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Zedd konnte es kaum glauben. »Aber Ihr müßt alle von hier verschwinden. Beeilt Euch, bevor die Sonne untergeht. Verlaßt sofort das Lager.«

»Habt Ihr noch mehr Männer mitgebracht?«, wandte sich Chase an den Captain.

»Eine handvoll. Und wer bist du?«

»Er ist ein alter Freund«, klarte Zedd ihn auf. »So hört doch ...«

In diesem Moment drangen von draußen Schreie und lautes Rufen herein. Captain Zimmer stürzte zur Zeltöffnung, als ein Mann seinen Kopf zum Schlitz herein steckte.

»Wir haben damit nichts zu tun«, beantwortete er die unausgesprochene Frage des Captain.

In der Ferne hörte man jemanden laut »Meuchler« brüllen. Im nu war Captain Zimmer hinter Zedd und schob einen Schlüssel in das Schloß seiner Handschellen, die sich mit einem Schnappen lösten; plötzlich hatte Zedd die Hände frei. Der Captain eilte zu Adie hinüber die sich bereits erhoben hatte und ihm den Rücken zudrehte, damit er auch ihre aufschließen konnte.

»Hört sich so an, als wäre dies unsere Chance«, sagte Rachel. »Nutzen wir das Durcheinander, um euch hier rauszuschaffen.«

»Der Kopf der Truppe«, konstatierte Chase mit einem Grinsen.

Kaum waren seine Hände frei, ließ Zedd sich auf die Knie fallen und schloß das Mädchen in seine Arme. Er brachte keinen Laut über die Lippen, doch das war auch nicht nötig. Ihre spindeldürren Arme um seinen Hals zu spüren, allein das war besser als alle Worte.

»Ich hab dich so vermißt Zedd«, flüsterte sie ihm ins Ohr.

Draußen vor dem Zelt war mittlerweile die Hölle losgebrochen. Befehle wurden gebrüllt, Soldaten liefen durcheinander, und in der Ferne erklang das Klirren von aufeinander prallendem Stahl.

Die Schwester stürzte zurück ins Zelt, sah, daß Zedd frei war, und jagte augenblicklich einen Energiestoß durch den Ring um seinen Hals. Der Schock warf ihn der Länge nach zu Boden.

In diesem Moment stürmte hinter Schwester Tahirah eine zweite, deutlich jüngere, blonde Schwester in einem schmutzig braunen Wollkleid ins Zelt. Schwester Tahirah fuhr herum. Die zweite Schwester versetzte ihr einen so harten Schlag, daß sie fast zu Boden gegangen wäre. Ohne zu zögern entfesselte Schwester Tahirah einen Energieblitz, der das Innere des Zeltes mit gleißendem Licht erfüllte. Doch statt die zweite Schwester durch die Zeltöffnung wieder nach draußen zu befördern, wie Zedd erwartet hatte, bewirkte er, daß Schwester Tahirah einen Schrei ausstieß und am Boden zusammenbrach.

»Hab ich dich!«, knurrte die zweite Schwester und setzte ihr einen Stiefel auf den Nacken, um sie am Boden festzuhalten.

Zedd blinzelte entgeistert. »Rikka?«

»Rikka?«, rief auch Captain Zimmer von der anderen Seite des Zeltes. Er schien verdutzt, nicht nur, weil er sie wiedererkannte, sondern vielleicht auch, weil die Mord-Sith ihren Zopf gelöst hatte und ihr blondes Haar jetzt offen trug.

»Zimmer?« Stirnrunzelnd betrachtete sie sein schwarzes Haar. »Was macht Ihr hier?«

»Was ich hier mache? Was habt Ihr hier verloren!« Er deutete mit einer Handbewegung auf ihr Kleid. »Und was in aller Welt habt Ihr da an?«

Rikka setzte ihr typisches, boshaftes Grinsen auf. »Das Kleid einer Schwester.«

»Einer Schwester?«, mischte Zedd sich ein. »Welcher Schwester?«

Rikka zuckte die Achseln. »Einer Schwester, die sich nicht so recht von ihrem Kleid trennen mochte und über dieser Geschichte glatt den Kopf verloren hat.« Mit Daumen und Zeigefinger zog sie ihre Unterlippe ein Stück vor. »Seht Ihr? Ihren Ring habe ich mir ebenfalls ausgeborgt. Ich habe den Spalt ein wenig auseinander gebogen und ihn hier befestigt, damit ich einer echten Schwester auch wirklich ähnlich sehe.«

Rikka riß Schwester Tahirah an den Haaren auf die Beine und stieß sie hinüber zu Adie. »Jetzt nehmt ihr endlich dieses Ding vom Hals.«

»Ich werde nichts dergleichen ...«

Rikka bohrte ihr den Strafer unters Kinn, bis ihr das Blut in Strömen über die Unterlippe sprudelte. Schwester Tahirah drohte zu ersticken und schnappte gequält nach Luft.

»Ich sagte, nehmt Adie dieses Ding vom Hals. Und wagt nicht, mir noch einmal zu widersprechen.«

Mühsam schleppte sich Schwester Tahirah zu Adie hinüber um den Befehl der Mord-Sith auszuführen.

Chase bedachte den noch immer am Boden liegenden Zedd mit zornigem Blick. »Und was machen wir jetzt – sollen wir vielleicht Hölzchen ziehen, um zu ermitteln, wer Euch retten darf?«

»Verdammt! Hört mir denn keiner zu! Ihr müßt alle sofort von hier verschwinden!«

Rachel drohte ihm mit erhobenem Finger. »Zedd, du weißt doch, daß du in Gegenwart von Kindern keine schlimmen Worte sagen darfst.«

Zedd, in seiner Verzweiflung unfähig, ein verständliches Wort hervorzubringen, glotzte offenen Mundes hoch zu Chase.

»Ich weiß schon«, seufzte der Grenzposten. »Manchmal kann sie eine echte Plage sein.«

»Die Sonne wird jeden Moment untergehen!«, brüllte Zedd.

»Es wäre besser, wir warten, bis es so weit ist«, erklärte Captain Zimmer. »Im Schutz der Dunkelheit ist es einfacher, aus dem Lager zu schleichen.«

Plötzlich erfüllte ein lautes Summen das Zelt, das selbst die Luft in Schwingungen versetzte, gefolgt von einem unvermittelten metallischen Knacken. Adie entfuhr ein Aufschrei der Erleichterung, als sich der Ring von ihrem Hals löste.

»Hört mir endlich mal jemand zu?« Zedd rappelte sich mühsam hoch und schüttelte aufgebracht die Fäuste. »Ich habe soeben einen Sonnenuntergangsbann ausgelöst!«

»Einen was?«, fragte Chase.

»Einen Sonnenuntergangsbann – das ist ein Schutzmechanismus aus der Burg der Zauberer, eine Art Schild, der sich, sobald er erkennt, daß andere Schilde verletzt und die dahinter gesicherten Gegenstände entnommen werden, heimlich unter die gestohlenen Gegenstände schmuggelt. Öffnet ein Dieb ihn, um nachzusehen, um was es sich handelt, wird der Bann aktiviert, worauf dieser beim ersten Sonnenuntergang zündet und sämtliche bei der Plünderung gestohlenen Gegenstände vernichtet.«

Schwester Tahirah drohte ihm mit erhobener Faust. »Was seid Ihr für ein Narr.«

Rikka faßte ihn beim Arm. »Also nichts wie weg.«

Chase packte Zedds anderen Arm und riß ihn noch einmal zurück. »Augenblick mal.«

Zedd befreite seine beiden Arme aus dem Griff und deutete durch den Schlitz in der Seitenwand des Zelts auf die untergehende Sonne. »Uns bleiben nur wenige Augenblicke, bis sich alles hier in einen Feuerball verwandelt.«

»Wie groß wäre dieser Feuerball?« fragte Captain Zimmer. Zedd warf verzweifelt die Hände über den Kopf. »Er wird Tausende Opfer fordern, also längst nicht das ganze Feldlager vernichten, aber der gesamte Bereich hier in der Nähe wird dem Erdboden gleichgemacht werden.«

Darauf fingen alle an, durcheinander zu reden, bis Chase ihnen mit einem barschen Kommando nach Ruhe ins Wort fiel. »Hört mir jetzt zu. Wenn wir den Eindruck erwecken, als wollten wir fliehen, wird man uns mit Sicherheit aufgreifen. Captain, Ihr und Eure Männer kommen mit mir. Wir tun so, als wären Zedd und Adie unsere Gefangenen. Rachel ebenfalls – auf dieselbe Weise bin ich bereits ins Lager hineingelangt. Ich hatte nämlich herausgefunden, daß hier auch Kinder festgehalten werden.« Mit einer flüchtigen Handbewegung deutete er auf Rikka und Schwester Tahirah. »Die beiden müssen aussehen wie Schwestern, die Gefangene in Gewahrsam haben, während wir die Aufpasser spielen.«

»Wollt Ihr nicht erst dieses Ding an Eurem Hals loswerden?«, wandte Rikka sich an Zedd.

»Dafür ist jetzt keine Zeit. Gehen wir.«

Adie faßte Zedd beim Arm. »Nein.«

»Was!«

»Hör mir zu, alter Mann. In den Zelten ringsum befinden sich all die Familien mit ihren Kindern. Sie werden sterben. Geh du nur, geh zur Burg der Zauberer. Unterdessen werde ich all die unschuldigen Menschen hier rausschaffen.«

Zedd gefiel diese Idee ganz und gar nicht doch Adie zu widersprechen war ein aussichtsloses Unterfangen, zudem blieb nun wirklich keine Zeit mehr.