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Ein flammender, weiß glühender Blitz aus additiver Magie wand und wickelte sich zuckend um ein knisterndes, schwarzes Nichts aus subtraktiver Magie und verband sich mit ihm zu einem alles vernichtenden, durch ihren fürchterlichen Zweck geeinten Strang eines Doppelblitzes aus gebündelter Energie.

Es schien, als sei die gleißend helle Mittagssonne mitten zwischen sie gestürzt; die Luft wurde in den tosenden Kern aus glühender Hitze und Licht gesogen. So sehr sie sich dagegen sträubte, der ungeheure Sog riß ihr den Atem aus den Lungen.

Richards Zorn ließ alles in einem einzigen Punkt verschmelzen. Im Sekundenbruchteil einer gewaltigen Explosion entfesselte die Zündung dieses Lichtblitzes einen verheerenden Sturm niederschmetternder Zerstörung, deren strahlenförmige Wellen das gesamte Lager erfaßten und die Soldaten der Imperialen Ordnung mit einem Schlag vernichteten.

Eine unheimliche Dunkelheit und Stille senkte sich über die Nacht.

Männer und Frauen standen wie vom Donner gerührt inmitten eines Meeres aus Blut und Eingeweiden und starrten fassungslos auf die bis zur Unkenntlichkeit entstellten Überreste der gegnerischen Krieger.

Die Schlacht war vorbei; das Volk von Bandakar hatte den Sieg davongetragen. Dann endlich brachen die Frauen, in ihrer überschwenglichen Freude über die neu gewonnene Freiheit, hemmungslos in Tränen aus. Viele der Männer, die gekommen waren, sie zu befreien, waren ihnen gut bekannt, dankbar warfen sie sich ihnen an den Hals, überwältigt von der Freude, wieder vereint zu sein. Freunde, Verwandte, Fremde, niemand war vor ihren Umarmungen sicher. Selbst die Männer weinten vor Erleichterung und Glück.

Kahlan bahnte sich einen Weg durch das Gewühl der frohlockenden Menschen, die auf das Freigelände im Innern des befestigten Lagers drängten. Männer jubelten ihr freudetrunken zu, daß auch sie befreit worden war. Viele wollten mit ihr sprechen, doch sie lief weiter, um endlich zu Richard zu gelangen.

Der stand, gestützt auf Cara, um sich überhaupt noch auf den Beinen halten zu können, ein wenig abseits an die Umwallung gelehnt, das blutverschmierte Schwert, dessen Spitze kraftlos auf dem Boden ruhte, noch immer mit der Faust umklammert.

Auch Owen bahnte sich einen Weg durch das Gewühl zu Richard hin.

»Mutter Konfessor! Ich bin so erleichtert und dankbar, daß Ihr wieder bei uns seid!« Er sah zu dem lächelnden Richard. »Lord Rahl, ich möchte Euch Marilee vorstellen.«

Die junge Frau, die Augenblicke zuvor noch wie von Sinnen auf den Leichnam ihres Peinigers eingestochen hatte, schien jetzt zu schüchtern, um auch nur ein Wort hervorzubringen, und senkte zur Begrüßung nur kurz den Kopf.

Richard straffte seinen Körper, um sich aufzurichten, auf den Lippen jenes Lächeln, das Kahlan so sehr an ihm liebte. »Freut mich sehr, dich kennen zu lernen, Marilee. Owen hat viel von dir erzählt und was du ihm bedeutest. Während all dieser Zeit hast du in seinen Gedanken und in seinem Herzen stets an erster Stelle gestanden. Seine Liebe zu dir hat ihm die Kraft gegeben, die Dinge in seinem Land zum Besseren zu wenden.«

Sie wirkte, nicht zuletzt durch seine kleine Ansprache, völlig überwältigt.

»Lord Rahl hat uns nicht nur gerettet, er hat etwas noch viel Wichtigeres vollbracht«, erklärte Owen ihr. »Denn er hat mir den Mut gegeben, für das zu kämpfen, was mir am allerwichtigsten war – mein Leben und das der Menschen, die ich liebe.«

Richard lächelte die beiden an, doch dann konnte er den quälenden Husten, der ihm so entsetzliche Schmerzen bereitete, nicht länger unterdrückten. Die Stimmung ausgelassener Freude über die Befreiung schlug urplötzlich um.

Behutsam ließen sie ihn auf den Boden gleiten. Er griff verzweifelt nach Kahlans Ärmel, um sie in seiner Nähe zu haben. Sie sah, daß Cara die Tränen über die Wangen liefen.

Es schien, als hätte er seine letzten Kräfte aufgebraucht, und das tödliche Gift ergriffe langsam, aber unaufhaltsam von ihm Besitz, so daß sie nichts mehr für ihn tun konnten.

»Owen«, stieß er keuchend hervor und rang, als der Hustenanfall kurz nachließ, mühsam nach Atem, »wie weit ist es bis zu deinem Heimatort?« Seine Stimme wurde zunehmend heiser.

»Nicht weit – ein paar Stunden vielleicht, wenn wir uns beeilen.«

»Der Mann, der das Gift und das Gegenmittel hergestellt hat ... stammt er aus Witherton?«

»Ja. Sein Haus steht noch immer dort.«

»Bring mich dorthin.«

Owen schien verwirrt, nickte aber eifrig. »Natürlich.«

»Und mach schnell«, setzte Richard hinzu und versuchte sich aufzurichten. Es gelang ihm nicht.

Tom erschien in der Menge; auch Jennsen tauchte auf.

»Bringt ein paar Stangen!«, kommandierte Tom. »Ferner ein Stück Zeltleinwand oder ein paar Decken. Wir bauen eine Bahre. Jeweils vier Männer werden ihn tragen. Wenn wir laufen, haben wir ihn im Handumdrehen dorthin geschafft.«

Sofort verschwanden einige Männer in den Gebäuden und suchten zusammen, was sich für den Bau einer Trage verwenden ließ.

65

Hastig zog Kahlan die Blechdose aus dem Regal und riß den Deckel auf. Die Dose enthielt ein gelbliches Pulver; die Farbe stimmte. Sie beugte sich hinunter und zeigte es Richard, der noch immer auf der Trage lag. Der langte hinein, entnahm eine Prise, schnupperte daran, kostete mit der Zungenspitze; schließlich nickte er.

»Aber nur ganz wenig«, sagte er kraftlos, hob den Arm und hielt es ihr hin. Kahlan streckte ihre geöffnete Hand vor, während er ihr ein wenig des zerstoßenen Pulvers hineinstreute. Den Rest ließ er, zu entkräftet, um sich die Mühe zu machen, es in die Dose zurückzutun, achtlos zu Boden fallen. Kahlan gab die winzige Pulvermenge in ihrer Hand in einen der Töpfe mit kochendem Wasser.

In den anderen mit heißem Wasser gefüllten Töpfen wurden Kräuterbeutel aufgebrüht; mehrere Ortsbewohner waren damit beschäftigt, auf Richards Geheiß Pflanzenstengel zu zermahlen.

»Lobelien«, hauchte Richard. Er hatte die Augen geschlossen.

Owen beugte sich über ihn. »Lobelien?«

Er nickte. »Das müßte ein getrocknetes Kraut sein.«

Owen wandte sich herum zu den Regalen und machte sich an die Suche; die Wand des Hauses, des einstigen Arbeitsplatzes jenes Mannes, der Gift und Gegenmittel für Richard zubereitet hatte, war in Hunderte kleiner quadratischer Fächer unterteilt. Es war ein kleines, einfaches Haus mit nur wenig Licht, zudem war es nicht annähernd so gut ausgestattet wie die anderen Kräuterkennerküchen, die Kahlan zuvor gesehen hatte. Immerhin besaß der Mann eine umfangreiche Sammlung von Zutaten, aus denen er – und das war viel wichtiger – höchstwahrscheinlich das Gegenmittel hergestellt hatte.

»Hier!« Owen hielt ihm einen Beutel vors Gesicht. »Auf dem Schildchen steht Lobelie.«

»Zerstoße eine kleine Menge von etwa halber Daumennagelgröße, siebe die Fasern heraus und wirf sie weg, dann gib den Rest in die Schüssel mit dem dunkleren Öl.«

Obwohl Richard sich mit Kräutern auskannte, waren seine Kenntnisse bei weitem nicht fundiert genug, um das Heilmittel gegen das ihm verabreichte Gift zusammenzumischen. Immerhin schien seine Gabe ihn anzuleiten.

Mittlerweile befand er sich in einem tranceähnlichen Zustand. Was genau, vermochte Kahlan nicht zu sagen. Das Atmen fiel ihm zunehmend schwer, so daß sie sich allmählich kaum noch zu helfen wußte. Wenn sie nichts unternähmen, würde er sterben, und zwar schon bald. Solange er ruhig auf der Bahre lag, hatte er es vergleichsweise bequem, nur würde er dadurch wohl kaum genesen.

Der Weg bis nach Witherton war nicht weit gewesen, trotzdem viel zu lang für Kahlans Geschmack.

»Schafgarbe«, stöhnte Richard.

Kahlan beugte sich über ihn. »In welcher Zubereitung?«

»Als Öl«, sagte Richard.

Kahlan tastete sich suchend durch das Regal mit kleinen Fläschchen, bis sie eins mit der Aufschrift SCHAFGARBENÖL gefunden hatte. Sie ging in die Hocke und hielt es Richard vors Gesicht.