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Sobald sie auf der Straße waren, begannen sie sofort ihre Eindrücke auszutauschen. Das war, ja durchaus natürlich: Arkadij hatte sich bereits sterblich in Lisa verliebt! Und wem sollte er es anvertrauen, wenn nicht dem Glückspilz Wassja? Er tat es auch ganz ohne Bedenken und gestand Wassja alles. Wassja mußte furchtbar lachen und war ganz außer sich vor Freude; er meinte sogar, daß die Verliebtheit Arkadijs durchaus nicht überflüssig sei und daß sie beide von nun an noch bessere Freunde sein würden als zuvor. »Du hast mich richtig verstanden, Wassja,« sagte Arkadij Iwanowitsch: »ich liebe sie genau so wie dich; sie wird mein Schutzengel sein ebenso wie der deinige, denn euer Glück wird sich auch über mich ergießen, und ich werde mich in seinen Strahlen wärmen. Sie wird auch meine Hausfrau sein, Wassja. In ihren Händen wird mein Glück ruhen; ich möchte, daß sie auch in meinem Leben ebenso walten wie in dem deinigen. Ja, meine Freundschaft zu dir ist zugleich auch die Freundschaft zu ihr; ihr beide seid jetzt für mich unzertrennbar; nur werde ich jetzt zwei solche Wesen wie du haben, statt des einen …« Arkadij konnte vor Aufregung nicht weiter sprechen, während Wassja durch diese Worte bis ins Innerste seiner Seele erschüttert war. Er hatte nämlich von Arkadij niemals solche Worte erwartet. Arkadij Iwanowitsch verstand ja sonst gar nicht zu sprechen und war allen Schwärmereien abhold; jetzt baute er auf einmal Luftschlösser, das eine freudiger, lichter und kühner als das andere! »Wie werde ich für euch sorgen und euch bemuttern!« begann er von neuem. »Erstens werde ich der Taufpate aller deiner Kinder sein, Wassja, aller ohne Ausnahme; und zweitens – muß man auch an die Zukunft denken. Man muß Möbel kaufen, eine Wohnung mieten und zwar eine solche, daß jeder von uns dreien ein Zimmer für sich hat. Weißt du, Wassja, ich will gleich morgen gehen, die Zettel an den Haustoren studieren. Drei … nein – zwei Zimmer, mehr brauchen wir nicht. Ich glaube sogar, Wassja, daß ich Unsinn gesprochen habe: das Geld wird euch schon reichen; ganz gewiß! Als ich ihr vorhin in die Äuglein blickte, rechnete ich im Nu aus, daß das Geld reichen wird. Alles für sie! Ach, wie wir nun arbeiten werden! Man muß riskieren und fünfundzwanzig Rubel für die Wohnung auswerfen. Denn die Wohnung bedeutet alles! Wenn man gute Zimmer hat, so ist man auch gut gelaunt und hat angenehme Gedanken! Zweitens, wird Lisa unsere gemeinsame Kasse verwalten: es darf keine Kopeke unnütz ausgegeben werden! Daß ich jetzt wieder einmal ins Wirtshaus gehe? Für wen hältst du mich eigentlich? Um nichts in der Welt! Auch wird es Gehaltszulagen und Gratifikationen geben, denn wir werden jetzt mit doppeltem Eifer arbeiten. Herrgott, wie wir arbeiten werden! Wie die Ochsen! Nun stelle dir vor,« – Arkadij Iwanowitschs Stimme wurde vor Seligkeit ganz matt, »stelle dir vor, daß jeder von uns so ganz unerwartet dreißig oder fünfundzwanzig Rubel als Gratifikation bekommt! Jede Gehaltszulage bedeutet aber ein neues Häubchen, oder Tüchlein, oder ein Paar Strümpfchen! Sie muß mir, übrigens, unbedingt einen neuen Schal stricken; schau, wie der meinige aussieht: gelb, ekelhaft; heute hat er mir genug Kummer gemacht! Auch du bist gut, Wassja! Stellst mich ihr vor, während ich in diesem Kummet dastehe … Doch das gehört nicht zur Sache! Weißt du: das ganze Silber nehme ich auf mich! Ich muß ja euch ein Hochzeitsgeschenk machen, – das verlangt meine Ehre und meine Selbstachtung! Eine Neujahrszulage kriege ich ja sicher; wem wird man sie denn sonst geben? Vielleicht dem Skorochodow? Das Geld würde bei ihm nicht lange in der Tasche bleiben. Ich will euch silberne Löffel kaufen, gute Tafelmesser, keine aus Silber, aber vortreffliche Messer, und eine Weste; d. h. die Weste für mich selbst, denn ich will ja euer Trauzeuge sein! Du mußt dich aber jetzt zusammennehmen, mein Lieber! Von heute ab werde ich dich Tag und Nacht mit dem Stock antreiben, auf dich aufpassen, dir keinen Augenblick Ruhe geben, bis du mit der Arbeit fertig bist! Du mußt sie schnell fertig machen! Und wenn du fertig bist, gehen wir wieder abends hin, und werden beide glücklich sein, werden Lotto spielen, – Gott, wird das herrlich sein! Pfui, Teufel! Wie schade, daß ich dir nicht helfen kann. Ich würde mich einfach hinsetzen und alles statt deiner fertig schreiben … Warum haben wir nicht die gleiche Handschrift?«

»Ja!« sagte Wassja. »Ja! Ich muß mich beeilen … An die Arbeit!« Bei diesen Worten wurde Wassja, der die ganze Zeit über bald gelacht, bald die Ergüsse seines Freundes mit irgendeiner Zwischenbemerkung zu unterbrechen versucht hatte und, mit einem Worte, die größte Begeisterung für alles gezeigt hatte, plötzlich nachdenklich, schweigsam und still und begann zu rennen. Es war, als ob irgendein schwerer Gedanke seinen glühenden Kopf mit Eis abgekühlt hätte; als ob sein Herz zusammengeschrumpft wäre.

Arkadij Iwanowitsch wurde sogar unruhig; auf seine hastigen Fragen bekam er fast keine Antwort von Wassja; dieser reagierte nur mit wenigen Worten, und Ausrufen, die zuweilen gar nicht zur Sache gehörten. »Was hast du nur, Wassja?« rief er schließlich aus, als er ihn mit großer Mühe einholte. »Bist du denn so um deine Arbeit besorgt?« – »Ach, mein Lieber, wir haben genug geschwatzt!« entgegnete Wassja ärgerlich. »Wassja, verzage nicht, beruhige dich!« unterbrach ihn Arkadij Iwanowitsch: »Wie oft habe ich schon gesehen, daß du ein viel größeres Pensum in viel kürzerer Frist bewältigt hast … Das macht dir wirklich keine Mühe! Du hast doch eine solche Begabung! Im äußersten Falle kannst du einfach das Schreibtempo beschleunigen: deine Abschrift soll doch nicht als eine Vorlage für den Schönschreibeunterricht lithographiert werden! Du wirst schon fertig werden! Jetzt bist du eben etwas aufgeregt und zerstreut, und die Arbeit wird anfangs etwas schwieriger vonstatten gehen …« Wassja gab keine Antwort, oder brummte etwas Unverständliches vor sich hin. Endlich erreichten beide, von Unruhe gepeinigt, ihre Wohnung.

Wassja setzte sich sofort an die Arbeit. Arkadij Iwanowitsch wurde ganz still, zog sich leise aus und legte sich ins Bett, ohne seine Blicke auch nur für einen Augenblick von Wassja zu wenden … Ihn überfiel eine eigentümliche Angst … »Was ist mit ihm los?« fragte er sich, Wassjas blasses Gesicht, brennende Augen und unruhige Bewegungen betrachtend. »Seine Hand zittert … Verflucht! Soll ich ihm am Ende zureden, daß er sich für etwa zwei Stunden hinlegt, damit er wenigstens seine Aufregung ausschläft? …« Wassja hatte gerade eine Seite beendet; er hob die Augen, doch als sein Blick zufällig Arkadij traf, schlug er sie sofort nieder und ergriff von neuem ie Feder.

»Höre einmal, Wassja,« begann plötzlich Arkadij Iwanowitsch, »wäre es nicht besser, wenn du etwas ausruhtest? Sieh nur: du bist wie im Fieber! …« Wassja warf Arkadij einen ärgerlichen, sogar gehässigen Blick zu und erwiderte nichts.

»Höre einmal, Wassja, was machst du mit dir?« Wassja schien plötzlich zur Vernunft gekommen zu sein.

»Sollte ich nicht etwas Tee trinken, was meinst du, Arkascha?« sagte er.

»Warum? Wozu?«

»Das kann mich etwas stärken. Ich will nicht mehr schlafen, ich werde nicht schlafen! Ich werde die Nacht durcharbeiten. Beim Teetrinken kann ich mich etwas erholen und den schweren Augenblick überstehen.«

»Ausgezeichnet, mein Lieber! Glänzend! Ich wollte eben dasselbe vorschlagen. Ich wundere mich nur, daß ich nicht schon früher auf diesen Gedanken kam. Weißt du aber was? Mawra wird nicht aufstehen wollen, sie wird um nichts in der Welt aufwachen …«