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Die Hörner verstummten abrupt, und ein Entsetzensruf gellte von allen Seiten zu ihnen.

»Nein!« Ingrimmsch rannte los. Er zerrte die Untergründige runter von Tungdil, hebelte die Feuerklinge aus der Lücke und betrachtete die grausige Wunde, aus der das Blut lief. Ein herkömmlicher Heiler würde nichts mehr für seinen Freund tun können. »Coira!«, schrie er wie von Sinnen. »Kommt her, Maga, und rettet ihn!« Sie trat langsam neben ihn und schüttelte bedauernd den Kopf. »Es geht nicht, Boindil. Ich habe keine Kraft mehr«, erwiderte sie mit tränenerstickter Stimme. »Ich gab sie für den Wind, den Ihr verlangt hattet...«

Ingrimmsch hob den Kopf des Freundes an und befreite das Gesicht mit Wasser aus dem Trinkbeutel von dem Morast. »Das darf nicht sein, ihr Götter!«, schrie er laut. »Ihr könnt den Helden des Geborgenen und Jenseitigen Landes nicht sterben lassen!« »Es... war... nicht Tungdil«, hauchte Kiras, krümmte sich und ächzte. »Die Steine an der Axt... Ich musste es...« Ihre Pupillen brachen.

»ER WAR ES!«, rief Ingrimmsch und blickte auf die Feuerklinge. Die Diamanten glühten, doch er wusste, dass sie es seinetwegen taten. Wegen des Elbenfluchs. »Er war es dennoch«, sagte er leiser und weinte über den Tod des Freundes. Goda schlug die Augen auf.

Sie hatte genau vernommen, was geschehen war, und ihre Ohnmacht vorgetäuscht, damit ihr Gemahl sie nicht bitten konnte, das Leben der Kreatur zu retten. Als sie sich aufrichtete, bemerkte sie ein Glitzern in ihrem Ärmelaufschlag. Sie fasste hinein und zog den letzten Diamantsplitter heraus. Er hatte sich die ganze Zeit über bei ihr befunden!

Goda sah Ingrimmsch über den Leichnam des toten Zwerges gebeugt. Damit wäre es ihr ein Leichtes gewesen, ihn vor dem Tod zu bewahren...

Epilog

Das Jenseitige Land, die Schwarze Schlucht, 6492. Sonnenzyklus, Frühsommer.

Hargorin Todbringer sah auf das letzte der sechs Kästchen aus Vraccasium, in welches das Zeichen der Dritten gepunzt worden war.

Darin befand sich etwas Asche von Tungdil Goldhand, dessen Leichnam in einer ergreifenden Zeremonie verbrannt worden war. Jeder Stamm und die Freien würde entgegen der Tradition des Zwergenvolkes einen Teil des mächtigsten, verdienstvollsten und heldenhaftesten Großkönigs, den sie jemals gehabt hatten, mit sich nehmen und die Überreste jeweils in einer Gedenkstätte bergen. So lautete die Übereinkunft der Königin und der Könige.

Ingrimmsch schob ihm das Kästchen über den Tisch zu, danach verteilte er die anderen an Xamtor, an Balyndis, die vom Fieber genesen war, an Frandibar und an Gordislan den Jüngeren aus der Stadt der Freien. Das letzte Kästchen, auf dem die Runen der Zweiten standen, rührte er nicht an.

Sie hatten sich in der Versammlungshalle der Festung an einem kleineren Tisch eingefunden, um darüber zu beraten, was geschehen war und wie es mit den Kindern des Schmieds weitergehen sollte. Allen machte der Tod ihres Helden zu schaffen, die Stimmung war gedrückt.

Hargorin sah in die Runde, dann schob er das Kästchen Ingrimmsch zu. »Sie haben dich zu ihrem König gewählt. Es steht dir zu. Nimm es mit ins Blaue Gebirge und errichte deinem Freund ein Ehrenmal, wie es ihm gebührt.«

Ingrimmsch betrachtete das Kästchen. Ein Teil von ihm weigerte sich noch immer, den Tod des Gelehrten anzunehmen, ein anderer Teil stürzte sich verzweifelt auf die Annahme, dass es Tungdils Doppelgänger gewesen war; doch ein dritter und überwiegender Teil seiner selbst wusste, wen sie unter dem Klang der Hörner, zum ergreifenden Gesang des Zwergenchors und unterden Gebeten zu Vraccas dem Feuer übergeben hatten. Balyndis hatte es ihm damals gesagt: Es war Tungdil gewesen. Auch sein Herz hatte es gespürt.

Ich hätte von Anfang an auf es hören sollen. Verblendete wie Goda und Kiras hatten ihn zu lange beeinflusst. Und noch immer gab es die Ungläubigen in den Stämmen, die heimlich auf die Rückkehr des wahren Tungdil Goldhand warteten. Ich weiß esbesser. Langsam streckte er die Hand aus und legte die Finger auf das rötlich-goldene Metall. »Das werde ich, Hargorin.« Er atmete tief ein. »Ich breche bald auf, um mit denjenigen meines Stammes, die sich zu den Freien geflüchtet hatten, nach dem Rechten zu sehen und die Gänge von den Leichen der Schwarzaugen zu säubern.«

Balyndis lächelte ihm aufmunternd zu. »Es wird dir gelingen, diese Herausforderung zu meistern, Boindil. Das weiß ich von früher: Du magst gewaltige Herausforderungen.«

Ingrimmsch grinste schwach. »Dein Wort in Vraccas Ohr, Königin Balyndis.« »Bleibt die Frage nach dem nächsten Großkönig«, sagte Frandibar überlegt. »Sie soll offen bleiben. Für die nächsten zwanzig Zyklen«, schlug Xamtor vor. »Ich fände es unpassend, einen raschen Ersatz für Tungdil Goldhand zu wählen. Der Thron soll unbesetzt bleiben. Wir werden sehen, wer sich als Oberhaupt aller Zwergenstämme hervortun wird.«

»Ginge es nach mir«, Hargorin blickte zu Boindil, »wäre er es.«

Ingrimmsch hob abwehrend die Hand. »Ich bedanke mich für deine Fürsprache, aber ich würde den Titel nicht annehmen wollen.« Er nickte Xamtor zu. »Sein Vorschlag ist der beste. Lasst uns einmal in jedem Zyklus zusammenkommen und berichten, was in den Zwergenreichen geschehen ist, und in zwanzig Zyklen berufen wir die Clanführer aller Stämme ein. Sie sollen entscheiden.« Er erntete zustimmenden Beifall. Frandibar sah auf das Modell der Schwarzen Schlucht, auf der sich noch immer die Felsen und die Festung erhoben. »Übeldamm werden wir den Ubariu und den Untergründigen überlassen, Boindil.«

»Ja. Es gibt keinen Grund, die Festung zu halten oder sie herzurichten. Sollen sie Übeldamm zerfallen lassen oder etwas Neues aus den Steinquadern bauen. Ich habe etwas von einer Statue vernommen, zu Ehren von Tungdil.« Er sah der Reihe nach in die zerfurchten Gesichter. »Haben wir alles besprochen?«

Weil keiner etwas vorzubringen hatte, lösten sie die Runde auf, und sie verabschiedeten sich voneinander, um die Rückwege in die jeweilige Heimat anzutreten; die kürzeste Route hatte Frandibar, die längste wohl Xamtor.

Ingrimmsch schlenderte mit dem Kästchen in der Hand gedankenverloren durch die Festung, in deren Wänden überall kleine Risse entstanden waren. Es wurde Zeit, dass die restliche Besatzung Übeldamm verließ, bevor weitere Teile ungeachtet der Stützen und Streben absackten oder herausbrachen.

Wie von der Dunkelheit ausgespuckt, stand der letzte Zhadär vor ihm und grinste dämonisch. »Geht es nach Hause?«

Ingrimmsch betrachtete die schwarze Rüstung, die der Zwerg, der sich selbst Balodil nannte, nicht abgelegt hatte. »Ja. Für dich nicht? Du bist ein Dritter...« Er verneinte harsch. »Ich bin ein Zhadär, geschaffen von den Albae. Und genau diese werde ich jagen, bis ich den letzten aus seinem Versteck getrieben habe.« »Aiphatön wollte das übernehmen. Und du solltest eigentlich eine Schar der einstigen Schwarzen Schwadron mit diesem Ziel anführen.«

»Aiphatön würde sie niemals alle finden. Ich kenne ihre Geheimnisse, er nicht. Sie haben ihren eigenen Kaiser hintergangen, das hat er zu gern vergessen. Und ich gehe allein. Die Dritten sind gute Kämpfer, aber nicht das Mittel gegen die Albae, die ich hetzen werde.« Balodil nahm seine Trinkflasche vom Gürtel. »Die ist für dich.« Ingrimmsch betrachtete das Geschenk und griff danach. »Aber... ich denke, du brauchst das Mittel ebenso?« Er sah sich um, ob sie auch niemand beobachtete. Der Zhadär kicherte, dann bellte er wie ein Hund, um gleich darauf normal zu schauen. »Ich werde mir mein eigenes Mittel brauen.« Er neigte sich nach vorn. »Aus Albae-Blut«, flüsterte er tief wie ein Brunnen. »Ich presse sie aus wie eine Frucht.« Er leckte sich über die Lippen, und die Augen glitzerten.

Ingrimmsch konnte nicht abstreiten, dass Balodil ihm unheimlich war. »Was wirst du tun, wenn du sie alle erwischt hast?«