten Minuten des Kampfes waren die Lanciers gefallen, zu Boden gerissen und niedergemetzelt von den anstürmenden Dämonenhorden. Auch die Mehrzahl der Bauern, Händler und Bürger war tot, dazu die Hälfte der Soldaten und Gardisten. Die Überlebenden scharten sich nun in einem trotzigen Haufen am Rand des gefrorenen Burggrabens und hieben mit ihren bluttriefenden Waffen verzweifelt auf die Angreifer ein.

Die Dämonen waren überall. Sie erfüllten die Nacht, und für jeden, der fiel, drängten neue Gegner nach.

Rupert wankte erschöpft im Sattel. Um ein Haar wäre er gestürzt. Er fing sich im letzten Moment ab und umklammerte die Zügel fester. Seine Muskeln brannten, und alles drehte sich vor seinen Augen, aber er gab nicht auf. Anfangs dachte er noch an seine Pflicht, dann ans Überleben, doch am Ende kämpfte er einfach weiter, weil er sich der Finsternis nicht geschlagen geben wollte. Er war in der Vergangenheit so oft besiegt worden, aber er hatte nie aufgegeben, und er gäbe auch diesmal nicht auf. Zu seiner Linken erkannte er den Champion. Der stand an der Spitze des geschrumpften Heers und schwang seine mächtige Streitaxt wie ein Spielzeug. Sein Pferd war verschwunden, und Blut besudelte die verbeulte Rüstung, aber die Dämonenflut brach sich an ihm wie die Brandung an einer Felsenklippe. Rupert wusste, dass er bei diesem Anblick eigentlich neuen Mut schöpfen sollte, aber er fühlte sich so verdammt müde, dass er überhaupt nichts mehr empfand.

Plötzlich zerschellte mit einem lauten Krachen die Eisdecke hinter ihm, und das Burggraben-Ungeheuer schoss mit Gebrüll aus den kalten Tiefen. Der Koloss, der von der Schnauze bis zur Schwanzspitze gut zwölf Meter lang war, stürzte sich auf den nächstbesten Dämon, der Rupert bedrohte, und zerriss ihn in der Luft. Dann riss er das Maul mit den gekrümmten Fängen weit auf, warf den hässlichen Kopf zurück und heulte der Finsternis seine Kampfansage entgegen. Unter seinem Schuppenpanzer verliefen dicke Muskelstränge, und die Böschung des Burggrabens schien ein wenig unter seinem enormen Gewicht einzusinken. Nachdem er sich mit einem raschen Blick vergewissert hatte, dass Rupert nichts zugestoßen war, stürmte er auf die Dämonen los. Seine gewaltigen Krallen und Zähne richteten ein Blutbad unter den Geschöpfen der Nacht an.

So also sieht das Burggraben-Ungeheuer aus, dachte Rupert. Ich habe mir darüber schon of t den Kopf zerbrochen.

Ziemlich… eindrucksvoll, würde ich sagen.

Ein Dämon sprang aus dem Dunkel auf ihn zu, und Rupert schlitzte ihm noch im Flug die Eingeweide auf. Der Angreifer umklammerte im Sturz seinen Schild. Mit einer Reflexbewegung schnitt Rupert die Halteschlaufen durch und ließ den Schild fallen, ehe ihn das Gewicht des Angreifers aus dem Sattel ziehen konnte. Ein Ding mit triefenden blutroten Augen kam aus den Schatten geflogen und prallte so heftig gegen seine Brust, dass er fast das Gleichgewicht verlor. Die Kreatur verankerte sich mit einem Dutzend Beinen an den Ringen seines Kettenhemds und schnappte nach seiner ungeschützten Kehle. Rupert riss den linken Arm hoch, um den Angriff abzuwehren, und der Dämon grub ihm die Fänge bis an den Knochen ins Fleisch. Stöhnend versuchte der Prinz die Bestie mit seinem Schwert zu erreichen, aber sie klammerte sich zu eng an seine Brust. Ein paar andere Dämonen erkannten seine Verwundbarkeit und kamen auf ihn zugerannt. Rupert versuchte erneut das Schwert zu heben, aber er konnte an nichts anderes als den grässlichen Schmerz denken, der ihm wie Feuer durch den linken Arm pulsierte.

Und dann kam die Axt des Champions aus dem Nichts und spaltete den Dämon mittendurch. Die Kiefer erschlafften, und Rupert konnte den Angreifer endlich abschütteln. Er drehte sich nach dem Champion um, doch der war bereits wieder im Kampfgewühl verschwunden.

Einen Moment lang brandete die Schlacht an Rupert vorbei, und er fand die Zeit, seinen verletzten Arm zu untersuchen. Weiße Knochensplitter ragten aus der Wunde, aber er konnte die Finger noch bewegen. Rupert biss die Zähne zusammen, schob die linke Hand unter den Schwertgurt und zog den Riemen fester, um den Arm ruhig zu stellen. Keine ideale Schlinge, aber mehr konnte er im Moment nicht tun. Mit diesem Arm habe ich nur Pech, dachte er, während er sein Zittern zu unterdrücken suchte. Ich hof f e, dass der Große Zauberer ihn noch einmal hinkriegt. Bei diesem Gedanken fiel ihm ein, dass die Unterstützung durch die Magier sehr abrupt geendet hatte, und er drehte mühsam den Kopf nach hinten, um einen Blick auf die Burg zu werfen. Dutzende von Fackeln erhellten die Zinnen, aber von den Zauberern sah er nirgends eine Spur. Mit einem zornigen Fluch wandte Rupert seine Aufmerksamkeit wieder dem Kampfgeschehen zu.