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Er griff danach, warf es in die Luft und zerteilte es im Sturz mit der Feuerklinge genau in der Mitte.

Ingrimmsch vergewisserte sich, dass er nicht gesehen wurde, dann pochte er gegen die Tür.

Ilahin öffnete ihm und blickte verwundert. »Nanu, Boindil Zweiklinge? Was kann ich...« »Reinlassen«, meinte er und schob sich an dem Elb vorbei ins Gemach. »Verzeiht meinen Überfall, aber es ist eine sehr... unangenehme Angelegenheit, in der ich Euch um Rat fragen muss.« Er setzte sich und ließ die Schultern hängen. »Helft mir, Ilahin.« Der Elb schloss die Tür, zog einen Stuhl zu sich heran und positionierte ihn genau dem Zwerg gegenüber. »Ihr wisst, Freund Zwerg, dass ich Euch gerne helfe. Was tragt Ihr auf dem Herzen?«

Ingrimmsch nahm den Beutel hervor, den ihm Balodil gegeben hatte. »Riecht daran, und Ihr werdet es vielleicht selbst verstehen. Er gehörte einst einem Zhadär, und ich trank versehentlich davon.«

Ilahin nahm das Gefäß entgegen, öffnete es und fächerte sich den Geruch zu. Alle Freundlichkeit verschwand von seinen Zügen. »Das ist... Elbenblut!«

»Und der Grund, warum Euch die Albae gejagt haben. Sie benötigten es, um daraus den Trank zu brauen, der aus den ausgesuchten Kriegern der Dritten die Zhadär machte«, erklärte er und betrachtete den Elb. »Es war ein Versehen!«, beteuerte er wieder. »Einer der Zhadär meinte, dass nur Elben mich von dem Fluch befreien können, den ich auf mich geladen habe.« Er rieb sich die Nase.

Ilahin erwiderte nichts. Stattdessen rief er Fiea herbei, hielt ihr den Beutel hin und zeigte auf Ingrimmsch. Es entspann sich eine lange Unterredung, die an Hitzigkeit gewann. Der Zwerg hatte den Eindruck, dass das Paar verschiedene Meinungen besaß. Nur zu was?

»Verzeiht, dass ich Euch unterbreche«, rief er nach langem Warten, das an seinen Nerven zehrte. »Gibt es nun ein Mittel gegen diesen Durst oder nicht?« Die Elben starrten ihn an.

Ilahin holte tief Luft. »Es verhält sich so, Boindil Zweiklinge, dass wir es nicht genau wissen«, gestand er. »Die Schuld, die Ihr auf Euch geladen habt, wiegt sehr schwer.« »Ho, verdammt! Ich wusste es doch nicht!«

»Das ist unerheblich«, sagte Fiea gereizt. »Wenn Ihr einen Menschen tötet und vorher nicht gewusst habt, dass es verboten ist, sein Leben auszulöschen, werden Euch die anderen Menschen dennoch jagen und vor Gericht stellen. Ist es nicht so?« Ingrimmsch musste nicken.

»Ihr habt einen Frevel begangen, und die Unwissenheit hat Euch nicht geschützt. Das ist leider eine Gegebenheit«, sagte Ilahin versöhnlicher. »Bei Euch handelt es sich jedoch um einen Wohltäter an unserem Volk, sodass die Schwere der Schuld in den Augen der Göttin vielleicht abgemildert wird und Ihr durch sie Erlösung erfahrt.«

»Ich verstehe nicht: Wie soll das denn vonstattengehen? Was habe ich zu tun?« Fiea nahm den Beutel und zerschnitt ihn. Die schwarze, zähe Flüssigkeit rann auf den Boden und bildete einen münzgroßen Fleck. »Ihr werdet zu Sitalia beten müssen, Boindil Zweiklinge, und sie anflehen, Euch zu erlösen und den Fluch aufzuheben.« »Aber...« Er betrachtete, wie der Fleck sich immer weiter ausdehnte, bis die Elbin ein Tuch darauf warf, das die Flüssigkeit aufsaugte. Danach flog der Stoff in den Ofen; es zischte, schwarze Flammen entstanden, dann war der Spuk vorbei. »Ich brauche...« »Nein, Boindil Zweiklinge. Jeder neuerliche Schluck davon führt Euch weiter in die Verdammnis«, unterbrach Ilahin ihn.

Ingrimmsch raufte sich die schwarz-silbernen Haare. »Ich kann den Durst nicht anders löschen! Ihr habt keine Vorstellung, wie es in mir brennt!«

Sie sahen sich wieder an, dann löste Fiea ein Säckchen von ihrem Gürtel. »Darin sind Kräuter, Boindil Zweiklinge, die Euch helfen werden, dagegen anzukommen. Doch verschwinden wird der Durst erst, wenn Sitalia Euch verziehen hat. Betet zu ihr, das ist unser Rat. Voller Inbrunst und Demut.«

»Aber ich habe doch nichts getan!« Ingrimmsch kam sich närrisch vor, weil er es unentwegt betonte, doch er wusste sich nicht anders zu helfen.

»Sagt es Sitalia«, riet Fiea. »Wir glauben Euch, denn Eure Taten sprechen für Euch.« Ilahin berührte den verzweifelten Zwerg an der Stirn. »Überzeugt die Göttin. Sie wird sich Euch zeigen, wenn Ihr es richtig angeht.«

»Andernfalls?«, fragte er unsicher.

»Andernfalls werden die Kräuter auch nicht ewig helfen, und Ihr...« Fiea verzog das Gesicht. »Ihr wisst, was mit Euch geschehen wird, Freund Zwerg.« Sie sahen ihn auffordernd an, und er hatte verstanden. So stand er auf, schlich zur Tür und ging hinaus. »Danke«, sagte er auf der Schwelle und trat auf den Gang. »Zu Sitalia beten«, murrte er vor sich hin. »Die Göttin der Spitzohren anflehen, so weit kommt es noch! Ich bin unschuldig!« Aus der Niedergeschlagenheit und dem Hadern wurde der bewährte Trotz. »Dann sterbe ich morgen lieber als Held! So. Das haben die Spitzohren jetzt davon!«

Entschlossen stapfte er den Korridor entlang zu seinen Gemächern. Vraccas wird mir helfen.

XXXI

Das Jenseitige Land, die Schwarze Schlucht, 6492. Sonnenzyklus, Frühsommer.

Es goss in Strömen. Ein heftiges Unwetter war in der Nacht ausgebrochen und hatte die Festung und die Schlucht mit Niederschlag überschüttet, als wollte es die Verteidiger von den Wehrgängen spülen und den Einschnitt fluten.

Bei Sonnenaufgang hatten Blitz und Donner geendet, der Regen war geblieben. Dennoch sollte der Angriff auf die Scheusale stattfinden. Tungdil hatte darauf gedrängt.

Hinter allen vier Toren standen die Einheiten aufgereiht, dieses Mal streng aufgeteilt: von Osten kamen die Menschen, von Westen die Ubariu, aus dem Norden die Untergründigen und aus dem Süden die Zwerge. Das sollte die Befehlshaber der Bestien verwirren und über die Stoßrichtung des Hauptangriffs hinwegtäuschen. Und dieser härteste Schlag würde aus dem Süden erfolgen. Mit Tungdil, Balyndar, Ingrimmsch, Goda, Coira, Lot-Ionan und den Zwergenkontingenten. Die Menschen würden herumschwenken und mit den Untergründigen zusammen einen Scheinangriff auf den Zugang im Norden führen, während die Ubariu den Zwergen über die Flanke zu Hilfe kommen sollten.

Ingrimmsch stellte sich in die Steigbügel, um die Masse an Kriegerinnen und Kriegern zu überblicken, die hinter ihnen wartete. Banner und Standarten ragten in den grauen Himmel und verkündeten voller Stolz die neue Eintracht unter den Kindern des Schmieds. Ein gemeinsamer Sieg würde den Zusammenhalt fester schmieden. »Ich danke dir, Vraccas«, murmelte er und wandte sich zum Tor. Auch wenn ich heute den Tod finden werde.

Um ihn herum befanden sich die Helden der ersten Mission, dazu Goda und Lot-Ionan. Die Zwergin beachtete den Magusnicht und hatte seine Nähe stets gemieden. Sie hätte mit ihrem einstigen Lehrmeister kein Wort gewechselt, selbst wenn er es wünschte.

Ingrimmsch erkannte an den Augen seiner Gemahlin, dass sie sich lieber gegen den Magus gewandt hätte als gegen die Scheusale aus der Schwarzen Schlucht. Und wieder fing er einen raschen Blick von ihr zu Balyndar auf. Der Fünfte schaute daraufhin zu Slin, der seine Augen auf ihn gerichtet hielt und wie zufällig den Schaft der Armbrust tätschelte.

Ingrimmsch kratzte sich im schwarz-silbernen Bart. Was geht denn da vor sich? Er hatte ganz offensichtlich etwas nicht mitbekommen, und das besorgte ihn. Er konnte mitten im Gemetzel nicht auch noch Kindermädchen für die Zwerge spielen, um sie von irgendwelchem Unsinn abzuhalten.

Er wollte sein Pony zu Tungdil lenken, da gab der Einäugige das Signal zum Angriff. Die Flügel des riesigen Festungstors schwangen auseinander, und er wusste, dass sich auch die drei übrigen Durchgänge öffneten, um die ungleichen Heere auf den Weg zu schicken. Wenn Ingrimmsch sich nicht verschätzt hatte, kam er auf immerhin eintausend Menschenkrieger unter der Führung der Elben, viertausend Untergründige, stattliche zehntausend Ubariu und nochmals zehntausend Zwerge, wobei die Dritten mit sechstausend Mann den größten Anteil daran erbrachten.