»Ich dachte, du solltest schlafen«, sagte Pyanfar.
»Ich hatte keine Lust mehr dazu.«
Pyanfar nickte zum Schirm hin, der jetzt die gehende Figur zeigte. »Was macht es?«
»Er.«
»Es, er, wie macht er es?«
»Seine Aussprache ist nicht sonderlich gut.«
»Du hast dich in seine Lektionen eingemischt, dich mit ihm unterhalten?«
»Er erkennt mich nicht an der Maschine«. Hilfy hatte die Ohren angelegt, war auf der Hut vor Zurechtweisungen. »Man kann das zweite Handbuch nicht ohne Hilfe bearbeiten; es enthält Sätze. Er braucht Stichwörter. Ich habe mit ihm zusammen einen größeren Wortschatz erzielt. Wir sind jetzt schon voll bei abstrakten Begriffen, und ich konnte schon etwas von seinem Satzbau ableiten, wobei ich davon ausgegangen bin, was er bei unserem für Fehler macht.«
»Hm. Und hast du zufällig zwischen all den Fehlern auch einen Namen aus ihm herausbekommen? Seine Rasse? Einen Hinweis, woher er kommt? Eine Ortsangabe?«
»Nein.«
»Na ja, habe ich auch nicht erwartet. Aber gut gemacht, trotzdem. Ich werde es mir anschauen.«
»Siebenhundertdreiundfünfzig Wörter. Er hat das ganze erste Handbuch durch. Chur hat den Wechsel der Tastatur und der Kassette demonstriert, und er hat wieder alles durchgemacht, einfach so, machte sich an das zweite Buch und versuchte sich mit Sätzen. Aber er hat keine vernünftige Aussprache, Tante; es kommt einfach alles nur auf diese klägliche Art heraus.«
»Seine Mundform ist anders. Man kann auch noch nicht sagen, dass wir mit seiner Sprache einmal viel anfangen können. Es ist, als versuchte man, mit den Tc‘a oder den Knnn zu reden… vielleicht hat das Gehör sogar einen anderen Bereich, und sicherlich hat er nicht dieselbe Sprechausstattung. Götter, es gibt nicht einmal eine Garantie auf dieselbe Logik, aber ich denke, die haben wir vielleicht mit ihm. Manches von dem, was er tut, ergibt halbwegs Sinn.« Sie ließ sich in den freigewordenen Sessel sinken, streckte die Hand aus und schaltete einen zweiten Schirm ein. »Geh und überrede Tirun, ihre Arbeit unten im Op einzustellen, Kleine! Sie hat Dienst geleistet und sollte das eigentlich nicht. Ich werde versuchen, deine siebenhundertdreiundfuznfzig Wörter auf ein Übersetzerband aufzunehmen.«
»Habe ich schon gemacht.«
»Oh, tatsächlich?«
»Während ich hier saß.« Hilfy griff hastig an die Konsole und zeigte ihr die Kassette im Eingabeschlitz des Übersetzers. »Ich habe das grundlegende Muster gezeichnet und die Wörter darin eingeordnet. Auch die Satzlogik. Es ist fertig.«
»Funktioniert es?«
»Ich weiß nicht, Tante. Er hat mir nicht einen einzigen Satz in seiner eigenen Sprache genannt. Nur Wörter. Es ist niemand da, mit dem er in seiner eigenen Sprache reden könnte.«
»Aha — na ja.« Pyanfar war beeindruckt. Sie ließ etwas von dem Audioband ablaufen, schaltete ab und blickte zu Hilfy auf, die ungewöhnlich stolz auf sich selbst aussah. »Bist du dir bezüglich des Bandes sicher?«
»Das Hauptprogramm schien eindeutig zu sein. Ich, ich habe die Übersetzungsprinzipien ziemlich gut gelernt; Vater hat das nicht so sehr mit der Raumfahrt in Verbindung gebracht. Ich konnte dieses Studium von Anfang an betreiben, aber ich wusste, wofür ich es wollte. Wie Computer. Ich bin gut darin.«
»Warum versuchen wir es dann nicht?«
Hilfy nickte, war immer mehr von sich selbst eingenommen.
Pyanfar stand auf und durchsuchte die Fächer in der Kom-Konsole, zog die Schachtel mit den hygienisch eingewickelten Audio-Ohrstöpseln hervor und drückte eine Handvoll davon Hilfy in die Hand, entdeckte dann im selben Fach ein weiteres Funkgerät. Sie setzte sich an den Hauptkom und ging die Doppelkanäle des Übersetzers über die Bänder Zwei und Drei für die Funkgeräte durch. Sie nahm einen Stöpsel und steckte ihn sich ins Ohr, testete ihn mit einer momentanen Verbindung zum Zimmerkom des Außenseiters, empfing nichts außer Ausbrüchen von weißem Rauschen, durchsetzt mit zerfetzten Hani-Wörtern, die ein Teil des schizoiden Übersetzergehirns sich als Wörter anzuerkennen weigerte. »Wir sind zwei, er drei«, sagte sie zu Hilfy, hatte den Audio für einen Moment abgeschaltet. »Bring ihn herauf!«
»Hierher, Tante?«
»Du und Haral. Dieser Außenseiter, der versucht, uns mit seinen siebenhundertdreiundfünfzig Wörtern zu beeindrucken… wir werden ein für alle Mal herausfinden, wie seine Manieren in der Öffentlichkeit sind. Geh keine Risiken ein, Kleine!
Wenn der Übersetzer versagt, tu es nicht. Wenn der Außenseiter in seinem Verhalten nicht stabil ist, auch nicht. Geh!«
»Ja, Tante.« Hilfy stopfte sich die Audio-Geräte und das zusätzliche Funkgerät in die Taschen und hastete in einem Anfall von Wichtigtuerei den Bogengang hinaus.
»Hm«, knurrte Pyanfar im Nachhinein, stand da und starrte ihr hinterher. Ihre Ohren zuckten nervös und klimperten mit den Ringen. Das Alien konnte etwas anstellen. Es hatte ihr Schiff ausgesucht, um darin einzudringen, und es hatte es einer Reihe bequemerer Möglichkeiten vorgezogen. Es… Er! Hilfy und die Besatzung schienen unerschütterlich vom er überzeugt zu sein, analog zur Hani-Struktur. Aber darauf gab es nach wie vor keine Garantie.
Schließlich gab es noch die Stsho. Möglicherweise machte das die Kreatur in ihren Augen tragischer.
Götter. Nackthäutig, mit stumpfen Zähnen und Fingern… es hatte nur geringe Chancen in einer handgreiflichen Auseinandersetzung mit einem Haufen Kif gehabt. War unglaublich wehrlos — auf eine herausfordernde Weise. Es sollte für seine augenblickliche Situation dankbar sein.
Nein, schloss sie. Sollte es nicht. Jeder, der diese Kreatur in die Hand bekam, würde seine Pläne mit ihr haben, von der einen oder anderen Art, und vielleicht spürte sie das; daher ihr ständig trauriger und missmutiger Gesichtsausdruck. Auch Pyanfar hatte natürlich ihre eigenen Pläne.
Er, beharrte Hilfy bei jeder Gelegenheit. Ihre erste Reise, ein tragischer (und absolut unerreichbarer) fremder Prinz.
Reifezeit.
Götter!
Aus der Hauptsektion der Kom-Konsole summten und wimmerten die Sendungen von draußen, glitten in eine verschlungene Folge von Heulern und rückenmarkquälenden Piepsern hinein. Pyanfar sprang unwillkürlich auf, setzte sich wieder und verband den Übersetzer mit dem Kom.
Knnn, informierte sie der Schirm, was sie längst wusste. Lied. Keine erkennbare Identität.
Kein numerischer Inhalt. Umfang… unzulängliche Eingabe. Auch diese Rasse besuchte Urtur, Bergleute, die ohne Lebenserhaltungseinrichtungen in der Methan-Hölle des Mondes Uroji arbeiteten und sich dort heimisch fühlten. Seltsames Volk in jeder Beziehung; vielbeinige Haarnester, schwarz und das Licht hassend. Sie besuchten die Station, um Erze und Abfälle abzuladen und verstohlen jedweden erreichbaren Handel zu tätigen, bevor sie zurück in die Dunkelheit ihrer Schiffe eilten. Die Tc‘a begriffen sie vielleicht.., und die Chi, die noch weniger rational waren — aber niemand hatte jemals eine ausreichend klare Übersetzung aus einem Tc‘a herausbekommen, um zu bestimmen, ob die Tc‘a ihrerseits aus den Knnn irgendwie schlau wurden. Die Knnn sangen irrational, selbstgenügsam oder in der Liebe verloren oder eine Sprache sprechend.
Niemand wusste etwas über sie (aber möglicherweise die Tc‘a, und diese diskutierten niemals irgendein Thema, ohne sich in tausend Abschweifungen zu ergehen, bevor sie die zentralen Fragen beantworteten, und waren in ihren Gedankengängen so schlangenartig wie in ihren körperlichen Bewegungen). Niemand hatte die Knnn jemals dazu bringen können, eine ordentliche Navigation zu betreiben; alle anderen mieden sie, denn es blieb ihnen nichts anderes übrig. Im allgemeinen verbreiteten sie numerische Botschaften, mit denen die mechanischen Übersetzer fertig wurden — aber dabei handelte es sich um einen Kode für besondere Situationen… Handel, Einlaufen, oder ein Signalkode. An der Anwesenheit von Knnn hier war nichts Ungewöhnliches, denn sie waren Geschöpfe, die sich überall herumtrieben, wie es ihnen gefiel, und die blind waren gegenüber den Streitigkeiten von Sauerstoffatmern.