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Vot schnaubte verächtlich. »Lot-Ionan besitzt Macht genug, um Landstriche zu verwüsten so weit sein Auge reicht. Er hat gelernt, Unmengen Magie in sich aufzunehmen. Das werden die Albae bald zu spüren bekommen.«

»Dort befindet sich zudem eine weitere magische Quelle«, sagte Ingrimmsch zu Tungdil. »Es klingt, als wolle Lot-Ionan auch noch auf der anderen Seite des Geborgenen Landes sein Unwesen treiben.«

»Er wird bemerken, dass es weder den Kordrion noch den Drachen gibt. Die Albae sind vernichtet - und er kann der alleinige Herrscher des Geborgenen Landes sein«, führte dieser den Gedanken fort.

»Wir hätten also gemütlich bei Aiphatön warten können«, meinte Slin seufzend. »Er wäre zu uns gekommen.«

»Dann hätten wir sie nicht gefunden.« Balyndar hob die funkelnde Feuerklinge. »Sie wird uns von großem Nutzen sein.«

»Nach Norden also.« Rodario schaute auf seine abgewetzten Lederstiefel. »Dieses Mal nehmen wir uns Pferde oder irgendetwas, das uns trägt, sodass wir nicht laufen müssen.«

Der Stänkerer stieß einen Warnlaut aus und zog seine Waffe.

Sofort bewegte sich die Gruppe von der Tür weg, Vot ließen sie achtlos in der Blutlache liegen.

»Verdammt!« Ingrimmsch sah eine Horde Albae von der Seite aus in den Thronsaal stoßen, an der sie eben den Rückzug hatten antreten wollen. Aus ihren Nasen und Mündern lief schwarzes, halb geronnenes Blut; nicht wenige von ihnen schwankten beim Gehen, und als sie ihre Waffen für das Gefecht mit den Zwergen und Menschen hoben, wirkten sie kraftlos. Das Gift hatte sie noch nicht ganz bezwungen, doch es siegte mehr und mehr.

Auch durch den zweiten Eingang strömten Albae, und an ihrer Spitze befand sich - Aiphatön. Im Vorübergehen erstach er Vot mit dem Speer, hob den Leichnam damit gut sichtbar für alle in die Luft und gab einige Sätze von sich.

»Er sagt«, übersetzte Mallenia, »dass er den Zauberer, der sie mit dem Fluch beladen hat, getötet habe und ihr Leid bald nachlasse. Um sich vollständig davon zu befreien, müsse man Lot-Ionan finden. Die...«, sie suchte nach dem richtigen Wort, »Zwerge - also ihr - wären keinen Aufenthalt und keine Anstrengung wert. Der Magus müsse gefunden werden, das habe Vorrang vor allem.«

Ein Alb trat nach vorn und redete auf Aiphatön ein. »Er ist der Meinung, dass man uns töten müsse. Er hat die Feuerklinge erkannt und befürchtet, dass wir Scherereien machen könnten. Wir wüssten zudem sicherlich, wie man verborgene Fallen auslöst, die aus den Zwergenzeiten stammen, um Eroberer aufzuhalten.« Mallenia lauschte. »Wenn ich es richtig verstanden habe, sind die Albae, die wir hier sehen, die letzten, die von dem gesamten Kontingent übrig geblieben sind.« Hm, das wird nicht leicht. Ingrimmsch hatte bereits angefangen zu überschlagen und kam auf dreihundert Gegner. Unter normalen Umständen hätte er schwerlich an einen Sieg geglaubt. Aber mit einer von neuen Kräften durchzogenen Maga, einem brandgefährlichen Tungdil sowie Balyndar und der Feuerklinge wurde der Kampf eher zum Wettstreit, wer die meisten erlegte. Er war derjenige mit den geringsten Aussichten auf den Sieg. »Ich nehme Aiphatön«, wisperte er Tungdil zu.

»Du wirst warten, was geschieht.« Tungdil wies Coira an, einen Abwehrzauber bereitzuhalten, um eventuelle Pfeilwolken von ihnen abzuhalten.

Mallenia verschaffte sich mit einem Zeichen Gehör. »Der Kaiser lehnt das ab. Er sagt, dass sie sich nach dem Öffnen des Tores um uns kümmern könnten. Erst soll die Suche nach dem Magus abgeschlossen sein.«

»Er versucht eindeutig, uns zu schützen«, sagte Rodario erleichtert. Er hatte wie Mallenia das Schwert gezogen.

»Ich denke nicht, dass es ihm gelingen wird. Und das muss es auch nicht.« Tungdil sprang die kleine Treppe zu den Fragmenten des Thrones hinauf, reckte Blutdürster und rief etwas.

»Will ich es wissen?« Rodario seufzte.

»Ich schon.« Ingrimmsch grinste vor Vorfreude. »Er macht reinen Tisch mit den Schwarzaugen! Sie werden im Gebirge ausgelöscht, wie es sich gehört. Von uns Zwergen!« Er lächelte grimmig. »Vraccas, welch herrlicher Umlauf!«

»Er sagt«, so Mallenia, »dass er es gewesen sei, der ihnen den Fluch gebracht habe und dass sie sein Leben nehmen müssten, um den Bann zu brechen.«

Ein lautes Raunen ging durch die Masse der Albae, dann rannten die Ersten auf die Treppe zu, um sich gegen Tungdil zu werfen.

Der Einäugige breitete die Arme aus und streckte Blutdürster von sich weg, legte den Kopf in den Nacken und schien zu beten. Eine Rune nach der anderen flammte im schwarzen Tionium auf, und je mehr leuchteten, desto durchdringender wurde ihr Schein.

»Ich habe den Eindruck, dass ich wieder zu kurz komme«, murmelte Ingrimmsch. Als die Welle der Albae gegen den Aufgang der Stufen schwappte, sprang Tungdil über ihre Köpfe hinweg mitten unter sie und verschwand für die Augen seines Freundes und den Rest der Gruppe. Aber die Geräusche von Metall, das gegen Körper schlug, die gellenden Schreie der Feinde und das hoch aufsprühende Blut, das als Gischt bis zu ihnen wehte und sie benetzte, sagte mehr als jeder Anblick. »Sie lassen uns wirklich in Ruhe«, befand Rodario verblüfft, der das Schwert schräg vor den Körper hielt und neben Mallenia stand. »Sie werfen sich wie von Sinnen gegen Tungdil!«

»Das kann ich keinesfalls zulassen! Ich will auch was abhaben!« Ingrimmsch begann seinen Angriff auf die Albae.

Balyndar folgte ihm mit der Feuerklinge, deren Intarsien und Diamanten loderten. Bei jedem Schlag zog der Axtkopf einen feurigen Schweif hinter sich her, und was die Schneide traf, wurde durchschlagen. Seite an Seite wüteten sie sich durch die Albae, die sie anfangs gar nicht beachteten, bis sich auch Widerstand gegen die Zwerge formierte. Jetzt erst war das Gefecht nach Ingrimmschs Geschmack! »Bringt mir eure Leben, ihr langen Landplagen!«, schrie er begeistert und drosch mit dem Krähenschnabel um sich. »Ihr werdet es bereuen, einen Fuß in meine Heimat gesetzt zu haben! Oh, und wie ihr das werdet!«

Verbissen lieferte er sich einen Kampf nach dem anderen, musste etliche Schnitte und Stiche hinnehmen, die ihn jedoch nicht aufhielten. Dazu befand er sich zu tief in seinem Rausch, der die Welt in ein dunkles Rot getaucht hatte und sein Blut schneller, heißer, lebendiger fließen ließ; dass er Balyndar aus den Augen verloren hatte, störte ihn nicht weiter. Er vergaß sogar die Zeit über sein erbarmungsloses Toben hinweg. Allmählich lichteten sich die Reihen, und Ingrimmsch fällte einen Alb mit schwer gewordenen Armen, indem er ihm mit dem Dorn den rechten Fuß wegzog und dem Stürzenden mit der flachen Seite des Krähenschnabels das Gesicht zerschmetterte. Da bemerkte er, dass es auch der letzte Gegner im Thronsaal gewesen war. »Ho, schon vorbei?«, tönte er und blickte sich um. Tungdil saß auf der Treppe, Blutdürster über die Knie gelegt, und schaute ins Nirgendwo. Rodario und Mallenia standen bei Coira und sahen nicht so aus, als hätten sie ihre Schwerter zum Einsatz bringen müssen; die toten Albae vor ihnen waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Die Macht der Magie.

Slin wanderte über die toten Albae und sammelte seine verschossenen Bolzen ein, und Balyndar kniete vor einem Steinbild, die Hände auf den Stiel der Feuerklinge gelegt und die Augen geschlossen. Er betete zweifelsohne zu Vraccas, um sich für den Sieg zu bedanken.

Rings um sie herum lagen die Leichen der Albae, deren Blut sich zu einem schwarzen See sammelte und wie Tinte auf den Steinplatten stand. Das Blaue Gebirge weigerte sich, die Flüssigkeit versickern zu lassen.

»Gelehrter?«

»Er ist in seinen Erinnerungen gefangen«, sagte eine sanfte Stimme hinter ihm. Noch halb im Kampfrausch, zuckte Ingrimmsch herum und schlug zu. Der Krähenschnabel prallte gegen einen dünnen Speer. Hinter ihm stand Aiphatön. »Das war Glück«, schnaufte er.