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»Was sagen Sie dazu, Sir Champion!«

Der Champion sah das Spielzeug nachdenklich an. »Kinder liegen um diese Zeit längst im Bett.«

»Eben. Wo könnte das kleine Mädchen sein, dem diese Puppe gehört?«

Der Champion zuckte die Achseln. »Da, wo sich auch der Rest der Familie befindet. Allem Anschein nach verließen die Leute das Haus aus freien Stücken. Ich entdecke nirgends Spuren eines Kampfes.«

Rupert zögerte. »Der Kobold behauptete, die Kupferstadt sei von Dämonen heimgesucht worden.«

»Kobolde lügen, sobald sie den Mund öffnen«, sagte der Champion.

Rupert schob die Puppe aus einem Impuls heraus unter sein Wams und wandte sich dann der Stiege zu. »Ich möchte, dass alle Häuser der Siedlung durchsucht werden, Sir Champion! Schicken Sie die Männer los, bevor es ganz dunkel wird!«

»Sie werden nichts finden.«

»Erteilen Sie dennoch den Befehl!«

»Jawohl, Sire!«

Der Champion folgte dem Prinzen nach unten. Sein Schweigen war deutlicher Ausdruck seiner Missbilligung, aber das scherte Rupert wenig. Nun gut, vielleicht hatte der Kobold gelogen; wenn die Dämonen hier gewesen wären, hätte man wohl mehr Spuren von ihnen entdecken müssen.

Aber es musste einen Grund dafür geben, dass achthundert Menschen einfach aus ihren Häusern verschwunden waren.

Irgendwo in der Stadt gab es eine Antwort auf das Rätsel –

und Rupert war fest entschlossen, sie zu finden.

Er wanderte noch einmal durch das Haus und trat dann ins Freie. Dunkelheit breitete sich über den Abendhimmel; nur am Horizont kündete ein roter Streifen davon, dass die Sonne eben erst untergegangen war. Der Champion scheuchte die wartende Garde mit lauten Befehlen umher, und schon bald eilten die Männer mit schnellen Schritten die Gassen entlang.

Türen schlugen in der Stille, und Laternen tanzten wie Gespenster durch die leeren Häuser. Einer nach dem anderen kehrten die Soldaten zurück, um Meldung zu machen. Sie hatten nichts und niemanden gefunden. Die Kupferstadt lag schweigend und verlassen unter dem Ebenholzhimmel.

»Dies ist eine Bergwerksiedlung«, erklärte Rupert schließlich. »Wo befindet sich das Bergwerk selbst?«

»Ein Stück weiter unten, am Ende der Straße, Sire«, erklärte der Champion.

Rupert schüttelte entmutigt den Kopf. »Sehen wir uns dort um! Auf einen kleinen Umweg mehr oder weniger soll es uns nicht ankommen.«

»Aye, Sir. Es ist nicht weit – höchstens eine halbe Meile.«

Rupert warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. »Wie kommt es, dass Sie sich hier so gut auskennen?«

»Ich bin hier geboren«, erwiderte der Champion.

Eine blasse Mondsichel schien in der sternlosen Nacht, als der Champion die Männer einen Steilhang hinabführte. Laternen hingen von jedem Sattel. Sie hoben sich golden gegen die Schwärze ab, vermochten aber kaum den Pfad zu erhellen, dem der Champion folgte. Hohe, verkrümmte Silhouetten ragten drohend aus dem Dunkel, als sich die Gruppe ihren Weg an den spärlichen Bäumen vorbei nach unten bahnte.

Der Wind hatte sich endlich gelegt, aber die Nachtluft war bitterkalt. Unvermittelt ging der Hang in flaches Gelände über, und der Champion zügelte sein Pferd.

»Hier ist es, Sire. Das Bergwerk.«

Rupert hielt seine Laterne hoch, aber das flackernde Licht warf mehr Schatten, als es enthüllte. Die Grube wirkte alt, Jahrhunderte alt. Ein paar verwitterte Holzbauten umgaben den Haupteingang, der kaum breit genug für drei Männer nebeneinander war. Der Champion schwang sich aus dem Sattel und blieb reglos stehen, die kalten, dunklen Augen starr auf den Eingang geheftet. Nach einer Weile stieg Rupert ebenfalls ab und trat neben ihn.

»Ich war zehn, als mich mein Vater das erste Mal mit nach unten nahm«, sagte der Champion leise. »Die Hauptader gab nicht mehr viel her, und die Barone hatten die Löhne gekürzt, um die Gesamtkosten zu senken. Meine Familie brauchte das Geld, und unter Tage gab es immer Arbeit für Kinder. Der Stollen, der zum Abbaustoß führte, war so niedrig, dass mein Vater auf Händen und Knien durchkriechen musste. Ich dagegen brauchte nur den Kopf einzuziehen. Das einzige Licht kam von den Kerzen in unseren Helmen, und der Staub, der überall umherwirbelte, machte das Atmen schwer. An jenem ersten Tag dauerte meine Schicht nur sechs Stunden, aber sie schien sich endlos hinzuziehen.

In der Nacht darauf lief ich fort. Ich hatte mich für stark und mutig gehalten, aber noch einen Tag in diesem Bergwerk konnte ich nicht ertragen. Das ist jetzt über dreißig Jahre her, und ich bin seither nicht mehr hier gewesen. Aber diese Mine flößt mir immer noch Angst ein. Merkwürdig, nicht wahr?«

Er schwieg, und Rupert streifte ihn mit einem raschen Blick. Obwohl die Züge des Champions im Halbdunkel schwer zu erkennen waren, wirkte er ruhig und unbewegt wie immer. Der Prinz wusste nicht, warum der Champion ihm diese Dinge erzählte; sie hatten wahrhaftig kein enges oder gar freundschaftliches Verhältnis. Rupert wandte sich ab und studierte eingehend den Bergwerkseingang. Er konnte sich nicht vorstellen, dass der Champion je ein kleiner Junge gewesen war; ein Junge, der lachte und weinte und vor einer Finsternis floh, die ihm Angst einjagte.

»Sir Champion…«

»Wir werden zuerst die Gebäude untersuchen«, sagte der Champion ausdruckslos und erteilte seine Befehle.

Bald darauf loderte ein Dutzend Fackeln im Halbkreis um den Haupteingang. Männer bewegten sich lautlos durch das Dunkel und suchten nach einem Lebenszeichen der verschwundenen Bergleute. Die Gebäude erwiesen sich als leer, aber in dem Stollen, der vom Eingang in die Tiefe führte, entdeckte man seltsame Scharrspuren. Rupert betrat den Tunnel, kniete neben den Vertiefungen nieder und untersuchte sie im schwachen Schein seiner Laterne, so gut er konnte.

Es schien, als habe etwas unvorstellbar Schweres für kurze Zeit auf dem Boden gelegen und die Erde fest zusammengepresst. Rupert runzelte die Stirn. Was immer diese Spuren verursacht hatte – von Dämonen stammten sie nicht. Der Champion kehrte aus der gähnenden Schwärze des Stollens zurück, und Rupert richtete sich rasch auf.

»Haben Sie etwas gefunden?«

»Bis jetzt nicht, Sire. Aber sie sind irgendwo im Bergwerk.«

»Das ist nicht sicher, Sir Champion.«

»Für mich schon«, entgegnete der Champion ruhig. »Etwas rief sie nach unten. Etwas rief die Bewohner der Stadt hierher. Sie verließen ihre Häuser und strömten zur Mine. Männer, Frauen und Kinder – so viele, dass sie sich am Haupteingang anstellen mussten, bis sie an der Reihe waren. Nun warten sie irgendwo da unten im Dunkeln auf uns.«

Rupert sah ihn von der Seite an. Wäre es nicht ausgerechnet der Champion gewesen, hätte er geschworen, dass der Mann am Rand eines Zusammenbruchs stand. Ein wenig unsicher hatte er von Anfang an gewirkt, aber… Weiter unten im Stollen schrie einer der Gardisten entsetzt auf. Rupert rannte los, dicht gefolgt vom Champion. Der Soldat kam ihnen kreidebleich entgegen. Er hatte sein Schwert und die Laterne verloren, hielt aber etwas in der Hand.

»Was ist los?«, fauchte ihn der Champion an. Der Mann blieb wankend stehen. Sein Mund zuckte, doch er brachte keinen Ton heraus.

»Was haben Sie gefunden?«, fragte Rupert ruhig. Der Gardist schüttelte stumm den Kopf und überreichte Rupert einen roten Schuh. Der Prinz runzelte die Stirn. Er war klein, ein Kinderschuh, aber er lag seltsam schwer in seiner Hand.

Rupert betrachtete das Innere und musste plötzlich würgen.

Der Fuß steckte noch im Schuh, glatt abgetrennt am Knöchel.

Das Leder war rot von getrocknetem Blut. Rupert reichte den Fund an den Champion weiter, der ihn ruhig untersuchte.

»Haben Sie sonst etwas entdeckt?«, fragte Rupert den Soldaten.

Der zuckte mit den Schultern. »Ich konnte… konnte nicht viel erkennen. Es war zu dunkel. Aber der Gestank… der Gestank ist entsetzlich.« Er schluckte trocken und stürzte an ihnen vorbei nach oben.