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Ich stand versteinert da und versuchte herauszufinden, was nun zu tun war. Sich an Tarassow wenden? Für die Peitsche gab es nur einen Weg — in den Utilisator. Sie war ja kein Lebewesen, sondern eine Maschine… und wenn sie sich erst einmal jemandem angeschlossen hatte, würde sie sowieso niemand anderem mehr dienen… Aber ich war kein Phag und würde nie einer sein… und nur die Phagen dürfen Peitschen besitzen…

Meine Knie wurden weich.

Ich schwenkte den Arm in der Hoffnung, dass die Schlange abgehen und herunterfallen würde. Von wegen! Es wäre einfacher gewesen, die Finger zu verlieren!

»Hau ab! Geh weg!«, schrie ich.

Und die weichen Ringe fielen plötzlich von meinem Arm ab. Die Schlange begann langsam herauszukriechen und sich in die Luke zurückzulegen. Folgsam und hörig. Nicht wie eine Maschine, sondern wie ein gehorsamer Hund.

»Bleib…«, flüsterte ich, »bleib!«

Die Schlange zog sich augenblicklich zurück. Sie fing schon an, meine Befehle zu verstehen!

Die Ziffern, die das Gewicht des Schlangenschwerts anzeigten, leuchteten noch auf dem Bildschirm. Eilig holte ich meine Kreditkarte heraus, stellte den Taschenrechner an und speicherte:

»607 g, 9 %«. Das Gewicht in Gramm und den prozentualen Metallanteil.

Neben dem Utilisator stand ein Müllkübel, in den allerlei nicht geheimer Müll geworfen wurde, um abends alles mit einem Mal zu entsorgen und das Aggregat nicht wegen jeder Kleinigkeit anschalten zu müssen. Daraus begann ich zerrissenes Papier, Kaffeebecher, Schokoladenverpackungen und irgendwelche Schräubchen mit zerkratzter Windung sowie kaputte Platinen zu holen. Was machte ich da? Ich würde vor Gericht kommen! Sie würden mich vom Planeten jagen!

Aber ich konnte doch jetzt nicht das Schlangenschwert in den Utilisator werfen!

Ich hatte nie ein Haustier besessen. Für einen Hund oder eine Katze musste man einen großen Sozialanteil bezahlen. Meine Eltern konnten sich das nicht leisten. Sie versprachen, mir zum vierzehnten Geburtstag ein echtes lebendes Mäuschen zu kaufen, dafür war die Zahlung ganz gering. Aber daraus wurde bekanntlich nichts…

Ich beschickte die Luke so lange, bis das Gewicht wieder 607 Gramm betrug. Schwieriger war es, den prozentualen Metallanteil zu erreichen. Ich wusste nicht, ob es mir gelungen war. Aber als ich versuchte, ein Stahlrohr zu zerbrechen (ein echter Phag hätte es leicht geschafft, vielleicht sogar ein gewöhnlicher Erwachsener), kroch die Schlange aus dem Ärmel, fiel für einen Moment auf das Rohr und dieses zerbrach in zwei Hälften.

»Neun Prozent«, bestätigte die Anzeige.

Ich stand davor, hielt den Finger am Knopf und versuchte mit dem Durcheinander in meinem Kopf fertig zu werden. Doch da ertönten Schritte im Korridor und unwillkürlich drückte ich den Knopf.

Die Luke schloss sich und der Utilisator lärmte fröhlich mit seinen Cuttern.

Die Quittung über die Zerstörung erschien.

Mit steifen Beinen stelzte ich zurück. Die Schlange träumte ruhig an meinem rechten Arm, ganz wie bei einem Phagen. Flach und unauffällig. Normale Detektoren spüren sie nicht auf, sie ist sehr clever konstruiert. Die Metallteile sind so verteilt, dass es einem Uhrenarmband oder einer Armbanduhr ähnelt, wenn sich die Schlange um den Arm legt. Und meine eigene Uhr ist ganz billig: ein Plastikaufkleber auf der Hand, darin ist überhaupt kein Metall…

»Hier, nehmen Sie, Boris Petrowitsch.« Ich reichte Tarassow die Quittung.

Mein Chef sah das Papier nachdenklich an. Bedächtig klebte er es in die Abschreibungsverfügung ein. Er fragte: »Hat es dich mitgenommen, Tikkirej? Hat dir die Peitsche nicht leidgetan?«

»Das war ja nur eine kaputte Maschine…«, murmelte ich.

Tarassow nickte: »Ja, du hast Recht. Setz dich und bearbeite die Ergebnisse des gestrigen Experiments. Hast du die Methodik verstanden?«

»Ja, habe ich.«

»Das ist nichts Dringendes, aber wenn du heute fertig wirst, wäre es gut. Ich habe noch etwas zu tun…«

Tarassow nahm die Abschreibungsverfügung und ging hinaus. Ich setzte mich an meinen Computer und schloss das Kabel an den Neuroshunt an.

Ich zitterte am ganzen Körper.

Was hatte ich nur angerichtet?

Kapitel 2

Ich kam erst spät am Abend nach Hause. In der Wohnung war es ruhig, also hatte Nadjeschda vorbeigeschaut, Lion zu essen gegeben und ihn schlafen gelegt.

Die Schlange umschlang immer noch meinen Arm.

Sie wurde von den Detektoren der Auslasskontrolle nicht bemerkt, ich ging bewusst ruhig hinaus und trug doch eine äußerst teure und geheime Waffe an mir. Ich hatte gestohlen! Schlimmer noch, ich hatte meine Freunde, die Phagen vom Avalon, die mich auf Neu-Kuweit gerettet und auf einem guten Planeten untergebracht hatten, bestohlen.

Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, hätte ich das Schlangenschwert wahrscheinlich nicht genommen. Aber es war nichts mehr zu ändern. Absolut gar nichts. Ich hätte natürlich versuchen können, es zu zerstören, aber wieso hatte ich sie dann erst gestohlen?

Das hieß also, ich war jetzt ein Verbrecher, der aus seiner Beute nicht einmal einen Nutzen ziehen konnte. Wenn mich jemand mit dem Schlangenschwert sehen würde, gäbe es sofort Gerüchte. Auf einem Planeten wie dem Avalon trugen Kinder keine Waffen.

Ich strich lange durch die Wohnung. Versuchte Fernsehen zu schauen — es liefen verschiedene Unterhaltungssendungen, aber davon fühlte ich mich nur noch elender. Ich schmierte mir Brote und kochte Tee, hatte aber keinen Appetit. Dann ging ich ins Schlafzimmer.

Lion schlief friedlich in seinem Bett. Ich deckte mein Bett auf, zog mich aus und legte mich hinein. Die Schlange am Arm war fast nicht zu spüren. Die Phagen gewöhnen sich sicherlich auch an ihre Waffe und spüren sie bald gar nicht mehr.

»Gute Nacht, Lion!«, sagte ich in die Dunkelheit. Aber er antwortete nicht.

Daraufhin bohrte ich meinen Kopf ins Kopfkissen und begann zu heulen. Leise, damit Lion nichts hörte. Wie gern hätte ich Mama und Papa an meiner Seite gehabt! Um ihnen alles zu beichten, damit sie einen Ausweg finden konnten. Die Erwachsenen haben es einfacher, sie wissen immer, was zu tun ist.

Aber auch Erwachsene machen manchmal Fehler. Oder finden keinen Ausweg und tun dann so, als ob ihr Fehler eine richtige Entscheidung war.

Ich versuchte erst gar nicht, vor dem Schlaf zu beten. Ich betete jetzt sehr selten. Vielleicht, weil ich verstanden hatte, dass ein Gebet vor nichts retten kann. Gegen Morgen erwachte ich durch ein Gemurmel. Ich öffnete die Augen und schaute auf das andere Bett, in dem Lion schlief. Natürlich war er es, der sprach. Das passierte ihm manchmal im Schlaf. Aber normalerweise sprach er unverständlich, während ich jetzt aber Worte unterscheiden konnte:

»Gleich… gleich… gleich…«

Mich schauderte. Lion redete im Schlaf, und ich erinnerte mich daran, dass ich einige Male genauso versucht hatte, meine Mutter loszuwerden, wenn sie mich nicht in Ruhe ließ.

»Gleich… gleich stehe ich auf… noch eine Minute…«

»Lion!«, rief ich laut.

»Ja, gleich…«, brummte er unzufrieden.

Es schien, als wäre er völlig normal.

»Lion!«, schrie ich, sprang auf, lief zu seinem Bett und rüttelte ihn an den Schultern. »Wach auf, es ist höchste Zeit!«

Er öffnete die Augen.

»Lion, steh auf«, bat ich kläglich.

Und er stand gehorsam auf. Er gähnte und zitterte vor Kälte — für die Nacht hatte ich eine zu niedrige Zimmertemperatur eingestellt und die Heizung war noch nicht angesprungen.

»Lion…«

Er wartete geduldig.

Ich setzte mich auf sein Bett und sagte: »Verzeih mir, ich dachte, dass es dir besser gehen würde. Verstehst du?«

Lion schwieg.

»Du verstehst alles, das weiß ich«, erklärte ich und schaute dabei nicht auf ihn, sondern durch das Fenster auf die Morgenröte, »du verstehst alles und quälst dich. Lion, bitte, kämpfe! Zwinge dich, Lion. Du wirst auf alle Fälle gesund, das sagen alle. Aber es kann einige Jahre dauern. Wir werden erwachsen und verändern uns. Dabei haben wir uns doch gerade erst angefreundet. Stimmt’s?«