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Balodil stand auf der anderen Seite und gab merkwürdige dunkle Worte von sich. An der Rüstung blinkte nicht eine einzige Rune auf. Bedauernd zuckte er mit den Schultern und stapfte an die Flammen zurück.

Ingrimmsch grinste und hob den Krähenschnabel. »Du weißt, was das bedeutet?« »Ja«, gab sein Freund unwirsch zurück. »Und es gefällt mir nicht.« »Warte!«, rief Coira. »Wissen wir denn, was es für eine Formel war?«

Ingrimmsch erklärte ihr knapp und unter Auslassung von Kleinigkeiten, welche die Maga nichts angingen, wie es schon einmal geschehen war.

Sie machte ein nachdenkliches Gesicht. »Aber wenn der Zhadär dieses Mal nichts ausrichten konnte, wird es nicht die gleiche Formel gewesen sein.« Sie beugte sich nach vorn, um Tungdil ins Gesicht schauen zu können. »Könnt Ihr uns weiterhelfen?« Ingrimmsch bekam den Verdacht, dass Tungdil ihm bei seiner Erzählung über die Herkunft und Eigenschaften der Rüstung vielleicht etwas verschwiegen hatte. Absichtlich, summte der einsame Zweifler in ihm. Er wollte dir seine Schwachstelle verheimlichen, und das hat er nun davon.

»Er würde es mir jetzt sagen können«, antwortete er dem Zweifler versehentlich laut, und Coira blickte ihn an. »Nichts Wichtiges. Ich rede mit mir selbst«, sagte Ingrimmsch und bedeutete ihr, ein Stück zur Seite zu gehen. »Holla, aufgepasst!«, rief er, damit ihn alle vernahmen. »Es wird gleich blitzen, also haltet euch die Augen zu oder schaut in eine andere Richtung.«

Breitbeinig positionierte er sich über dem Zwerg, hob den Krähenschnabel und hämmerte mit der flachen Seite zu, wie er es damals im Jenseitigen Land getan hatte. Es gab einen dumpfen Schlag, und Tungdil stöhnte auf. Das Tionium war trotz seiner Härte eingedrückt worden, eine tiefe Delle befand sich über der Brust. »Was, bei Vraccas, ist denn...?« Ingrimmsch hob die Waffe mit Schwung hoch über den Kopf und spannte alle Muskeln des Oberkörpers, um noch mehr Kraft in den Hieb zu legen. »Du wirst schon anspringen, wenn ich dich noch einmal streichele!« Wieder schepperte es, und die Panzerung verformte sich noch mehr, aber weder blitzte es noch erhielt sie ihre Beweglichkeit zurück. Tungdil stöhnte und rang nach Luft. »Entzückend. Das war nicht gut«, merkte Slin überflüssigerweise an.

»Das sehe ich selbst«, schnauzte Ingrimmsch zurück. »Tut es sehr weh, Gelehrter?«, fragte er besorgt.

»Nur, wenn ich lache«, hustete der Zwerg. »Nicht noch einmal schlagen, Ingrimmsch. Oder wenn doch, dann auf eine andere Stelle. Ansonsten werde ich ersticken.«

»Ich glaube... der Alb hat die Magie... abgeschaltet. Bis auf die... Sicherung.« Ingrimmsch fuhr mit den Fingern über die eingebeulte Rüstung. »Das Herumhämmern bringt uns gar nichts.«

»Wir müssen uns einen Wagen für ihn besorgen«, schlug Rodario vor. »Dann sind wir ohnehin langsam und können auch Mallenia mitnehmen.«

»Nein«, protestierte Tungdil. »Wir werden einen Weg finden, diese Rüstung aus ihrem Schlaf zu reißen. Noch in dieser Nacht.«

»Na, ganz entzückend«, murmelte Slin. »Warum drischt Balyndar nicht mal mit der Feuerklinge dagegen?«

»Bist du von allen guten Ahnen verlassen? Dann kannst du Tungdil gleich ins Auge schießen«, meinte Ingrimmsch. »Es könnte ihn töten!«

»Wieso?«, meinte Balyndar. »Er ist doch kein Feind unseres Volkes.« Er stand vom Lagerfeuer auf, warf die Kaninchenknochen weg und hob die Axt. Wie immer glomm in den Intarsien und Diamanten ein sanfter Schimmer. »Wollen mal sehen. Oder hat einer von euch Einwände?«

Slin und Ingrimmsch sahen sich an. Sogar Tungdil schwieg.

XXX

Das Jenseitige Land, die Schwarze Schlucht, 6492. Sonnenzyklus, Frühsommer.

Sie ritten auf die Festung Übeldamm zu, über der die Banner und Fahnen wehten. Doch sie sahen auch, dass die Mauern Schäden davongetragen hatten. Ingrimmsch blickte hinüber zu Tungdil, der sich dank der Hilfe von Lot-Ionan wieder mit der Rüstung bewegen konnte. »Was mag passiert sein?«

Er entsann sich, dass der Magus sie vor einigen Umläufen in seiner Bosheit die ganze Nacht hatte vor der erstarrten Rüstung grübeln lassen, ehe er bei Morgengrauen aufgestanden war, zwei schnelle Gesten vollführt und einen dunkelvioletten Schleier auf das Tionium geworfen hatte. Danach funktionierte die Panzerung tadellos und beulte sich vor aller Augen dazu noch selbst aus! Zuvor hatte sie nicht einmal auf die Berührung der Feuerklinge reagiert. Lot-Ionan erklärte niemandem, was er getan hatte. Nicht einmal seinem Ziehsohn. Danach war alles rasch gegangen.

Mallenia und Rodario hatten sie wirklich bei einem Gehöft zurückgelassen und waren in einem unglaublichen Galopp ins Braune Gebirge und von da ohne Aufenthalt weiter ins Jenseitige Land geritten. Sie nahmen sich Zeit für nichts. Erklären mussten sie ohnehin niemandem etwas - Tungdil war Großkönig und keinem Rechenschaft schuldig. Sein Wort war Befehl.

Ingrimmsch warf einen Blick auf den Magus. Mit dem werden wir noch größere Schwierigkeiten bekommen.

Tungdil hatte die Risse in den Mauern der Festung ebenso gesehen. »Solange Übeldamm steht, haben wir nicht verloren«, sagte er erleichtert. »Das Wichtigste ist: Wir sind nicht zu spät.«

Hörner wurden geblasen und verkündeten ihre Ankunft. Eine Abteilung Ubariu und Zwerge marschierte ihnen entgegen, um sie standesgemäß zu geleiten, und führte sie unter dem Jubel der Festungsbesatzung zum Turm, der mit langen Stangen und zusätzlichen Pfeilern versehen worden war.

Es kam Ingrimmsch vor, als zählte er auf den Wehrgängen übermäßig viele Kinder des Schmieds. »Täusche ich mich da?«, wollte er von Slin wissen, nachdem er ihn aufmerksam gemacht hatte.

Der Vierte schüttelte den Kopf. »Nein, tust du nicht.« Er sah zu den Fahnen. »Es sind einige Banner darunter, die ich nicht kenne.«

»Oder niemals habe sehen wollen«, ergänzte Balyndar und deutete nach rechts. »Das sind Clans der Dritten.«

»Bei Vraccas!«, rief Ingrimmsch überrascht. »Dann sind sie gekommen, um uns beizustehen!« Er blickte zu Tungdil. »Dein Stamm ist gekommen, um dem Großkönig seine Arme und Waffen zu leihen.« Er lachte erleichtert auf.

»Eine gute List, den Einäugigen zum Großkönig zu küren«, murmelte Balyndar leise. »Es war keine List«, widersprach Ingrimmsch aufbrausend. »Es war...« »Da ist Goda«, unterbrach ihn Slin. »Willst du dein Weib begrüßen, General, oder soll ich das für dich übernehmen?«

Ingrimmsch zügelte sein Pony, sprang herab und rannte auf seine Gemahlin zu, schloss sie in die Arme und ließ dafür sogar den Krähenschnabel los. »Ich halte sämtliches Glück aller Welten umfangen«, flüsterte er in ihr Ohr und spürte Enge in seiner Kehle. »Du hast mir gefehlt, Goda!«

Sie barg ihr Gesicht an seinem Hals und drückte ihn fest an sich. »Endlich«, raunte sie zurück. »Ich bin fast gestorben vor Sorge und durfte es dennoch nicht vor den anderen zeigen.« Sie sah zu Tungdil, der aufrecht wie stets auf seinem Pferd saß und neben Lot-Ionan stand. »Ihr habt es geschafft!«

»Es war einfacher, als wir angenommen hatten«, sagte er zu ihr und löste sich. »Lass es uns drinnen besprechen. Es gibt viel zu erzählen.«

»Hier auch.« Sie sah ihm fest in die Augen. »Leider nichts Gutes, mein Gemahl.« Das machte Ingrimmsch fahrig, und er drängte darauf, so schnell wie möglich in die Besprechungshalle zu kommen. Die Zwerge, Coira und Lot-Ionan folgten ihnen, Goda gab den Befehl, die Gäste dazuzuholen. Wo auch immer sie entlangliefen, die Zwerge sanken vor Tungdil auf die Knie und reckten ihm ihre Waffen als Zeichen ihres unbedingten Gehorsams entgegen. Ingrimmsch fiel mit einem Mal auf, dass Goda auf diese Geste verzichtet hatte. Es hätte mich auch gewundert...