Выбрать главу

Ich zuckte innerlich zusammen, als mir klar wurde, dass wir während des Zeitsprungs durchaus auch im Gepäck sein könnten. Und Natascha würde sofort sterben, wenn sie nicht in Anabiose gelegt würde.

»Alles wird gut gehen«, wiederholte Stasj noch einmal. »Vertraut uns.«

Danach umfing uns Stille. Stasj und Alex hatten den Raum verlassen. Ich lag da und überlegte, ob ich mit Lion sprechen könnte — seine Tasche stand direkt neben mir. Ich entschied mich dafür, das Verbot von Stasj nicht zu übertreten. Und das war gut so — ich hatte nicht bemerkt, wie sich eine Tür öffnete, hörte lediglich Stimmen:

»Nein, schau dir das an, so viel Kram… Und das sollen wir alles zu zweit schaffen?«

»Das ist unser Job. Fang an…«

Ich erkannte gleich, dass der erste der Sprechenden ein normaler Mensch, der zweite ein Hirnamputierter war. Sie näherten sich und hoben die Truhe an, wobei der Normale leise fluchte. Und sie schleppten.

Ich wurde so geschaukelt, dass mir sogar ein bisschen übel wurde. Die Truhe stellte man grob und rücksichtslos ab, und außerdem müsste ich mal für kleine Jungs, als ob ich nicht gerade vor zwanzig Minuten war. So ein Pech aber auch! Ich nahm mir fest vor auszuhalten und begann aufmerksam zu horchen.

Um mich herum herrschte ein Durcheinander. Entweder waren wegen der Abreise der Bermanns zusätzliche Dienstboten gekommen oder die wenigen Wachmänner machten so einen Lärm. Die ganze Zeit über befand sich jemand in unserer Nähe. Zwei Stimmen erörterten den Spleen des »alten Kauzes«, im dekorativen Kamin jede Menge Zeugs zu verbrennen.

»Das stank, als ob sie dort Leichen verbrannt hätten«, schimpfte jemand.

»Und diesem Untier gegenüber darf man nicht einmal eine Andeutung machen!«

»Wenn er abgereist ist, verfassen wir einen Bericht.« Diese Stimme kannte ich. Es war die Frau, die bereits damit gedroht hatte, einen Bericht über Unregelmäßigkeiten bei der Alarmanlage aufzusetzen. Und ihre Stimme klang äußerst traurig, als ob sie ahnte, was genau Bermann im Kamin verbrannt hatte, darüber aber nicht sprechen durfte. »Reinigt den Kamin noch nicht, die Asche muss noch untersucht werden.«

Wer mochte sie wohl sein? Eine vom Widerstand oder eine Agentin der Spionageabwehr? Als Untergrundkämpferin würde sie mir sehr leidtun. Dann dächte sie nämlich, dass ihre Kampfgenossen umgekommen und von dem hinterlistigen Oligarchen verbrannt worden waren.

Das übrige Gepäck wurde gebracht — das mit den Sachen und jenes mit Natascha und Lion. Auch Alex erschien… Was er für eine widerliche Stimme hatte, wenn er ein Mädchen spielte! Alex begann sofort zu kommandieren, ließ seinen Launen freien Lauf, forderte einen Koffer zu öffnen und mit den anderen sorgsamer umzugehen. Nach einer Viertelstunde, das Gepäck war nun vollständig im Auto verstaut, empfand ich direkt Erleichterung, seine Stimme nicht weiter ertragen zu müssen.

Und auf Toilette musste ich immer nötiger…

Das Auto setzte sich in Bewegung. Die erste Zeit fuhr es langsam und wendete ständig, bis es endlich die Schnellstraße erreichte. Das Gepäck wurde zwar etwas geschüttelt, aber nicht sehr. Die Straße war gut. Ich versuchte mich zu bewegen, um Arme und Beine zu lockern, aber ich musste feststellen, dass sie mir kaum noch gehorchten.

Wie würde es mir in sechs Stunden gehen? Man müsste mich verkrümmt herausheben, dann auseinanderbiegen und lockern…

Ich versuchte mich abzulenken, dachte an Raumschiffe, die gerade aus allen Ecken und Enden der Galaktik zur Föderation des Inej strebten, an tapfere Elitesoldaten, die sich auf die Befreiung eines Planeten vorbereiteten, an den Imperator, Inna Snow, Stasj, an den Planeten Karijer… dort interessierte sich bestimmt niemand für den Putsch des Inej.

Aber eigentlich hatte ich nur ein Bedürfnis. Und letztendlich hielt ich es nicht mehr aus. Mir war es ungeheuer peinlich, und es fiel mir schwer, in die Windel zu machen, aber es blieb mir nichts anderes übrig.

So eine Schande!

Zuerst war es peinlich, nass und warm.

Dann wurde es peinlich, nass und kalt.

Wie kommt es nur, dass die Kleinkinder jahrelang Windeln ertragen? Und wenn sie ihr Geschäft machen, können sie auch noch übers ganze Gesicht lachen!

Es würde mich schon interessieren, ob meine Freunde das aushielten. Ich war mir aber ziemlich sicher, dass es sie auch auf die Toilette drängte, seitdem das nicht mehr möglich war. Ich stellte mir die tapfere Natascha in dieser schwierigen Situation vor… Wie lange wir auf sie einreden mussten! Stasj führte das Beispiel der Monteurkosmonauten an, die immer Windeln bei ihrer Tätigkeit im Orbit trugen, bevor sie sich damit einverstanden erklärte, sie »für alle Fälle« überzuziehen.

Nein, ich würde sie nicht auslachen und mich erkundigen, ob sie die Windeln gebraucht hätte. Nicht einmal mit Lion würde ich darüber sprechen. Und er würde auch nicht davon anfangen. Ich war mir sicher, dass sie es auch nicht aushalten könnten. Stasj würde es natürlich wissen, aber Stasj wusste auch so alles.

Endlich hielt das Auto an. Ich spürte, wie mein Koffer angehoben und weggetragen wurde. Offensichtlich schon nicht mehr von den Wachleuten, die Stimmen waren unbekannt. Als ich hörte, worüber sie sprachen, blieb mir vor Angst fast das Herz stehen.

»Zum Zoll?«

»Wohin sonst? Äh, nein… warte mal… Das ist doch die VIP- Kategorie, keine Kontrolle. Direkt in den Laderaum.«

Der Koffer wurde abgesetzt.

»Dann hol einen Wagen. So ein schwerer Koffer, verdammt…«

»Vielleicht sollten wir ihn durch den Scanner schicken?«, schlug plötzlich derjenige, der »VIP« erwähnt hatte, vor. »Dann schauen wir mal, was die reichen Tiere so alles dabeihaben.«

»Und was gedenkst du da zu finden?«, wurde ihm voller Ironie erwidert. »Fünfhundert Kilo Rauschgift? Eine zerstückelte Leiche? Einen illegalen Passagier?«

»Gold und Brillanten!« Der zweite Träger lachte. »Es ist einfach interessant.«

»Nein, das ist es nicht wert«, kam die Antwort nach einigen Sekunden, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen. »Siehst du nicht, wie viel so ein Koffer kostet? Der hat sicher einen Strahlendetektor. Der Besitzer merkt sofort, dass sein Gepäck durchsucht wurde. Oder gefällt dir deine Arbeit nicht?«

»Besser im Dock arbeiten als Koffer schleppen, die zwei Kredit kosten.« Der Sprecher spuckte aus. »Okay, ich hole einen Wagen.«

»Zwei Kredit, da übertreibst du«, erwiderte der andere Träger tief in Gedanken versunken. »Vielleicht anderthalb… und auch das wohl kaum…«

Irgendetwas stieß an den Koffer und fuhr in einigen Zentimetern Entfernung von meinem Gesicht über die Wand. Bestimmt war der Koffer angespuckt worden und wurde abgewischt. Mit der Schuhsohle.

Gut, dass Leute vom Kaliber Bermanns nicht ahnen, wie manchmal mit ihren Sachen umgegangen wird und wie die teuren Gerichte im Restaurant zubereitet werden. Auf Karijer arbeitete eine Bekannte meiner Eltern im ersten Hotel der Stadt. Nicht im Hotel am Kosmodrom, sondern im Hotel neben dem Rathaus auf dem zentralen Platz. Sie erzählte uns, wenn sie in einer Suite putzen musste, die total unaufgeräumt war, wo »sich diese reichen Viecher zu fein waren, auch nur die Spülung zu betätigen«, dann reinigte sie das Toilettenbecken mit der Zahnbürste des Gastes. Sie wurde entlassen. Sie hatte es bestimmt nicht nur meinen Eltern erzählt. Die Sache wurde freilich vertuscht, sie bekam lediglich die Auflage, nicht weiter im Dienstleistungssektor zu arbeiten.

Allerdings sind nicht alle Ekel erregenden Leute so schwatzhaft. Damals hatte ich mich nicht besonders darüber gewundert. Mir schien, dass es die rechte Strafe für Schmutzfinken war.

Ich nahm mir aber vor, im Hotel nie meine Zahnbürste offen stehen zu lassen.

Der Transportkarren kam, sein Motor tuckerte leise. Das Gepäck wurde auf der Ladefläche verstaut und weggebracht. Gleich neben mir waren meine Freunde, das wusste ich, aber wir konnten nicht miteinander reden.

Der Wagen fuhr ewig.

Das Agrabader Kosmodrom war groß. Wie ich damals, nach meiner ersten Landung auf Neu-Kuweit, auf ihm herumgelaufen war! Was für eine unverzeihliche Dummheit! Zu Fuß über die Start- und Landebahn, jeden Augenblick in Gefahr, unter den Kräftestrahl eines Raumschiffes oder einen dummen automatischen LKW zu geraten!