Выбрать главу

»Den Astrologen? «, wiederholte Julia ungläubig. »Soll das ein Witz sein? Wir brauchen einen richtigen Zauberer! Hören Sie, die Burg wird dem Dämonenansturm ohnehin nicht standhalten, egal, was Sie unternehmen. Aber Sie sind der Einzige von uns, der dem Dämonenfürsten Paroli bieten kann.«

»Nein, Julia«, widersprach der Zauberer. »Ich kann euch im Moment nicht helfen.«

»Thomas Grey ist ein guter Magier«, sagte der König.

»Und er kennt Mittel und Wege, die uns direkt zum Dämonenfürsten führen werden.«

Rupert hob den Kopf. »Uns? Was heißt hier uns? «

Der König hielt seinem Blick ruhig stand. »Es heißt, dass ich mitkomme.«

»Das kommt nicht in Frage«, erklärte Rupert energisch.

»Du wirst hier gebraucht.«

»Wie Julia ganz richtig feststellte, ist die Burg dem Untergang geweiht, wenn wir dem Dämonenfürsten nicht Einhalt gebieten«, sagte der König ruhig. »Ich muss mitkommen, weil ihr ohne mich nicht die geringste Aussicht habt, den Herrscher des Bösen zu vernichten.«

»Weshalb? Weil du Felsenbrecher mit dir herumschleppst?« Rupert warf einen skeptischen Blick auf das Zauberschwert, dessen Griff über der Schulter des Königs aufragte.

»Das auch«, entgegnete der König. »Aber es gibt noch einen anderen Grund.«

»Lass mich mit ihnen reden, Johann«, bat der Astrologe und trat mit schnellen Schritten neben den König. Seine Züge wirkten besorgt und angespannt, und er ballte die Hände zu Fäusten. Zögernd, beinahe widerwillig wandte er sich Rupert und Julia zu, und als er sprach, klang seine Stimme hart und grimmig. »Johann und ich müssen euch begleiten. Wir haben das Böse in die Welt gerufen; uns bleibt keine andere Wahl, als es wieder zu vertreiben.«

»Ich verstehe nicht.« Ruperts Blicke wanderten zwischen dem Astrologen und dem König hin und her, und er konnte nicht recht einordnen, was er in ihren Gesichtern las.

»Es ist alles unsere Schuld«, erklärte der König leise. »Die Toten, die Vernichtung. Alles unsere Schuld.«

»Inwiefern?«, warf der Große Zauberer ein. »Inwiefern soll das eure Schuld sein?«

»Weil wir es waren, die den Dämonenfürsten zurück in die Welt der Menschen riefen«, sagte König Johann.

Lange Zeit fiel kein Wort. Die abwehrende Haltung des Astrologen hatte etwas Armseliges an sich; er spähte wie ein in die Enge getriebenes Tier von einem zum anderen. Der König sah müde und besiegt aus, aber er wahrte zumindest eine Spur von Würde und hielt Ruperts entsetztem Blick ruhig stand.

»Warum?«, fragte Rupert schließlich.

»Die Barone taten, was sie wollten«, berichtete der Astrologe. »Sie waren drauf und dran, das Königreich mit ihren ewigen Intrigen und Eifersüchteleien zu ruinieren. Irgendwie musste man sie wieder zur Vernunft bringen. Und da kam uns der Gedanke, dass eine echte, große Gefahr die Barone endlich zwingen würde, sich wieder zu vertragen und gemeinsam zu kämpfen – unter der Führung der Krone.«

»Das war der Plan«, fuhr der König fort. »Wir glaubten, wir könnten den Zauber ohne weiteres rückgängig machen, wenn die Sache nicht gelänge, und den Dämonenfürsten in die Finsternis zurückschicken, aus der wir ihn gerufen hatten.«

»Ihr Narren«, sagte der Große Zauberer. »Ihr verdammten Narren!«

»Ja.« König Johann nickte. »Alte, ängstliche Narren. Aber damals waren wir noch jünger und überzeugt davon, dass alles nach Plan verlaufen müsste. Aber die Geschichte ging von Anfang an schief. Wir zogen das Pentakel, und Thomas errichtete den Schutz gegen die bösen Geister. Ich entfachte die Kerzen an den Spitzen des Fünfecks, und er stellte das Weihwasser in die Zwischenräume. Selbst nach all den Jahren erinnere ich mich daran, als wäre es gestern gewesen. Wir sprachen die Worte und riefen ihn beim Namen, und dann überfiel uns die Finsternis wie ein gieriges Raubtier. Ich konnte nichts sehen, konnte nicht mehr atmen, aber ich spürte, wie sich etwas ganz in der Nähe bewegte. Etwas Entsetzliches. Und dann hörte ich Thomas gellend schreien. Ich versuchte ihm zu Hilfe zu eilen, konnte ihn jedoch im Dunkeln nicht finden. Schließlich verlor ich das Bewusstsein. Als ich wieder zu mir kam, war die Finsternis vorbei, und der arme Thomas lag ohnmächtig neben mir.

Die Jahre vergingen, und wir sahen nicht das Geringste vom Dämonenfürsten. Wir glaubten, er sei einfach in die Finsternis zurückgekehrt, aus der wir ihn gerufen hatten, und atmeten auf, weil wir noch einmal davongekommen waren.

Aber vor kurzem tauchten dann Dämonen im Schlingpflanzenwald auf, und der Dunkelwald breitete sich aus.«

»Einen Augenblick«, unterbrach ihn Rupert. »Wann genau habt ihr diese Beschwörung vorgenommen?«

»Vor zweiunddreißig Jahren.«

»Aber damals…«

»Ja, Rupert. Damals verschwand der Südflügel.«

»Ich war in jenem Sommer nicht in der Residenz«, sagte der Große Zauberer. »Deshalb also bist du mir immer ausgewichen, wenn ich wissen wollte, was du eigentlich im Südturm zu suchen hattest! Warum hast du mich nicht vorher um Rat gefragt? Ich hätte dich warnen können…«

»Du hättest versucht, mir den Plan auszureden«, unterbrach ihn der König. »Und eben das wollte ich vermeiden.«

»Das sieht dir ähnlich«, meinte der Zauberer. »Aber woher hattet ihr beiden die magische Kraft, eine solche Beschwörung durchzuführen?«

»Wir benutzten das Curtana«, sagte der Astrologe. »Ich beförderte Johann per Teleport in das Arsenal, Johann nahm das Schwert an sich, und dann kehrten wir auf die gleiche Weise zurück.«

»Ich wusste nicht, dass Sie sich auf die Kunst des Teleportierens verstehen«, sagte Rupert.

Der Astrologe bedachte ihn mit einem kühlen Lächeln.

»Sie wissen sehr wenig über mich.«

»Ihr wart es also«, sagte Julia. »Kein Wunder, dass der Seneschall das Curtana nicht im Arsenal fand. Ihr habt uns ganz bewusst in die Wüste geschickt!«

»Nein«, widersprach König Johann. »Das ist ja das Problem. Thomas und ich brachten damals das Schwert in das Arsenal zurück, bevor wir den Südflügel verließen. Es hätte da sein müssen.«

Rupert und Julia wechselten einen raschen Blick. »Wer könnte es denn an sich genommen haben?«, fragte Rupert nachdenklich.

Der König zuckte mit den Achseln. »Nachdem ich den Schutzzauber gelöst hatte, hätte es jeder holen können. Darius ging durch diese verdammten Entlüftungsschächte jahrelang im Südflügel ein und aus. Wahrscheinlich stahl er das Curtana als eine Art Rückversicherung, falls wir ihm auf die Schliche kämen, und vergaß dann in seinem Wahnsinn, wo er es versteckt hatte. Und nun, da der Mann tot ist, werden wir das Schwert des Zwangs wohl nie mehr finden. Es kann praktisch überall in diesem Tunnelgewirr sein.«

»Vielleicht ist das die beste Lösung«, meinte Rupert. »Das Curtana hat seinen Besitzern bisher nur Kummer und Leid gebracht.«

»Wir scheinen ein wenig vom Thema abzukommen«, wandte der Astrologe ein. »Fakt ist, dass Johann und ich euch begleiten müssen. Da wir den Herrn der Finsternis gerufen haben, kann er nicht ohne uns verbannt oder vernichtet werden.«

Rupert sah den Großen Zauberer fragend an. »Stimmt das, Sir?«

»Leider ja, Rupert. So steht es in den Legenden.«

»Legenden«, murrte Rupert angewidert. »Irgendwie enden wir immer bei diesen blöden Legenden.«

»Ich habe ein Recht darauf, vor den Dämonenfürsten zu treten«, erklärte König Johann. »Trotz allem, was ich verbockt habe – ich bin immer noch der Herrscher des Waldkönigreichs, und er soll mir dafür büßen, was er dem Land angetan hat.«