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»Das werdet Ihr«, sagte sie lachend und wandte sich um. »Ihr findet mich bei Coira.« Rodario setzte sich auf die Einfassung, langte ins Wasser und benetzte sich damit die Stirn. »Weiber«, murmelte er. »Aufgeteilt! Mich!«, sagte er fassungslos zu sich selbst. Die Tropfen liefen ihm über Nase, Wangen und den Mund bis ins Kinnbärtchen und kühlten ebenso sein Gemüt wie seine Haut.

Sicher empfand er etwas für die Ido, und der Gedanke, zwei Frauen haben zu dürfen, war so schlecht nicht - aber tatsächlich fühlte er sich in seiner Männerseele verletzt. In seiner Rodarioseele. Denn ein Nachfahre des Unglaublichen sollte erobern und nicht aufgeteilt werden wie ein Sack Mehl.

»Sich abzusprechen - wie frech!«, murmelte er und spürte kühle Feuchtigkeit, die auf seine Schulter träufelte und durch den Stoff zog; das Plätschern des Brunnens hatte sich zudem verstärkt.

Es war wegen der Hitze nicht unangenehm, doch er wusste sich nicht zu erklären, weswegen der Wasserstrahl seine Richtung geändert haben sollte.

Rodario drehte den Kopf - und erstarrte: Hinter ihm hatte sich ein menschenähnliches Wesen aus dem Nass geformt, das gut und gerne vier Schritt in der Höhe maß. Es besaß einen breiten Kopf mit einem schnauzenähnlichen Maul, in dem lange Zähne zu sehen waren. Zähne aus festem Wasser.

Er wandte sich wieder nach vorn und tat so, als habe er nichts bemerkt, löste sich von der Brunneneinfassung und spazierte auf den Hauseingang zu. Er musste Coira rufen, um die Kreatur zu betrachten und ihre Einschätzung zu hören. Das war kein normales Verhalten für eine Quelle!

Hinter ihm platschte es laut, dann hörte er die Zhadär auf den Dächern rufen, und eine Woge umspielte seine Beine, die ihn im nächsten Augenblick auch schon von den Füßen riss; prustend verschwand er im Wasser. Coira öffnete die Augen, weil sie etwas Kaltes an ihrer Stirn gefühlt hatte. Mallenia saß neben ihr und wischte ihr das Gesicht mit einem feuchten Tuch ab. »Dieses Mal kümmert Ihr Euch um mich«, sagte sie schwach.

»Ihr habt einen Sonnenstich bekommen«, erwiderte die Ido. »Rodario hätte besser auf Euch achtgeben müssen.«

»Ihr habt mit ihm gesprochen, habe ich gehört?«

Mallenia reichte ihr etwas zu trinken. »Ich erzählte ihm von unserer Abmachung. Dass wir ihn uns teilen.«

Die Maga fühlte Schwindel. »Er sollte doch nichts davon wissen!«, begehrte sie auf. »Ihr habt die Absprache wissentlich gebrochen!«

»Weil alles andere keinen Sinn macht. Er wird sich doch wundern und eines Umlaufs von selbst auf die Lösung kommen, dass zwei Frauen ihn sich geteilt haben und es nicht umgekehrt verlief«, entgegnete sie. »Er kann höchstens böse auf mich sein. Euch trifft keine Schuld.«

Coira seufzte und leerte das Glas. »Deswegen ist er laut geworden.«

»Er sah so niedlich aus«, schwärmte die Ido. »Wieder hilflos wie ein Kind. Ihr hättet ihn bei dem Anblick auf der Stelle an mich verschenkt.« Sie sah aus den Augenwinkeln eine Bewegung in der Ecke des Zimmers, in der einige lose Ziegelsteine lagen. Hatten sie sich eben verschoben und ein kleines Türmchen gebildet? Sie runzelte die Stirn. »Verfluchte Hitze«, sagte sie. »Sie macht mir auch zu schaffen.«

»Was hat Rodario gesagt?«

»Er muss sich Gedanken machen.«

»Ich wusste es! Jetzt wird er uns beide abweisen!« Coira richtete sich von ihrem Lager auf. »Das war keine kluge Entscheidung.«

»Beruhigt Euch«, bat Mallenia und fasste ihre Hand. »Er hat Verstand, und es wird ihm dämmern, was er bekommen hat. Was wir ihm geschenkt haben. Wenn er das wegwerfen sollte, ist er so dämlich, dass es gut war, ihn nicht als Gefährten zu gewinnen.«

Die Maga überlegte, dann lächelte sie zaghaft. »Mag sein. Ich mag keine dämlichen Männer.«

Wieder sah Mallenia eine Bewegung in derselben Ecke. Sie blickte länger hin. Die Steine schoben sich tatsächlich aufeinander zu, stapelten sich und gewannen dabei immer mehr an Geschwindigkeit. Ein Bein ließ sich bereits erkennen, und da es keine weiteren losen Steine mehr gab, brachen die roten Rechtecke kurzerhand aus der Mauer, als folgten sie einem unhörbaren Befehl.

Auch Coira sah in die Ecke, in der sich eine Kreatur aus Backsteinen formte, höher und höher wuchs, während die Mauern um sie herum durch die größer werdenden Lücken ihren Halt verloren und staubend einbrachen; gleichzeitig erklangen von draußen die Rufe der Zhadär.

Mallenia zerrte die Maga in die Höhe, Risse schössen über ihnen die Decke entlang. »Weg hier! Das Haus stürzt ein!«

Die Frauen hasteten aus dem Raum und eilten auf den Ausgang zu - doch davor stand eine Wand aus Wasser, in deren Mitte Rodario schwamm und versuchte, aus dem Gefängnis zu entkommen.

Krachend brach der hintere Teil des Gebäudes zusammen.

»Durchs Fenster auf der Rückseite«, befahl die Ido und schleppte Coira mit sich. »Sagtet Ihr nicht, es gibt hier keine Magie?«

Die Maga konnte nichts erwidern. Zu groß waren der Schrecken und das Bewusstsein, die Gruppe durch ihre Schuld in die Falle geführt zu haben.

XXVI

Das Geborgene Land, das einstige Königinnenreich Sangrein, Südwesten, 6492. Sonnenzyklus, Frühling.

»Ist es immer noch hinter uns?« Ingrimmsch bog nach links und stand in einer weiteren Gasse, die ihm unbekannt vorkam. Wieso das denn? Bei ihrer Flucht hatten sie sich anscheinend verlaufen. »Verfluchte Stadt!«

»Nein«, rief Slin, der den Schluss bildete. »Ich kann es nicht mehr sehen.« »Ich weiß, warum«, grollte Balyndar und blieb stehen, hielt Ingrimmsch am Kragen fest. »Es ist vor uns!«

Die Kreatur aus Schilden, Speeren, Dolchen, Messern, Schwertern und zahlreichen weiteren Waffen bog um die Ecke. Sie hatte die ungefähre Form eines Skorpions mit sechs Scheren angenommen, die unablässig auf und zu schnappten.

»Entzückend«, machte Slin und deutete nach rechts. »Hier hinein. Die Gasse ist zu eng.«

»Dann wird es sich in eine... Schlange oder so etwas verwandeln«, antwortete Ingrimmsch wütend. »Es kann uns überall hin folgen. Das Wegrennen bringt nichts.« »Doch. Wir behalten so lange unser Leben, bis uns eingefallen ist, was wir gegen das Scheusal tun können«, schnaufte der Vierte.

»Erschieß es doch mit deiner Armbrust«, fuhr ihn Balyndar an. »Mit deiner Ausdauer ist es von uns allen am schlechtesten bestellt.«

Ingrimmsch dachte fieberhaft nach. Hiergegen half nur Magie, aber solange sie den Weg zurück zur Königin nicht fanden, war alles Rennen vergebens. Es raubte ihnen die Kräfte, bis sich das Wesen aus Stahl über sie hermachen und ihnen das Fleisch von den Knochen schaben würde. Er sah seinen Krähenschnabel am Ende des Giftstachels sitzen, Balyndars Morgenstern baumelte ebenso daran. »Was hilft gegen Eisen?«, sinnierte er rastlos, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. »Rost?«, meinte Balyndar spöttisch. »Ein gewaltiger Ziehstein!«, rief Slin. »Welch ein Vorschlag! Woher sollen wir einen derartigen Ziehstein nehmen, an dem geschätzte vierhundert Sack Eisen und Stahl hängen bleiben?«, nörgelte der Fünfte. »Und woher soll dein Rost geflogen kommen?«, murrte Slin zurück.

Da die künstliche Kreatur sich ihnen näherte, rannten sie wieder los.

Ingrimmsch fand den Einfall mit den Ziehsteinen nicht schlecht. Sie waren aus einem Mineral, das an Metall haftete und das berührte Metall danach selbst an Eisen haften ließ, außer an Gold, Silber und anderen Metallen von hohem Wert. Um diesen Feind aufzuhalten, bedarf es eines Berges aus Ziehsteinen. Es ist Zeitverschwendung, auf ein solches Wunder zu hoffen. Und Zeit haben wir wahrhaftig nicht!